DOI Heft:
Heft V
DOI Artikel:Bode, Wilhelm von: Die Kleinmeister der holländischen Schule in der Galerie des Fürsten Liechtenstein in Wien, [1]: Holländische Bildnismaler, Das holländische Sittenbild, Die holländische Landschaftsmalerei
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.3327#0118
so
und eingebildeten Funde das Mass der künstlerischen Bedeutung dieser kleinen Meister nur zu leicht
überschätzen liess. Da diele Bilder meist und wiederholt nach ihrer kunsthistorischen Bedeutung
gewürdigt sind und ihr absolutcr Werth vielfach nur ein geringer ist, kann ich mich hier auf einen
kurzen Überblick über dieselben beschränken.
Die Epochen der naturalistischen Kunstrichtung haben vor denen einer idealen Kunstanschauung
voraus, dass nicht nur ihre grossen Meister, sondern selbst die kleineren Künstler in ihren Werken
nicht seiten noch einen eigenen Reiz auf den Beschauer ausüben. Auch in der Beschränkung kann
lieh hier der Meister zeigen; denn selbst wenn ihm Erfindung und Vertiefung in das seelische Leben
oder Verständnis für die mensehliche Form versagt sind, vermag er doch, je nach seiner Begabung,
durch die Vertiefung in das Einzelne, in der Darsteilung dieses oder jenes Gegenstandes der
Schöpfung, der einen oder anderen Situation des mensehlichen Lebens oder selbst der-Einzelheiten,
mit denen der Mensch sein Heim schmückt und an denen sein Auge sich erfreut, überraschend
wahre und malerische Wirkungen zu erzielen, die seine Arbeit zu einem echten Kunstwerke zu
machen im Stande sind. In einer Zeit, deren Blick auf das Grosse und Allgemeine gerichtet ist,
werden dagegen nur wirklich geniale Künstler den Zusammenhang mit der Natur nicht aus den
Augen verlieren; die untergeordneten Künstler schöpfen nur aus zweiter Hand, folgen jenen grossen
Meistern und nicht der Natur. Die künstlerische Bedeutung derselben liegt nicht in der Einzel-
schilderung, nicht im Tafelbild, sondern in der Decoration, worin oft selbst gering begabte Künstler
den grössten Meistern jener naturalistiichen Epoche überlegen sind. Nur seiten sind beide Richtungen
so eigentümlich in einander verwoben wie in der italienischen Kunst des XV. Jahrhunderts; im
XML Jahrhundert nimmt die italienische Kunst fast einseitig eine decorative, die holländische
ebenso einseitig eine realistische Richtung, während die Kunst der katholischen Niederlande wieder
in ganz eigener Weise Realismus und Idealismus zu vereinigen weiss.
Diese ganz ausgesprochen und einseitig realistische Tendenz der holländischen Kunst im
XVII. Jahrhundert hat den Grund gelegt zur modernen Malerei. In Holland haben sich in der elsten
Hälfte dieses Jahrhunderts die verschiedenen Gattungen der Malerei nach dem Gegenstand der
Darstellung selbständig herausgebildet, in Holland ist damals die Stimmungsmalerei entdeckt worden,
und hier hat zugleich das malerische Princip seine glänzende Entwicklung erhalten.
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und eingebildeten Funde das Mass der künstlerischen Bedeutung dieser kleinen Meister nur zu leicht
überschätzen liess. Da diele Bilder meist und wiederholt nach ihrer kunsthistorischen Bedeutung
gewürdigt sind und ihr absolutcr Werth vielfach nur ein geringer ist, kann ich mich hier auf einen
kurzen Überblick über dieselben beschränken.
Die Epochen der naturalistischen Kunstrichtung haben vor denen einer idealen Kunstanschauung
voraus, dass nicht nur ihre grossen Meister, sondern selbst die kleineren Künstler in ihren Werken
nicht seiten noch einen eigenen Reiz auf den Beschauer ausüben. Auch in der Beschränkung kann
lieh hier der Meister zeigen; denn selbst wenn ihm Erfindung und Vertiefung in das seelische Leben
oder Verständnis für die mensehliche Form versagt sind, vermag er doch, je nach seiner Begabung,
durch die Vertiefung in das Einzelne, in der Darsteilung dieses oder jenes Gegenstandes der
Schöpfung, der einen oder anderen Situation des mensehlichen Lebens oder selbst der-Einzelheiten,
mit denen der Mensch sein Heim schmückt und an denen sein Auge sich erfreut, überraschend
wahre und malerische Wirkungen zu erzielen, die seine Arbeit zu einem echten Kunstwerke zu
machen im Stande sind. In einer Zeit, deren Blick auf das Grosse und Allgemeine gerichtet ist,
werden dagegen nur wirklich geniale Künstler den Zusammenhang mit der Natur nicht aus den
Augen verlieren; die untergeordneten Künstler schöpfen nur aus zweiter Hand, folgen jenen grossen
Meistern und nicht der Natur. Die künstlerische Bedeutung derselben liegt nicht in der Einzel-
schilderung, nicht im Tafelbild, sondern in der Decoration, worin oft selbst gering begabte Künstler
den grössten Meistern jener naturalistiichen Epoche überlegen sind. Nur seiten sind beide Richtungen
so eigentümlich in einander verwoben wie in der italienischen Kunst des XV. Jahrhunderts; im
XML Jahrhundert nimmt die italienische Kunst fast einseitig eine decorative, die holländische
ebenso einseitig eine realistische Richtung, während die Kunst der katholischen Niederlande wieder
in ganz eigener Weise Realismus und Idealismus zu vereinigen weiss.
Diese ganz ausgesprochen und einseitig realistische Tendenz der holländischen Kunst im
XVII. Jahrhundert hat den Grund gelegt zur modernen Malerei. In Holland haben sich in der elsten
Hälfte dieses Jahrhunderts die verschiedenen Gattungen der Malerei nach dem Gegenstand der
Darstellung selbständig herausgebildet, in Holland ist damals die Stimmungsmalerei entdeckt worden,
und hier hat zugleich das malerische Princip seine glänzende Entwicklung erhalten.
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