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Abb. 2. George Romney, Lady Hamilton als Circe.

werden Mädchen, Männer Jüng-
linge; Reife der Jahre wird nur
als Verzicht gezeigt, der als ein
zarter Schleier über dem Uner-
schlossenen der Jugend liegt.
Dieses Idealbild, in dem sich die
Gesellschaft sonnte, war so
irreal, daß es nicht einmal aus der
Steigerung einer vorhandenen
Lebensform erwachsen wollte;
es war aus der Vergangenheit
nur übernommen, Sehnsucht aus
zweiter Hand geschöpft. Ja, auch
das Urbild dieses übernommenen
Ideales war nicht auf der Insel
erstanden, Van Dyck hatte es
mehr als ein Jahrhundert vorher
vom Kontinent hinübergebracht.

Was in der Malerei dieser
sozialen Schichte Englands ge-
schah, war eine Renaisssance,
wie sie noch nie so durchgreifend
sich vollzogen hatte; sie ging
weiter als die gelegentlichen
äußerlichen Übernahmen und An-
leihen des italienischen Quattro-
cento an antikerKunst. Das aber,
was noch mehr zu denken gibt,
ist die Zähigkeit, mit der dieses
historisierende Phantom auch in
der Folgezeit das Geistern nicht
mehr aufgibt. Die Österreicher
an der Jahrhundertwende haben
das den Engländern abgelernte
Idealbild der Gesellschaft der
unseren aufgepfropft und eigent-
lich besteht es hier und dort
noch unverändert bis zum heu-
wenigstens) nicht mehr die führende ist.

Sepiazeichnung.

tigen Tag für dieselbe Schichte — die nur (bei uns

Die großartige Englische Ausstellung in Berlin im Jahre 1910 oder die minder großartige1 in
Wien im Herbst 1927, die den Anlaß zu diesen Ausführungen bildet, hat alle diese Porträtkünstler

1 Die Ausstellung wurde von privater englischer Seite zusammengestellt; da die besten Bilder der Epoche (soweit sie nicht nach Amerika
gewandert sind) bereits in englischem Staatsbesitz gelandet sind und dieser bekanntlich nicht entleiht, konnte kein hohes Niveau erreicht werden.
Zur Ergänzung der kleinen Qualitätsauslese wurden einige Arbeiten aus der Albertina, die noch nicht veröffentlicht sind, aufgenommen. Die
Zeichnungen von Gainsborougb und Hoppner sind Neuerwerbungen der Albertina.

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