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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 21.1898

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Gronau, Georg; Dörnhöffer, Friedrich; Braun, Edmund Wilhelm: Die Jahresmappe der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst 1898: Cornelia Paczka, Rudolf Jettmar, Heinrich Vogeler, Hans von Volkmann, Hans Thoma als "Griffelkünstler", eine Original-Radirung von W. Unger
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https://doi.org/10.11588/diglit.4070#0126
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jLEICHZEITIG mit diesem Heft erscheint zum ersten Male die Jahresmappe der
Gesellschaft für vervielfältigende Kunst. Wie unseren Lesern in Erinnerung sein
dürfte, wird diese Mappe von nun an unseren Mitgliedern als regelmässige Publication
neben den »Graphischen Künsten« dargeboten werden. Die Gesellschaft beginnt mit
ihr gewissermassen ein neues Galeriewerk, bei dem sie, ähnlich wie bei dem ersten, das ihren
Weltruf begründete, aber unter dem Einflüsse durchaus veränderter Kunstanschauungen eine
selbständige Pflege der vervielfältigenden Künste sich zur Aufgabe macht. Es ist uns gelungen,
für das Unternehmen viele hervorragende Künstler zu interessiren und eine Reihe bedeutender
Arbeiten zu sichern. In dem ersten Hefte sind Jettmar, Cornelia Paczka, Thoma, Vogeler,
Volkmann und William Unger vertreten.
Unsere Mappe und unsere Zeitschrift bilden zwar für sich je ein selbständiges Ganzes, aber
diese Publicationen stützen und ergänzen zugleich einander. Der Wirkungskreis der »Graphischen
Künste« erhält eine individuelle Färbung, wenn die Gesellschaft, die sie herausgibt, den Tendenzen
ihres Organes entsprechende Kunstblätter erwirbt und in die Welt einführt, und er vertieft sich, da
sie jetzt von den Fesseln, die ihnen das Format auferlegte, durch die Mappe befreit sind und in
ganz anderem Massstabe als früher auf die Kunstwerke, von denen sie berichten, hinweisen
können, nicht vorwiegend mehr auf Reductionen und Reproductionen. Die Mappe aber gewinnt an
Interesse dadurch, dass in der Zeitschrift die Thätigkeit der Künstler, die für sie Beiträge liefern,
zum Gegenstand monographischer Studien gemacht wird. D. R.

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CORNELIA PACZKA.

Es sind wohl fast zehn Jahre her, dass ich, auf meinem täglichen Wege zur Universität, in
einer stillen Strasse des Westens Halt machte vor dem Schaufenster eines Geschäftes für Bilder-
einrahmungen, um ein dort ausgestelltes grosses Blatt, eine Radirung, zu betrachten. Das eigen-
artige Sujet, die gewählte merkwürdige Beleuchtung, vor allem eine besondere seelische Stimmung
des Künstlers, die man daraus zu errathen vermochte, zogen den Beschauer immer wieder an und
erweckten allerlei Gedanken. Dargestellt war etwa das Folgende: Ein niederer, zu Nischen sich
erweiternder Kuppelraum — man findet Ähnliches wohl in den römischen Katakomben — ist
durch eine steinerne Brüstung, die in der Mitte sich ösfnet, gegen den Vorgrund geschieden. Auf
einer Steinbank hat hier eine Frau sich niedergelassen; sie hat das Antlitz in den Händen
vergraben; tiefer seelischer Schmerz erschüttert ihren Leib. Ihre Gestalt bleibt, wie der Vorder-
grund überhaupt, fast völlig im Dunkel; nur das Haupt wird fein umrissen von den Lichtstrahlen,
die sich von der Mitte her verbreiten. Hier, auf einer Wolke, umgeben von zahlreichen Frauen,
steht, von Licht umflossen, das von ihr auszugehen scheint und den Raum erfüllt, die Gottesmutter
mit geöffneten Händen; sie wendet sich liebevoll allen denen zu, die ihr flehend nahen; ihr gütiger
Blick richtet sich auf das tiefgebeugte Weib im Vordergrunde. Voller Verehrung blicken die Frauen
alle zu ihr empor. Neue Scharen gesellen sich, von rechts und links, aus geheimnistiefen Gängen
herausschwebend, zu der frommen Versammlung; die eine verehrt Maria mit emporgestreckten
Armen, gläubigen Blickes; die eine und andere naht mit gesenktem Auge, das Haar aufgelöst, und
wagt nicht aufzuschauen. »Sind Büsserinnen — ein zartes Völkchen.« Noch fesseln zwei hohe
 
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