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KARL FRIEDRICH ZÄHRINGER.

»Viele sitzen in der Welt, schauen sie an und geben sie wieder, sie leben nicht und ihr Werk
ist ohne Bedeutung. Wer einen Berg macht, muß selbst der Berg sein, daß der Berg sich bilde. Wer
einen Baum macht, muß selbst der Baum werden, daß der Baum sich sage. Wer Weite macht, muß
Weite geworden sein, daß das Beglückende des Raumes, das Befreiende und Heitere der Weite
durch seine Hand überströme auf das Blatt. Er muß Welt sein und muß das All sein, daß das Welt-
gefühl sich ausrede auf seiner Tafel .... Der Gestalter ist Mund: Träger: Diener dessen, was da
redet.« Diese Worte aus Gustav Wolfs Zeichenbüchlein führen unmittelbar zu dem Werk seines
Freundes Karl Friedrich Zähringer aus Murg am Oberrhein. Das Ziel ragt beiden entgegen-
gesetzt: Bei Wolf dient alle Anschauung nur dem Geist, wird zur Vorstellung und bleibt darum
nur Symbol des Eigentlichen, Wahren; Zähringer aber schreitet an all denen vorbei, die den Weg
des Lebens nur gehen um des Zieles willen, die allein zum Geiste wollen. »Ich will gerade zur
Erde zurück«, dies seine eigenen Worte. Der Weg zur Erde zurück ist für ihn nicht weit. Ver-
nehmlich und unmittelbar pocht in ihm noch das zähe Bauernblut seiner trotzigen Väter aus dem
Hotzenwald und sein Wesen wurzelt tief in der Scholle seiner Vorfahren. Wer das bodenständige
Alemannentum in Zähringer spürt, der hat den Schlüssel zu seiner Person und seiner Kunst
gefunden. Nach jahrelangem Aufenthalt in der Schweiz haben die Folgen des Krieges ihn nach
Deutschland zurückgetrieben. Hat er selbst sich auch unter seinen alemannischen Stammesgenossen
jenseits der Grenze so heimisch gefühlt, daß die Rückkehr in den Schwarzwald ihm keine Rückkehr
in die Heimat bedeutet, so können wir Deutschen uns erst jetzt, da er uns näher lebt und schafft,
seiner Kunst in weiteren Kreisen bewußt werden, sie kennen und lieben lernen, die, in Graubündens
Bergen in der Stille erwachsen, uns heute in wunderbarer Reife geschenkt wird, auf daß sie im
Norden wie im Süden Volksgut werde, wie es Sinn und Tradition jenes alten deutschen Holz-
schnittes entspricht, an dessen Seite Zähringers Werk sich bewußt und berechtigt reiht.

Als Graphiker, und zwar im Holzschnitt, spricht seine herbe und undramatische Natur sich
eindeutig aus.

Seine frühen Holzstöcke und Drucke hat er zum größten Teil vernichtet. Nur einzelne Blätter
in dem Museum von Karlsruhe wie der Sammlung Dr. Heinrich Stinnes, Köln, sind aus den Jahren
1912—17 erhalten worden. Die ersten tonig behandelten Drucke von 1912, Frauenakte, die ebenso
wie die Illustrationen zur Bibel des Künstlers erste Auseinandersetzung mit dem Thema Weib
bedeuten, stehen unter dem Einfluß des französischen Impressionismus und verraten außer tech-
nischem Können und sicherer Zeichnung noch wenig von Zähringers persönlicher Kunst. In den
Bildern zum alten Testament findet Zähringer 1914 den Anschluß an die deutschen Meister des
XVI. Jahrhunderts mit ihrer subtilen Holzschnittmanier. Die feinen Kreuzschraffuren und Punkte,
in die die Schatten nach dem Licht aufgelöst werden, wie die pralle plastische Modellierung in

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''•Zähru
 
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