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in jener Vorzeit, die große, buntfarbige Malerei zu der Höhe emporstieg, die wir an den Wand-
gemälden von Knossos und Hagia Triada bewundern, da zieht sie auch das bescheidenere Handwerk
mit sich; die Linie tritt auch hier gegen die farbig ausgefüllte Fläche zurück. Die Palette verarmt;
die Flächenmalerei bleibt. Und wenn zu Beginn der eigentlich klassischen Periode in der großen
Malerei der Umriß herrscht, die farbigen Einzelteile sich unterordnend, so arbeitet die keramische
Kleinkunst dieser Periode unverwandt auf die reine, und zwar einfarbig dunkle Silhouette hin, die,
in dem Athen des sechsten Jahrhunderts v. Chr., mit der Erfindung des unnachahmlichen, auch
dem Lichtbild nicht erreichbaren, metallisch glänzenden, tiefschwarzen Firnisses ihre äußerste
Steigerung erfährt (Abb. auf S. 3).

Doch dieses Äußerste bewirkt einen Umschwung. Die dunkle Silhouette auf hellem Grund
ist die stärkste Bejahung der Gestalt nach außen; aber sie verneint deren Innenleben, das her-
zustellen hie und da aufgesetztes Weiß oder Violett nicht genügen. Und so ruft die Malerei selber
ihren Widerpart, die Gravierung, zurück: Innenlinien werden in das bemalte und gebrannte Gefäß
eingerissen. Je vollkommener nun das Schwarz, um so mehr triumphiert der Stichel. In Erzeugnissen
wie die Amphora des Vatikans mit den würfelspielenden Helden ist die Silhouette fast nur ein
zubereiteter Bildgrund, aus dem die Einzelformen ritzend, schabend, stechend herausgeholt sind.
Wohl wird, die Grellheit mildernd, ein bläuliches Pigment in die Ritzlinien eingestreut im Wesen
ist es die alte Gravierung in wenig günstigem Material, in eigenwilliger Erschwerung.

Und so entsteht eine neue Weise, die, ein Ei des Kolumbus, das Verhältnis einfach umkehrt
(Abb. auf S. 1, 4, 5): die Figuren selbst als Silhouetten ausgespart und der Grund um sie schwarz
ausgefüllt, Außen- und Innenumrisse aber mit demselben, lackartigen, für feinere Muskel- oder
Gewanddetails, blondes Haar und dergleichen verdünnten Firnis auf den frischen Ton, der durch
das Brennen dann die bekannte rote Farbe erhält, aufgetragen. Eine neue Art Malerei, die von
allem Bisherigen etwas besitzt: farbige Wirkung, und doch bloße Linie; Silhouette, aber in nichts
verbergender Helligkeit; Umrißzeichnung, nicht mit dem Stichel dem spröden Grund abgerungen
und, ob matt oder grell, das Schattenhafte der Figuren noch verstärkend, sondern selbst dunkel
auf hell, weich flüssig hingesetzt, dem Zeichner ungehemmte Bewegungsmöglichkeit eröffnend.
Das geschah in Athen, nach der Mitte des sechsten Jahrhunderts v. Chr.

Das äußerlich Technische entzieht sich großenteils unserer Kenntnis. Die Bereitung des
Firnisses ist noch ein ungelöstes Rätsel und selbst über das Werkzeug des Zeichners besteht
keine Einhelligkeit. Nach der letztvorgetragenen Meinung' war es eine an einem Stiele befestigte
Schweinsborste, welche die dickflüssige Farbe schleppend über die Fläche zog. In den künstlerischen
Werdeprozeß allerdings, an dem uns vor allem läge, scheinen Einblick verheißend die sehr häufigen
Spuren einer in den weichen Ton eingedrückten Vorzeichnung (auch auf unserer Abb. S. 1 durch
das linke Knie hindurch sichtbar). Aber die meist ganz unsorgfältige Linienführung wie die nicht
selten weitgehenden Abweichungen des fertigen Bildes zeigen, daß diese eingedrückte Zeichnung
lediglich bezweckte, die Einfügung in den gegebenen Raum zu erproben. Daß später eine zweite,
genauere Vorzeichnung mit einem Fettstift folgte, die durch das Brennen des Gefäßes aufgezehrt
wurde, wie in der Porzellanmalerei, und daß sich so der tadellos reine Strich erkläre, erscheint

i Karl Reichhold, Skizzenbuch griechischer Meister, München, bei F. Bruckmann A. G. Dem Künstler Reichhold verdanken wir mit die
besten und treuesten Nachzeichnungen griechischer Vasenbilder. Und w enn seine Betrachtungsweise auch nicht immer archäologisch orthodox ist.
so" ist es doch anziehend, den Zeichner über zeichnerische Probleme der Antike zu boren. Denn, was aus dem Titel nicht deutlich zu ersehen ist
das Buch will die Lösung der wichtigsten zeichnerischen Aufgaben durch die Vasenmaler verfolgen und so jene Schulung, von der weiter unten
die Rede ist, veranschaulichen. In seinen zahlreichen Abbildungen gibt es zugleich eine Vorstellung von dem Reichtum der Motive, den jene hand-
werklichen Kunstler, den Meistern der großen Kunst nachstrebend, sich anzueignen wußten.



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