Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]: Die Graphischen Künste (55.1932)

Vorliebe bei der .Metallplatte und dem Holzstock statt der Ätzung und des Schnittes der alten
Stichverfahren. Sie setzen ein diszipliniertes Können voraus, erfordern genaue Formkenntnis und
sichere Beherrschung der Wirkung. Dafür erhöht sich aber der Endeffekt nicht unwesentlich.

Neben dem Stich und der Radierung hat der Künstler auch der Lithographie seine besondere
Sorgfalt angedeihen lassen. Mit zu seinen besten Arbeiten auf diesem Felde gehören seine Ansichten
aus alten deutschen Städten, dann die Landschaften und Typenschilderungen aus Afrika und
Brasilien. Ein Blatt dieser Art, eine farbige Steinzeichnung »Schauri« (das ist eine Gerichtssitzung
in Ostafrika) gereicht dem vorliegenden Hefte zur Zierde. Bei der Steinzeichnung beruht der Reiz
vor allem auf wirksamer Gegenstellung und Abstufung des Tones sowie der malerischen Belebung
der Fläche und der verständnisvollen Handhabung der verschiedenen Manieren. Auch hier bewährt
Jacoby durchaus sein feines Empfinden für die spezifischen Möglichkeiten und die Grenzen der
Mittel sowie seine zeichnerische Fertigkeit und ein wesentliches Sehen. Sowohl seine Schwarzweiß-
blätter, als auch seine farbigen Lithographien zeichnen sich durch große Tonschönheit aus und
bekunden im ganzen wie in den Einzelheiten den empfindsamen, mit unfehlbarem Instinkt den
Raum und die Massen gliedernden Gestalter.

In seiner Gesamtheit präsentiert sich uns Meinhard Jacoby als ein Künstler von fruchtbarer
Phantasie, hoher Kultur und von erstaunlichen technischen Fähigkeiten. Wie man sich in seinem
schönen Künstlerheim sofort gefangen fühlt von der Atmosphäre gepflegter Überlieferung, schlichter
Vornehmheit und stiller Harmonie, die dort herrscht, so ergeht man sich auch in seinem vielteiligen
Lebenswerk mit dem Gefühl, keiner lauten und effekthaschenden Äußerung, sondern gediegenem
Wert und liebevollem Schaffen gegenüberzustehen. M. Rohe.

Meinhard Jacoby, Eislauf auf dem Stadlsee. Radierung.