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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 12.1889

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Graul, Richard: Adolf Schreyer, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3330#0129
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Packpferd. Studie aus der WaUachei.

Burger der tüchtigste. Wie Dielmann in
coloristisch feinen Bildchen die Poesie des
Kinder- und Landlebens schilderte, so ver-
räth Burger in seinen blond und zart aus
ein goldiges Braun gestimmten Bildern aus
dem Leben der kleinen Leute eine unge-
mein kecke Beweglichkeit der Zeichnung,
eine scharfe Beobachtung und eine Freiheit
und Liebenswürdigkeit der Charakteristik,
welche mitunter an Ostade, der ihm als
Muster vorgeschwebt zu haben scheint, ge-
mahnt. Nächst Burger erwarb sich auch der
verdorbene Landsehafter Peter Burnitz Be-
achtung, und von denen, die sich noch jetzt
zur Cronberger Colonie zählen, verdienen
Jacob Maurer, Philipp und Jacob Rumpf und Heinrich Winter genannt zu werden.
Aber die alte gute Zeit der Cronberger Künstlerschar ist vorbei. Solange Dielmann an der Spitze
stand, war Cronberg ein wahres Künstlerheim: die Genossen hielten zusammen und ritten jeder nach
seiner Weise das Steckenpferdchen ihres Könnens, bis Eigensinn sie auf geschiedene Pfade drängte,
auf denen sie, unbekümmert um das, was ausserhalb ihres engen Gesichtskreises sich ereignete,
allmälig in eine Abgeschlossenheit und Einsamkeit sich begaben und verloren, in die ihnen höchstens
ein kunstfreundlicher Localchronist zu folgen gewillt ist.
Adolf Schreyer, der es in Paris zu Ruhm und Ehren gebracht hat, geseilte sich nach Ausbruch
des französischen Krieges dem Cronberger Kreise zu. Den Genossen gegenüber an umfassender Kunst-
bildung und malerischem Können weit überlegen, schien er bestimmt, in ihrem Kreise einen heil-
samen Einfluss auszuüben. Was den »Tauniden« bei ihrer gemüthlichen Routine fehlte, das besass
Schreyer in ausgesprochener Weise: eine gross angelegte malerische Auffassungsweise, die er mit
virtuoser Technik zum Ausdrucke brachte. Aber der Einfluss war kein nachhaltiger, er hat nur
einige Jüngere, wie Emil Rumpf und Heinrich Winter in ihrem künstlerischen Zuschnitt betroffen,
die Alten kamen dem beweglichen, lebhaften Eindringling nicht nach und blieben schliesslich beim
Alten. Schreyer, der bis in die letzten Jahre in Cronberg nur sommersüber, wenn er in Paris den
Wünschen seiner zahlreichen
Besteller nachgekommen ist,
sich niederzulassen pflegte,
hat seit vorigem Jahre seine
Villa in der Nähe des Besitz-
thums der Kaiserinwitwe
Friedrich, zum Händigen
Aufenthalt gemacht und
entfaltet daselbst wie zuvor
eine an Erfolgen reiche
Thätigkeit.









Studie aus der WaUachei.
 
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