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öfter zu befassen haben. Bevor aber jene zeichnerische Sonderung erfolgte, mußte noch der über-
mächtigen Forderung der Wirklichkeitstreue genüge getan sein, das Verlangen nach der Farbe be-
friedigt werden. Das war der psychologische Moment, da der japanische Farbenholzschnitt im rechten
Augenblick den europäischen Künstlern bekannt wurde; sie waren von ihm als von etwas ideal
Vollkommenem entzückt und machten sich die Lehre zunutze. Wohl dem, der sich nicht mit der
Nachahmung des Artfremden beschied — und das gilt auch für die früher gekennzeichneten Alter-
tümelnden — sondern auf seine eigene Natur sich besann.

Die Voraussetzungen eines solchen Umschwungs waren für Österreich dieselben wie ander-
wärts. Da sie, was die stilistische Entwicklung betrifft, keinen pragmatischen Zusammenhang mit
der modernen Wendung erkennen lassen, brauchte nicht erst auf sie hingewiesen zu werden. Nur bei
dem Farbenholzschnitt der Vergangenheit sei etwas verweilt, mit dem man sich in Wien außer-
ordentlich intensiv beschäftigte. Des alten Blasius Höfel muß gedacht werden, dieses auf allen
Gebieten der Graphik experimentlüsternen Künstlers, der für den Holzschnitt die Ausdrucksweise
des Kupferstechers übernahm, der sich in Elfenbeinschnitten versuchte und das Blei in der Schab-
manier für die Buchdruckerpresse dienstbar machte. Die Wiener Hofbibliothek bewahrt einige von
ihm signierte Holzschnitte auf, denen man seinerzeit gewiß keine große Bedeutung beigelegt hat; es
sind farbige Darstellungen von Landhäusern, die zum Verkauf ausgeboten wurden, als Abbildungen
zu Reklamezwecken. Hier bewegte sich Höfel mit einer damals — nach der Staffage zu urteilen,
stammen die Blätter aus dem Ende der fünfziger Jahre — ungewohnten Freiheit, nur Waldmüller
hat so unerschrocken das blendende Sonnenlicht wiedergegeben. Denkwürdiger aber ist es, daß
in manchen Partien des Parkes eine recht holzschnittmäßige Vereinfachung der Formen ange-
strebt wurde. Sodann zeigt ein Stilleben, metallenes Tafelgerät auf einer blauen Tischdecke, Höfel
mit dem gleichen stilistischen Empfinden um das später sogenannte Problem der Farbensymphonien
bemüht. Der uns zeitlich näher stehende Heinrich Knöfler, in allen Fächern des Holzschnitts viel
beschäftigt, hat sich gelegentlich wieder einer ängstlicheren Feinmalerei ergeben, falls ihm nicht
etwa bei den Andachtsbildern ein breiter und schwerer Farbenauftrag geboten schien. Wenn er
auch die Vorzüge eines Handdrucks zu schätzen wußte, hat ihn doch das Bedürfnis der Verleger
gezwungen, den Schnellpressendruck möglichst fruchtbringend auszugestalten. Endlich wäre noch
Hermann Paar zu nennen, der im Auftrag der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst einige
Gemälde alter Meister reproduzierte, was ihm soweit gelang, als es eben die Mittel der Chromo-
xylographie zulassen. Wie für dieses Verfahren, dessen Bezeichnung selbst jetzt vergessen und
verschollen klingt, waren auch für die Wiederbelebung des Schwarzweiß-Holzschnitts neue Unter-
nehmen tätig, außer den Anstrengungen, welche die privaten Verleger machten, von Künstlern wie
Josef Schönbrunner und F.W.Bader unterstützt. Eine letzte Epoche eröffnet die 1885 erfolgte
Berufung des in Alünchen erprobten Wilhelm Hecht nach Wien, als unter der Patronanz weiland
des Kronprinzen Rudolf das umfangreiche Werk »Österreich-Ungarn in Wort und Bild« zu erscheinen
begann. Für Hecht wurde in der Hof- und Staatsdruckerei eine eigene xylographische Abteilung
eingerichtet, und an der Kunstgewerbeschule betraute man ihn mit dem Unterricht in der Holz-
schneidekunst. So gewannen die zur Illustrierung jener zwölf Bände aus der ganzen Monarchie
herangezogenen Künstler für den Holzschnitt tüchtige Kräfte. Doch nur einer von Hechts Schülern
hat sich der dienenden Stellung entrungen und auf Grund der fachgemäßen Vorbildung zum
originalschaffenden Künstlertum bekannt.

Es ist damit Friedrich König (geb. Wien 1857) gemeint, der seine Akademiezeit lange
hinter sich hatte, als er die entscheidende Wendung machte, oder richtiger gesagt: mitmachte.

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