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Schwärzen, die dem Schwarz-Weißblatt eine tonige, oft geradezu farbige Wirkung verleihen.
Unsere Abbildung - eine Partie an der Donau bringt in der Wiedergabe dieser merkwürdig
trüben Stimmung die Vorzüge unseres Künstlers deutlich zum Ausdruck. Trotzdem dürfen wir
aber — und das sei zu Nutz und Frommen des jungen Graphikers gesagt — nicht verschweigen, daß
in dieser seiner spezifischen Begabung auch eine gewisse Gefahr verborgen liegt. Die Zeichnungen,
namentlich die in den letzten Jahren entstandenen, lassen sich leicht in zwei Gruppen scheiden. Die
eine umfaßt Naturstudien. Es sind Übungen. Der Künstler setzt sich in ihnen mit dem Xaturobjekt
auseinander, etwa in der Art des ausgehenden Impressionismus. Eine ausgeprägte persönliche Note
wäre schwer diesen Erzeugnissen zuzubilligen. Die andere Gruppe umfaßt Studien, die Augenblicks-
eindrücke künstlerisch festzuhalten suchen. Es sind Versuche, die Form eines lebhaft bewegten
Körpers in der Abbreviatur einer kühn hingerissenen Linie zu verdeutlichen, wie es Max Lieber-
mann in seinen graphischen Blättern und Zeichnungen gelingt. Diese Studien hinterlassen jedoch
den Eindruck, als seien die Formen — vielleicht dem Künstler unbewußt — schon im Hinblick auf
die Ausdrucksmöglichkeiten einer virtuos gehandhabten lithographischen Technik gestaltet. Diese
Vorwegnahme von Voraussetzungen technischer Natur stört aber die Naivität des Schaffens. Man
vermißt deshalb bei ihm jene Unbefangenheit dem Objekt gegenüber, die gerade den Blättern Lieber-
manns jene überragende Bedeutung verleiht. Die Sicherheit der Hand täuscht mit geschickten
Improvisationen und Andeutungen gelegentlich über den Mangel an restloser Formbeherrschung
hinweg. Dies sei nicht als Tadel gesagt, sondern um die Kehrseite der starken, durch den Entwick-
lungsgang des Künstlers noch besonders unterstrichenen Eigenart seiner Begabung aufzuzeigen.
Eine große Rolle spielt in seiner Phantasie die Farbe. Diese auch der Lithographie dienstbar
zu machen, ohne einem plumpen Naturalismus zu verfallen, das scheint ein Problem zu sein,
das augenblicklich im Vordergrunde seines Interesses steht. Die farbig lithographierte Folge,
von der wir eingangs sprachen, weist diese neue Phase seiner Kunst. Allerdings möchten wir das
Werk, dem noch allzustark die Materialität der Farbe anhaftet, als eine Etappe bezeichnen auf dem
Wege zur vom Künstler geahnten und angestrebten Entnaturalisation der Farbe.

Anton Reichel.

Gl
 
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