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subjektiv gefärbte Linienstruktur als Gabe seiner eigenen Natur buchen. Die Formen fließen material-
gemäß und die lockere Strichführung gibt dem Blatte eine Lichtfülle, die wir in den Radierungen
und Kaltnadelarbeiten vermissen.

Auch zwei Landschaften aus der letzten Schaffenszeit, das »Ausgießen der Schlacke« und die
»Landschaft bei Mährisch Ostrau« weisen diese Vorzüge auf und können bis jetzt wohl als die
gelungensten Arbeiten unseres Künstlers angesprochen werden. Der Gegenstand scheint hier
— namentlich in der »Landschaft bei Mährisch Ostrau« mit dem stark empfundenen Linienfluß der
Baumstämme im Vordergrunde, dessen Rhythmus dann von den Rauchmassen aufgenommen und
weitergeführt wird und da einen ernsten Zusammenklang in die Komposition bringt — künstlerisch
überwunden. Die krasse Anklage, die die früheren Blätter aus diesem Ideenkreise darstellen, scheint
durch die künstlerische Bändigung des Motives nunmehr zur leisen Klage geläutert. Weiß Silovsky
jene Darstellungen, die die großen Arbeitszentren der Industrie schildern, mit einer Phantastik
zu erfüllen, die selbst den Maschinen und Geräten ein spukhaftes Aussehen verleiht, tritt in den
letztgenannten Arbeiten eine rein gefühlsmäßige Einstellung zur Natur in die Erscheinung. Das
Ethos der slavischen Seele, das literarisch in Dostojewskij seine grandioseste Formung gefunden
hat, kommt jetzt in diesen rein linearen Gestaltungen stärker zum Durchbruch als in anderen
Arbeiten unseres Künstlers.

Die Kunst Silovskys ist, nach alledem, was von ihr in die Öffentlichkeit gedrungen ist,' stark
gegenständlich bedingt; basiert aber auf gefestigtem technischen Können. Die großen Menschheits-
fragen der Gegenwart erfüllen sie mit sittlichem Ernst.

Man darf deshalb gespannt sein, welche Auswirkungen die Reise durch Deutschland, die
Silovsky im verflossenen Jahre unternahm, auf seine Kunst bringen wird. Die Auseinandersetzung
mit dem deutschen Expressionismus, die in irgendeiner Form erfolgen muß und die für die Kunst
Silovskys vielleicht einen Wendepunkt seines Schaffens in der Richtung einer noch stärkeren Ver-
innerlichung und auch formalen Vereinfachung bedeuten kann, mag für die Zukunft seines künst-
lerischen Schaffens entscheidend werden.

Augenblicklich arbeitet Silovsky, der seine Werke bedächtig ausreifen läßt, an einem Zyklus,
der die moderne Großstadt zum Inhalt hat. Anregungen dazu sucht er in Paris, wohin er sich zu
einem längeren Aufenthalte begeben hat. Vielleicht läßt uns diese neue Arbeit bereits klarer sehen,
wohin unseren Künstler sein Genius führt! An uns aber wird es sein, vor dem lebendigen Kunst-
werk jede prophetische Kritik bescheidentlich in den Hintergrund treten zu lassen.

Anton Reichel.

l Silovsky stellte außer in seiner Heimat, in Paris, in der Schweiz, in Rom, Venedig und im Haag aus. Selbständige Vorführungen seiner
Werke fanden überdies in München und in Agram statt. In »Rocenka stencova giafickeho Kabinetu 1918« und in »Art et Decoration« 1922
wurde unser Künstler gewürdigt.

Sop-,

kannte

Uruck
 
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