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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 31.1908

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Bode, Wilhelm von: Rembrandts "Susanna und die beiden Alten" in der Berliner Galerie: Radierung von William Unger
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https://doi.org/10.11588/diglit.4232#0127
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REM BRANDTS »SUSANNA UND DIE BEIDEN
ALTEN« IN DER BERLINER GALERIE.

RADIERUNG VON WILLIAM UN GER'.

Wir bewundern Rembrandt nicht nur als den empfindungsvollsten, sondern zugleich als den
phantasiereichsten Künstler; kein andrer hat so zahlreiche und mannigfache Motive in so viel-
seitiger Weise erdacht und ausgestaltet. Da mutet es uns eigentümlich an, wenn wir erfahren, daß
gerade Rembrandt nicht selten, ja häufiger als die meisten großen Künstler die Kompositionen
dritter, oft wesentlich geringerer Maler benutzt und solche Vorbilder gern und jahrelang für seine
eigenen Kompositionen verwertet hat. Freilich, wenn wir sehen, wie das geschah, wenn wir seine
eigenen Darstellungen mit jenen seiner Vorbilder vergleichen, wird unsere Bewunderung des
Künstlers dadurch nur noch gesteigert werden. Nicht Mangel an eigener Phantasie und Schaffens-
lust, sondern Interesse an den Erfindungen dritter Künstler, Verehrung für seine Lehrer und ähnliche
Motive waren dabei für ihn maßgebend. Die Komposition Rembrandts, die uns nach dieser Richtung
am meisten zu denken gibt, ist die »Susanna und die beiden Alten«, die ihre reifste Gestalt in dem
bekannten Gemälde der Berliner Galerie vom Jahre 1647 gewann, von dem uns hier William
Ungers große Radierung eine treue Nachbildung in vollendet künstlerischer Form gibt.

Als erste Studie zu diesem Bild pflegte bisher die große Rötelskizze im Berliner Kupferstich-
kabinett angeführt zu werden. Seit vor kurzem im Petersburger Privatbesitz ein Susannen-Bild von
Pieter Lastman aufgetaucht ist, wissen wir, daß Rembrandts Zeichnung eine flüchtige, aber fast

1 Prämie der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst für das Jahr 1908.

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