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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 21.1898

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Singer, Hans Wolfgang: Englische Radirer I., [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4070#0055
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ENGLISCHE RADIRER
i.
Die 1897er Frühlingsausstellung der Royal Society of Painter-Etchers — man könnte sie
beinahe Winterausstellung nennen, so früh fand sie statt — galt allgemein nicht für besonders
interessant. Alle die Berühmtheiten der Nadel hatten wohl mehr oder minder treffliche Arbeiten im
Laufe des Jahres geschasfen und sie wenigstens zum Theile ausgestellt, doch war das ja zu erwarten.
Es war aber einmal wieder an der Zeit, dass ein neues Talent auftrete. Das war ausgeblieben.
Eine Überraschung brachte die Ausstellung aber doch; eine Überraschung, die mehr die Mitglieder
der Gesellschaft, als das uneingeweihte Publicum betraf. »Der Alte« hatte wieder ausgestellt.
Vor nunmehr nicht viel weniger als 20 Jahren war es, als Seymour Haden, ein zweiter
Prospero, von seiner Kunst Abschied nahm.
* — — — doch dieses grause Zaubern
»Schwör' ich hier ab; und.----------
■■------— so brech1 ich meinen Stab,
»Begrab' ihn manche Klafter in die Erde,
»Und tiefer als ein Senkblei je geforscht
»Will ich mein Buch ertränken.«

Er mag sich wohl in der entsprechend gehobenen Stimmung befunden haben, als er seinen
».■Stab«, die" Radirnadel, dem New-Yorker Kunsthändler Keppel überreichte und nun fortan keine
Mittel zur Ausübung seiner Zauberkunst besass. Er hat ja dafür auch sein Herzogthum eingetauscht
und zog sich auf das herrliche Woodcote Manor zurück. Doch bis zu dem »wo mein dritter Gedanke
soll das Grab sein«, trieb er die Parallele nicht.
Zunehmende Augenschwäche wurde als Grund dieser Abdankung angeführt. Sie hat sich
natürlich nicht plötzlich gehoben. Als einer der wenig respektvollen Jüngsten ihn jetzt an seinen
feierlichen Abschied von damals erinnerte, soll er geäussert haben, seine neuen Blätter seien Schab-
kunstarbeiten und er habe der Radirung Valet gesagt: Schabkunst und Radirung seien zwei
verschiedene Dinge. Das ist unwiderlegbar.
Es ist nicht meine Absicht, an dieser Stelle eine eingehende Besprechung von Hadens pracht-
vollen Radirungen zu geben. Unlängst hat ihn ja Wedrnore im grossen Werke der Gesellschaft des
Längeren behandelt. Ich lasse ihn hier gewissermassen nur als Bannerträger vorausgehen, dem in
kleineren und grösseren Abständen eine Schaar minder bekannter, jüngerer Künstler folgt, die an
dem Leser vorbei ziehen sollen.
Haden trat bekanntlich als Liebhaber an die Radirkunst heran. Er war Arzt von Profession. Ein
Dilettant im allerbesten Sinne des Wortes ist er auch immer geblieben. In der grossen Reihe von
entzückenden Werken, mit denen er uns beschenkt hat, spricht sich ganz zweifellos eine Persönlichkeit
 
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