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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — 17.1894

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Heft V
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Bode, Wilhelm von: Die Kleinmeister der holländischen Schule in der Galerie des Fürsten Liechtenstein in Wien, [1]: Holländische Bildnismaler, Das holländische Sittenbild, Die holländische Landschaftsmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.3327#0124
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verblieben. Mit dem Maler Hendrick van Limborch, dem es früher zugeschrieben wurde, kann es
nichts gemein haben, da es fast ein Jahrhundert früher entstanden ist, als dieser Künstler thätig war.
Der Maler desselben, der das Bild Lim Borch gezeichnet hat, ist einförmig in leinen Gestalten und
matt in den Farben, und in der Bewegung seiner Figuren ziemlich ungeschickt, etwa dem Antwer-
pener Ch. van der Laenen verwandt. Nach seiner fast monochromen Behandlung ist er jedoch
wahrscheinlich ein Holländer, der um 1640 bis 1650 thätig gewesen sein muss.
Eine andere Gattung des holländischen Sittenbildes entwickelte (ich schon seit dem Anfange
des XVII. Jahrhunderts im Anschluss an die älteren nicderländischen Meister: die Darstellung
belebter Strassen und Canäle in holländischen Dörfern und Städten. Schon durch die Motive ist
ihre Verbindung mit der Landschaft gegeben; diele Verbindung hat es aber zu einer ganz
künstlerischen Durchbildung dieser Gattung der holländischen Malerei nicht kommen lasfen. In der
Regel überwiegt die Landschaft, in der dann die figürlichen Darstellungen mehr als Staffagen aus
dem Volksleben der Zeit erscheinen; dies ist gerade bei den tüchtigsten Künstlern, wie bei Hendrick
van Avercamp, Efaias van der Velde, Pieter Molyn, Bieter de Blool u. s. f. der Fall. Bei anderen
Künstlern ist die Landschaft nur die Bühne für die figürliche Darstellung und daher nur coulisfenartig
und oberflächlich behandelt; dies gilt für Maler wie C. Droochssoot, S. van Beest und andere. Von
Efaias van der Velde besitzt die Sammlung ein grösseres bezeichnetes Bild: »Die Hirschjagd im Walde»
(Nr. 528), wohl ein früheres Werk des Künstlers, das in der Zeichnung der mächtigen alten Eichen
noch an Keirincx erinnert. Von den beiden letztgenannten Künstlern, die beide in einförmigster
Weise dieselben dürftigen Motive wiederholen, besitzt die Liechtenstein-Galerie verschiedene Gemälde;
doch ist nur die »Bauernunterhaltung in der Strasse eines Dorfes« von J. C. Droochsloot (Nr. 587)
ausgeheilt. Ein im Motiv und zum Theil auch in der Behandlung ganz verwandtes Bild ist die
C. DV-SART 164-; bezeichnete »Bauernbelustigung in einer Dorfstrasse« (Nr. 335). Wer ist dieser
Künstler? Der bekannte Schüler Ostades Cornelis Dusart wurde erst im Jahre 1660 in Haarlem geboren;
hatte derselbe einen gleichnamigen Vater? Das Bild weist auf einen wesentlich älteren Meister, der
dem C. Droochsloot noch näher sleht, ihm aber durch feinere Beleuchtung, kräftigere Färbung und
besfere Zeichnung überlegen ist.
Diesen Malern verwandt, aber mannigfacher in den Motiven, lebenswahrer und pikanter in
der Färbung ist der Rotterdamer Maler Pieter de Bloot. Die Liechtenstein-Galerie besitzt zwei seiner
Bilder, beide abweichend von seinen gewöhnlichen Vorwürfen. Das eine, geringere: »Bauern-
belustigung in einer Hütte« (Nr. 291), sleht den frühesten Werken des A. van Oßade nahe, ist
aber härter und roher. Das zweite behandelt einen biblischen Vorwurf: »Christus bei Martha«
(Nr. 663); jedoch sind hier die Figuren so lehr in den Hintergrund gesleht, dass die Küchen-
geräthe und Vorräthe vorn als die Hauptsache erscheinen und das Bild fast als Stilleben zu
bezeichnen ist. Dies vom Jahre 1637 datirte Werk des Künstlers, das ihn im Helldunkel und in der
Auffassung der Figuren unter Rembrandt's Einwirkung zeigt, ist in der Anordnung und in der Art,
wie die Nebensachen angebracht sind, wohl unter dem Einflusse seines Landsmannes C. Saftleven
entstanden; doch ist es kräftiger in der Beleuchtung und wärmer im Ton, als Saftlevens ähnliche
Bilder zu sein pflegen. Auch ein dritter Rotterdamer Maler, H. M. Sorgh, behandelt gleichzeitig ähnliche
Gegenstände in verwandter Art; gelegentlich ist er darin aber den beiden anderen Künstlern wesentlich
überlegen. Die beiden Bieter Nys 1651 bezeichneten Bilder: »Bauernscenen vor einem Hause«
(Nr. 331 und 339) erscheinen wie unter dem Einflusse dieser bedeutenderen Maler entstanden; auch
hier ist das Stilleben von Gefässen und Geräthen im Vordergrunde fast bedeutender, als die Figuren
und die landsehaftliche Umgebung.
 
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