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Arthur Paunzen, Weiblicher Akt. Bister und Pastell (1927V

bringen, das der Stimmung entspricht, in die Mahlers Musik den Zuhörer versetzt. Wenig später
hat sich ein anderer Wiener Graphiker die gleiche Aufgabe gestellt: Ferdinand Michl, der 1923
sechs farbige Monotypien zu Mahlers »Lied von der Erde« schuf. Hier kommt die Farbe der Musik
näher, Paunzens strengere Zeichnung scheint mir den Gedankeninhalt besser zu versinnlichen.
Viel schwieriger war natürlich die Aufgabe, Beethoven-Symphonien in zeichnerische Gebilde um-
zusetzen, und dem Künstler ist es auch nicht gelungen, sie einwandfrei zu lösen. Es war auch ver-
messen, bereits im Titel den Vergleich mit Max Klingers »Brahms-Phantasie« heraufzubeschwören.

Was Paunzen als Radierer leistet, davon legt sein Selbstbildnis, das hier im Original vorliegt,
vollgültiges Zeugnis ab. Ergänzt wird diese in streng zeichnerischem Stil gehaltene liebevoll-sorg-
fältige Naturwiedergabe durch den »Geizigen«, nach dessen Goldhäuflein sich im Dunkel der Nacht
gierige Hände strecken, ein Blatt, das als Beispiel für des Künstlers Phantasieschöpfungen dienen
möge. Es gibt bildende Künstler, die ein Antlitz darzustellen wissen, aber an der Wiedergabe einer
Hand scheitern. Zu diesen gehört Paunzen, dem selbst die doppelt beseelte Hand eines Zeichners
und eines Geigers eignet, nicht. Wie sehr ihn Hände interessieren, ersieht man nicht bloß aus den
Händen auf dem »Geizigen«, sondern auch aus der hier reproduzierten schönen Aquarellstudie
nach einem Paar durchgeistigter Frauenhände. Daß Paunzen als Porträtist seinen Alann stellt,
belegt außer dem Selbstbildnis noch die hier gleichfalls wiedergegebene Bisterstudie nach dem
japanischen Oberleutnant Mano, eine vorbereitende Arbeit zu dem Aquarell in halber Lebensgröße,
nach dem er wieder eine Radierung geschaffen hat. Als Idealporträt will die Beethoven-Radierung
gewertet werden, die Paunzen nach der Totenmaske des von ihm über alles verehrten Meisters
zwar im Beethoven-Jahr 1927, aber nicht für den Verkauf, sondern nur für sich selbst angefertigt
hat. Auch hier fallen die edel gebildeten Hände auf. Von den künstlerischen Reizen des weiblichen
Aktes, der hier auch noch abgebildet ist, kann die verkleinernde schwarze Netzätzung nur eine
höchst unvollkommene Vorstellung vermitteln. Die Hauptlinien sind mit Bister gezogen, modelliert
ist mit Gelb und Rot und Grün, mit Grün in den Schatten, natürlich in Pastellfarben, die höchsten
Lichter liefert das Weiß des Papiers. Ganz abgesehen von den Farben, wirkt das Urbild im Gegen-

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