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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — 31.1908

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Bode, Wilhelm von: Rembrandts "Susanna und die beiden Alten" in der Berliner Galerie: Radierung von William Unger
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https://doi.org/10.11588/diglit.4232#0128
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getreue Kopie dieses Gemäldes seines Lehrers ist, das, nach der Aufschrift darauf, im Jahre 1614
gemalt worden ist. Rembrandt, der vielleicht selbst im Besitz des Bildes war, entwarf jene Rötel-
skizze um das Jahr 1635, wie aus Notizen auf der Rückseite des Blattes über Kopien nach Bildern
des Meisters, die er in dieser Zeit malte, hervorgeht. Aus der Anregung, die der Künstler durch
jenes Gemälde seines Lehrers erhielt, entstand der Plan zu seiner eigenen Komposition dieses Motivs,
der noch gefördert wurde durch den Wunsch, als Modell dafür den jugendfrischen Körper seiner Gattin
Saskia zu benutzen. In verschiedenen Gemälden wie in einer beträchtlichen Zahl von Skizzen und
Studien dazu reifte dieser Plan zur Wirklichkeit; durch nahezu zwanzig Jahre verfolgte der Künstler
das Motiv, das sich mit einem sehr verwandten Motiv, der »Badenden Bathseba« durchkreuzt und
durch neue persönliche Beziehungen immer wieder frische Nahrung, neues Leben erhielt. Dadurch
bieten diese Bilder und Skizzen ebenso wertvolle Fingerzeige für die intime Kenntnis von Rembrandts
Leben, wie sie uns interessante Einblicke in die Art seines künstlerischen Schaffens gewähren und
festen Anhalt zur kritischen Beurteilung seiner Zeichnungen liefern.

Gleich, nachdem der Künstler das Susannen-Bild seines Lehrers kennen gelernt und nach-
skizziert hatte, entwarf er selbst eine erste Skizze zu dem gleichen Motiv, die im Berliner Kabinett
erhalten ist. Hatte Rembrandt schon in der Nachzeichnung sich allerlei kleine Veränderungen in
seinem Sinne erlaubt, so gestaltet er trotz des engen Anschlusses an die Komposition seines Lehrers
die klassisch nüchterne, stark von Elsheimer beeinflußte Darstellung mit ihrer schlecht pointierten
Handlung und dem hohlen Pathos in eine geschlossene Szene von heftig bewegter dramatischer
Auffassung, wie sie der Richtung des jungen Künstlers entsprach. In dem Gemälde, das bald darauf
zur Ausführung kam, in der kleinen Susanna des Mauritshuis im Haag von 1637 (wie man mit
Wahrscheinlichkeit annimmt - - die letzte Zahl der Inschrift ist nicht alt) ließ er diesen Entwurf
jedoch beiseite und beschränkte sich auf die Gestalt der Susanna, deren schreckhafte Bewegung und
Ausdruck jedoch das Nahen der Alten im Gebüsch deutlich verrät. Nach Fertigstellung dieses Bildes
scheint Rembrandt das Thema zunächst beiseite gelassen zu haben. Der weibliche Körper, der in
den ersten Jahren nach seiner Verheiratung eine so bedeutende Rolle in seinen Arbeiten spielt, tritt
bis nach dem Tode der geliebten Saskia, die ihm in diesen Jahren nur zu viele Kinder schenkte und
vielleicht infolgedessen zu kränkeln begann, völlig zurück. Erst 1643 begegnen wir wieder einem
Gemälde, in dem eine andere biblische Frauengestalt den Mittelpunkt bildet: keine Susanna, sondern
eine Bathseba, die sich aber in der Inszenierung, Anordnung und Haltung stärker noch als die erste
Susannen-Darstellung des Meisters an jenes Bild seines Lehrers anschließt.

Bald darauf scheint der Künstler denn auch wieder eine Darstellung der Susanna mit den
Alten ins Auge gefaßt zu haben, die nach verschiedenen Skizzen und Studien in dem bekannten
Berliner Gemälde von 1647 ihre endgültige Gestalt erhielt. Den Eindruck des Gewaltsamen, Brutalen
in dem Motiv, an dem das Jahrhundert Rembrandts, die Zeit des dreißigjährigen Krieges, gerade
besondere Freude hatte, hat der Künstler nicht ganz benehmen können und wollen, aber durch die
abendliche Stimmung, das wunderbare Helldunkel, die phantastische Umgebung, vor allem durch
den Zauber der Färbung und ihren emailartigen Glanz, durch die Leuchtkraft des Frauenkörpers
hat er einen märchenhaften Zauber darüber gebreitet und dem Bilde einen malerischen Reiz verliehen,
wie ihn nur wenige seiner Gemälde, wie ihn die Werke keines andern Künstlers besitzen.

In seinem ersten Entwurf, einer flüchtigen Federzeichnung des Rijks-Museums zu Amsterdam,
die auch nach ihrer Behandlung auf die Zeit um oder gleich nach der Mitte der vierziger Jahre
deutet, hatte der Künstler die Figur in umgekehrter Stellung wie die, welche Lastmans und sein
eigenes Bild zeigt, versucht. Er hat diese Anordnung aber mit Recht gleich aufgegeben. Kleine

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