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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 31.1908

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Kuzmany, Karl Michael: Jüngere österreichische Graphiker, [2]: II. Holzschnitt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4232#0104
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Erst nach Vollendung seiner Studien an der Wiener Universität und zum Doktor der Philo-
sophie promoviert hat Rudolf Junk (geb. Wien 1880) sich auf die Akademie der bildenden Künste
zu Professor Heinrich Lefler begeben. Der zwischen Ex- und Immatrikulation gelegene Sommer
war zum wilden Drauflosmalen verwendet worden, einer letzten Selbstprüfung vor dem Berufs-
wechsel. Aber schon vorher, seit Junk als Schüler des Gymnasiums zu Melk die landschaftliche
Schönheit der Wachau kennen gelernt, war er mit Stift und Pinsel fleißig tätig gewesen; es mag
sich das Künstlerblut der Vorfahren, tüchtiger »Herrgottschnitzer« des östlichen Böhmens, in dem
Jüngling geregt haben, für den die Impressionistenausstellung der Wiener Sezession zur Offenbarung
wurde. Als Ölmaler ist Junk Pointiiiist, nicht auf Grund theoretischer Erwägungen, sondern weil
er bloß in dieser Malweise eine befriedigende Wiedergabe seiner optischen Eindrücke findet. So
kühn er sich hier dem Taumel ungebrochener Farben ergibt, so klug schränkt er seine Palette und
den Vortrag bei den Holzschnitten ein. Auf den selten mehr als handgroßen Blättern finden sich
die bunten Pünktchen nur wie hingetupfte unauffällige Akzente oder als unscheinbare Begleiter
der Umrisse (»Försterei des Stiftes Göttweih«), nicht als eigentliches Darstellungsmittel. Denn
zeichnerisch hält sich Junk an die Gebote der Flächenkunst im engeren Sinn, die ihm noch
immer Freiheit genug läßt, in der Mischung der Farbentöne den Freilichtmaler zur Geltung
kommen zu lassen. Als wollte er sich selbst Fesseln auferlegen, stellt er das Bildchen in einen
Rahmen mit Blütenmotiven, die sich der Intimität des Mittelstücks harmonisch anschmiegen
(»Dürnstein«, »Haus am Weiher«, Exlibris Dr. Röttingers). Nach solchen Einzelblättern ging Junk
daran, eine zusammenhängende Folge in Holz zu schneiden. Im Jahre 1906 erschien so das
Grimmsche Märchen »Der kluge Knecht«, als Blockbuch nach japanischer Art von Junk in zehn
Exemplaren gedruckt und locker geheftet. Der Seite mit einem in wenigen, sehr gut disponierten
Farben gehaltenen Bilde steht immer eine Textseite gegenüber, deren in Kursivschrift geschnittene
Buchstaben, blau auf weiß gedruckt, dem jenseitigen Mittelfeld entsprechen; die breiten Rahmen
zeigen wieder, weiß auf blau, Feldblumen oder nehmen das Schmetterlingsmuster des Umschlages
auf. Junk, ein eifriger Bibliophile, hält sich trotzdem von allen Entlehnungen aus den alten
italienischen Drucken oder der archaisierenden englischen Buchkunst frei. Bei den botanisch
noch immerhin zu bestimmenden Zierstücken ist er nicht stehen geblieben; aus den Zweigen und
Stengeln und Ranken entwickelte er konsequent ein reines Ornament. Damit stattete er die Ein-
ladung und den Katalog der Frühjahrsausstellung 1907 des »Künstlerbundes Hagen« aus, ein
schmuckes und vorbildlich gelungenes Beispiel moderner Buchkunst. Seither wurde ihm öfter die
Gelegenheit gegeben, jüngst noch im Programm des Kaiserhuldigungsfestzuges und in diesem
vorliegenden Hefte, durch die elastischen Erfindungen seiner reichen Phantasie sich auszuzeichnen.

Schon im Abschnitt über die Radierer wurde Adolf Zdrasila (geb. Poruba in Österreichisch-
Schlesien 1868) erwähnt, als ein Heimatkünstler, dem alles um der Tagesmode willen Angelernte
und lediglich Brillante fern liegt. Mit dem Holzschnitt begann er 1898 in Karlsruhe, durch A. Albers
und Fritz Lang in das Technische, und zwar der Flächenmanier, eingeführt. Aber davon wendete
er sich, ebenso wie von dem in seinen Vorzügen bereitwillig anerkannten Verfahren der Japaner ab
und der Strichmanier zu. Dazu bestimmte ihn auch, daß er von allem Anfang an mit der Vervielfältigung
durch die Presse rechnet. Das einläßlich genaue Zeichnen, ohne dabei ins Kleinliche zu verfallen,
sagt seinem Hang zum Erzählen besonders zu; wenn auf dem idyllischen Blatt mit dem kleinen
See im bewaldeten Bergkessel der Scheidesonne letzter Blick die Höhen verklärt und der blaue
Himmel nur im Spiegelbild des Wassers erscheint, vermeint man ein Echo von des Tages Mühe
und Unruhe in dieser Schilderung zu hören. Zdrasila bringt gern herzhafte Farben an, das leuch-

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