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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 17.1894

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Heft V
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Bode, Wilhelm von: Die Kleinmeister der holländischen Schule in der Galerie des Fürsten Liechtenstein in Wien, [1]: Holländische Bildnismaler, Das holländische Sittenbild, Die holländische Landschaftsmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.3327#0123
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Gesellschaftsmalern und den Bauernmalern etwa in der Mitte; anfangs gehört er mehr jenen, später
diesen an. Das »Bohnenfest« (Nr. 447), um 1640 gemalt, lieht in der Mitte zwischen diesen beiden
Richtungen: es hat noch die Typen und den Humor von Frans Hals, ist aber als Motiv und in
der Composition schon ganz in der Art seiner späteren reichen Darstellungen aus dem Bauern-
leben, für die das fälsehlich P. Quast benannte (und selbst mit dessen Namen bezeichnete) Bild,
»Die Bauernbelustigung« (Nr. 585), ein charakteristisches gutes Werk, ungefähr vom Jahre 1655, ist.
Die »Gesellschafts- oder Soldatenmaler« traten etwa gleichzeitig mit dem Ausgange des
Freiheitskrieges, zuerst in Haarlem hervor. Neben E. van de Velde ist es ein Bruder von Frans Hals,
Dirk Hals, der etwa seit 1615 in Haarlem solche Motive malte. Aber es ist deshalb wohl doch nicht
berechtigt, wenn wir bisher (ich habe selbst dazu die Veranlassung gegeben) dem Frans Hals einen
besonderen Einfluss auf die Entstehung und Entwicklung dieser Gattung von Gemälden zugeschrieben
haben; denn wir finden fast gleichzeitig auch in Amsterdam, Utrecht, Delft und im Haag Maler
beschäftigt, die die gleichen Motive in ähnlicher Weise und zum Theil sogar mit grösserem Geschick
darstellen. Die beiden kleinen Bilder des Dirk Hals, welche die Liechtenstein-Galerie besitzt, sind
kleine unbedeutende Werke aus seiner mittleren Zeit; das eine davon (Nr. 455)-trägt die Jahreszahl
1624. Die einförmige und oberflächliche, nur auf malerischen Schein ausgehende Art des Künstlers
tritt darin in besonders manierirter Weise hervor. Von den beiden Künstlern, auf die fast alle Bilder
dieser Richtung bis vor kurzem getauft wurden, der Utrechter Jacob A. Duck und der Delfter
Anthony Palamedes, ist nun letzterer in der Galerie vertreten. Von zwei »Wachtstuben« des Anthony
Palamedes (Nr. 512 und 555) ist das grössere, aus dem Jahre 1648, ein farbiges gutes Werk dieses
Malers. Das einzige jetzt unter Jacob A. Ducks Namen im Kataloge aufgeführte Bild »Holländische
Officiere beim Trictracspiel« (Nr. 514) ist in Wahrheit ein Werk des Amsterdamer Malers Simon Kick.
Es hat nicht nur die charakteristischen klaren graulichen Farben (neben denen nur ein ganz mattes
Gelb und Roth bescheiden auftreten) und den fetten Farbenauftrag, auch die Typen sind ganz
bezeichnend für den Künstler, der uns jetzt völlig vertraut ist. Zu dem früher von meinem Freunde
Bredius gemeinsam mit mir aufgestellten Oeuvre (Jahrbuch der königlich-preussischen Kunst-
sammlungen 1892) kann ich, ausser diesem Bilde, noch einige andere hinzufügen, die mir seither
bekannt wurden: ein paar »Wachtstuben« im Besitze von Mr. Henry Pfungst in London und
J. Goldl'chmidt in Frankfurt am Main, eine »Köchin« in der Galerie der Historical Society zu
New-York (Nr. 734), eine »Toilette« (ähnlich dem Bilde der Sammlung Thicme in Leipzig) und ein
»Soldatenstück«, beide im Kunsthandel.
Von einem anderen, in neuerer Zeit rasch zur Geltung gekommenen Amsterdamer Künstler
dieser Richtung, von Dieter Codde, besitzt die Sammlung zwei Gemälde: ein »Concert«, die
Mitglieder einer Familie mit Musiciren beschäftigt (Nr. 669), und die »Plünderung« (Nr. 679);
letztere genau übereinstimmend mit einem Bilde in der Braunschweiger Galeric, das aber dem
Liechtensteiner Exemplare nicht gewachsen ist. Beide kennzeichnen den Künstler in seiner Über-
legenheit über die meisten anderen Maler solcher Motive, sowohl durch die Phantasie in der Erfindung
wie durch die freie malerische Behandlung. Wohl das bedeutendste Bild des Meisters, der »Ball«,
aus einer Wiener Sammlung slammend und in Paris versteigert, wurde von Fürlt Johann erworben
und der Akademie in Wien zum Geschenk gemacht.
Eine kleine Darsteilung der genannten Art von der Hand des Jan Bylaert aus Utrecht, der sonst
Gesellschaftsstücke in lebensgrossen Figuren nach Caravaggios Vorbild zu malen pssegt, ist mit
manchen anderen kunsthistorischen Curiositäten zur Zeit nicht in der Sammlung ausgestellt. Ein
geringeres Bild gleichen Inhalts, das »Concert« von Limborch (Nr. 524), ist in der Galerie
 
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