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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — 13.1890

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Heft 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.3812#0170
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Hauptbesland ihrer Meillerwerke doch immer in fremden Malerschulen finden mussen, ist eben das
Amsterdamer Ryksmuseum in erster Linie ein Heim für die holländische, namentlich aber für die
Amsterdamer Kunst. Ein Galeriewerk dieses Museums herauszugeben bot also mehr als irgend ein
anderes die Gelegenheit, wichtiges Material kunstgeschichtlich zu bearbeiten. Franz Hansstängl in
München hat dieses Galeriewerk unternommen, und Dr. A. Bredius, der Dircctor des Mauritshuis
im Haag, war von den holländischen Kunstforschern natürlich the rigid man on the rigid place, um
die vorzüglichen Heliogravüren, welche Hansstängl angefertigt hat, mit seinen Bemerkungen zu
begleiten. In welch' hohem Masse das Publicum diese Ansicht auch schon getheilt hat, erhellt am
allerbesten aus dem Umstande, dass das Werk, sobald es zum Schlusse gekommen war, schon einer
französischen Übersetzung bedurfte. Der rühmlich bekannte Maler und Schriftsteller Emile Michel
in Paris hat diese Übersetzung in vortrefflicher Weise besorgt.
Von Professor C. von Lützow ist bereits in der »Zeitschrift für bildende Kunst« auf die hohe
Bedeutung dieses Werkes hingewiesen worden. Hier bieten wir unseren Lesern einige Proben der
Illustration und benützen diese Gelegenheit, das Werk in grossen Zügen zu durchstreifen, um zu
sehen, in welcher Weise Dr. Bredius und Hanfstängl sich ihrer Aufgaben entledigt haben.
Mehr bescheiden als wahr schreibt der Verfasser in seiner Einleitung, er habe keine Geschichte
der holländischen Malerei geben wollen. Es ist aber dennoch eine Geschichte geworden, sogar sind
durch Bredius' Arbeit die früheren Versuche, welche in dieser Hinsicht schon gemacht worden sind,
völlig verdrängt worden. Zwar verlockt mitunter das Werk, da es immerhin ein Galeriewerk für ein
bestimmtes Museum ist, hier eine zu weitläufige, da eine zu kurzgefasste Darstellung zu geben, aber
immerhin hat Bredius ein Schema der holländischen Kunstgeschichte geliefert.
Freilich ist schon mehrmals in grossen Galerie-Katalogen der Yersuch gemacht worden, die
holländischen Malerschulen nach Städten zu ordnen, und Dr. Wörmann hat in seiner »Geschichte der
Malerei« auch eine derartige Eintheilung seiner kunsthistorischen Darsteilung zu Grunde gelegt und
ihren Werth zu erproben verslicht. Es ist nun interessant, zu sehen, wie hier zwei Kunsthistoriker,
unabhängig von einander, ein und dasselbe angestrebt und ein und dasselbe erzielt haben; beide lind
zu der Erkenntniss gekommen, dass eine derartige Darstellung unzweckmässig ist, und ich stimme
Bredius völlig bei, wenn er am Schlusse seiner Arbeit sagt, es sei nicht rathsam, einen dritten Yersuch
zu machen. Wenn auch im Ganzen der Autor sein einmal geplantes System geschickt durchgeführt
hat, so möchte ich ihm doch in einigen Punkten widersprechen, zum Beispiel wenn er Jan van Scorel
zur Haarlemer Schule rechnet. Obgleich dieser Maler-Geistliche eine Zeit lang seine Erziehung in
Haarlem genossen und auch später einige Jahre dort gewohnt hat, so ist van Scorel so bedeutend
für die Utrechter Schule, bildet sogar ihr Haupt und ihren Typus, dass wir ihn da nicht entbehren
können. Wenn man van Scorel zur Haarlemer Schule rechnen will, so gebührt Rembrandt eine
Stelle bei den Leidener Malern! Diese Consequenz ist ja aber auch nicht durchgeführt worden. Ein
anderer misslicher Umstand ist es mit Malern, die in kleinen Orten gewohnt haben, wie zum Beispiel
mit Gerard ter Borch. Man kann für diesen Meister und einige unbedeutende Nachfolger aber dess-
halb doch noch keine Deventer Malerschule stiften.
Der Anfang ist gemacht worden mit Amsterdam, nicht weil dort die Malerei am frühesten
blühte, wohl aber weil das Ryksmuseum namentlich an Werken von Amsterdamer Malern reich ilt
und wir hier ein ziemlich vollständiges Bild vor uns haben. Warum die schönc und vorzüglich
reproducirte Anbetung der Könige unter die Amsterdamer Bilder gestellt worden ist, will mir nicht
einleuchten. Hat doch gerade das Bild alle Vorzüge, welche die Haarlemer Schule aus der letzten
Hälfte des fünszehnten Jahrhunderts auszeichnen! Der erste Amsterdamer Maler, den van Mander
 
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