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EIN NEUES BUCH VON CARL LARSSON.

Larsson feiert übers Jahr seinen sechzigsten Geburtstag. Als vor sieben Jahren der feinsinnige
schwedische Kunsthistoriker John Kruse in dieser Zeitschrift einen längeren Aufsatz über Larsson
veröffentlichte, da schrieb er am Schluß: »Ganz kürzlich hat er die verhängnisvolle Schwelle des
halben Jahrhunderts überschritten, die Grenzscheide der meisten Menschen zwischen einer fort-
schreitenden und einer rückschreitenden Bewegung. . . Nicht zu wundern wäre es, wenn auch für
diese kerngesunde und lichte Kraftnatur Stunden von Ermüdung und Mißmut . . . sich einstellen
könnten. In dem Sonnenschein seiner Phantasie und der Spannkraft seiner Laune besitzt aber
Larsson gute innere Hilfsquellen, seinen Sinn frisch und seine Künstlerlaune lange jung und
entwicklungsfähig zu erhalten«. Nun liegt vor uns ein neues Buch von Larsson, dessen Blätter
wohl durchwegs in den allerletzten Jahren entstanden sind: »Laßt Licht hinein«. In der Zeit seit
dem Erscheinen von Kruses Aufsatz wurde ferner das große Fresko im Nationalmuseum zu Stock-
holm »Der Einzug Gustav Wasas« ausgeführt — unstreitig ein Höhepunkt im Schaffen des Künstlers.
Von einem Ermatten ist wahrhaftig nichts zu sehen. Ja, blättert man das neue Buch durch, dann
erkennt man rasch, daß der Künstler, der »die verhängnisvolle Schwelle des halben Jahrhunderts
überschritten hat«, kraftvoll weiterschreitet zu neuen künstlerischen Problemen.

Am raschesten dürfte uns über die Richtung, in der sich Carl Larssons Entwicklung vollzogen
hat, ein Vergleich der Blätter der neuen Publikation mit denen einer früheren belehren, etwa des
Buches »Larssons«, das in den Jahren 1883 bis 1901 entstanden und 1902 erschienen ist.

Es liegt nahe, zwei Blätter wie die »Spielzeugecke« vom Jahre 1887 und die etwa 20 Jahre
später gemalte »Werkstatt« zu vergleichen. Beide behandeln ein ganz ähnliches Thema und
eignen sich deshalb recht gut zum Vergleich. Man wäre vielleicht im ersten Augenblick ver-
sucht, den Unterschied der beiden Blätter darin zu suchen, daß das ältere deutlich komponiert
ist, das spätere dagegen aus einer kaleidoskopartigen Aneinanderreihung von Dingen und Menschen
besteht, die beliebig vermehrt oder verringert werden könnte. Betrachten wir einmal die Komposition
der beiden Blätter genauer.

Auf dem früheren Bilde spielt die Komposition durch Licht und Schatten und die Komposition
durch die Farbe eine wichtige Rolle. Der dunkle Sessel mit dem ziemlich lichten Grün und Rot
wird vor eine helle Wand gestellt und schärfer beleuchtet als die Seiten. Er bezeichnet das Zentrum
der Komposition. Dieses Zentrum wird ferner hervorgehoben durch die Linien der Gitarre und des
Kinderwagens, die darauf zielen, und durch den senkrechten Streifen Tapete, der darüber die Mitte
betont. Viel mehr läßt sich über die Komposition des Blattes wohl nicht sagen.

Ganz anders das spätere Werk. Von Komponieren durch Licht und Schatten läßt sich hier
überhaupt nicht sprechen — das von hinten einfallende Licht ist in der Komposition fast
unberücksichtigt geblieben —, von Komponieren durch die Farbe jedenfalls nicht in erster Linie.

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