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Diese Grundsätze wirklich durchzuführen hatte Schreiber A indessen keine Ge-
legenheit. Zwar hat er die Urkunden Karls des Großen in bezug auf Vokalismus
und Flexion überarbeitet, in syntaktischer Beziehung aber scheute er Änderungen
(die hier sofort tiefer greifen mußten), wie der primitive Charakter von nr. 3 und der
Vergleich von nr. 5 mit der fast gleichlautenden Urkunde Karlmanns für Granfelden1), 5
die Ubereinstimmungen von nr. 6 mit nr. 7 und mit einer Schenkung für St. Denis2)
beweisen. Anschauliche Beispiele für die Arbeit des Kopisten, der einen Vokal, einen
Kasus, einen Modus in den korrekteren verändert, bieten seine in der Handschrift selbst
erhaltenen Verbesserungen in nr. 4 ff., die nur im Protokoll von nr. 5 auch stilistisch
den Text umzugestalten suchen. An den späteren Königsurkunden fand der Chronist io
nichts zu bessern. Ihr und der päpstlichen Privilegien Text ist durch ihre gegenseitige
Abhängigkeit3) und durch die Parallelstücke bei Udalrich bis auf kleine Versehen
gesichert. Die wenigen privaten Schenkungen aber, die der Chronist aufnahm, waren
meist so bedeutend, daß er zwar die Prekarien kürzte4), sonst aber weder die Formeln5)
noch alle Zeugen6) wegließ. Das gilt ganz besonders von allen Urkunden der Äbte (von 15
nr. 131 ab) und von seinen eigenen Urkunden am Schlüsse der Chronik (nr. 153 ff'.),
die mit langen Zeugenreihen in aller Treue aufgenommen sind, wofür die Schönauer
Gegenausfertigung zu den ganz gleichlautenden nr. 159 f. den schlagenden Beweis liefert.

Die sachlichen Eingriffe des Kopisten A beschränken sich also auf einzelne pri-
vate Schenkungen, treffen im wesentlichen nur die Arenga, die fortbleibt, und die 20
Zeugenreihe, die mit «et aliorum» schließt. Wenn es die Ähnlichkeit zweier benach-
barten Urkunden gestattete, half sich der Chronist auch im Texte mit einem cetera
omnia ut supra, wobei es ihm aber von vornherein schon nicht auf einen genauen
Anknüpfungspunkt ankam.7)

Der Schreiber E, welcher den großen Plan des Kopialbuchs faßte, ist sich mit 25
A über die Wertlosigkeit des Protokolls einig, betont aber dafür, teilweise im Gegen-
satz zu A, daß er die «legitimas sollempnitates, formas atque modos, testatorumque
ac testium nomina, regum simul et imperatorum tempora» getreu wiedergeben werde.
Die Prekarien will er völlig übergehen.8) Als selbstverständlich mochte er die Arbeit
der Textverbesserung ansehen. 30

Trotz dieses Programms entfernte sich der Schreiber noch weiter als A von
seinen Vorlagen. Seiner genau chronologischen Anordnung zuliebe setzte der Kopist
den Abtsnamen fast stets in seine Rubrik, das Königsjahr anfangs ebendahin, später
in die erste Zeile des Textes, schließlich auch wieder öfter in die Actumzeile.9) Aus-
nahmsweise haben nun zwar auch Originale diese Voranstellung des Königsjahrs und 35

l) M. G. Dipl. Car. nr. 54. - 2; Ebd. 55.

3) Nr. 17 = 30 = 46 = 81 = 89 = 126. 61 = z. T. 47. 70 = z. T. 17 (30, 46). 72 = 70 + 17.
72 = 78 = 79. 82 = z. T. 74. 121 = 96. 130 = z. T. 87. 80 = 86 = 122 = 127. 146 = 151 = 164.
- Udalrich 11 = 122 (1049). 12 = 85 (989). 13 = 43 (881). 14 = 52 (897). 64 = 94 (1013). 65 = 92
(1012). Das Nähere in den Anmerkungen.

4) Nr. 16, 28, 35, 41. Vollständiger 58, das zugleich als Schenkungsurkunde dient.

5) Nr. 12. (Gekürzt aber 11, 13 und besonders 15.) 20. 27 (Arenga gek.). 33. 40 (dgl.). 51
(dgl.). 53 und 56/9 (kaum gek.). 83; gekürzt aber 68, 76/7, die von einer weniger schreibseligen Zeit
verfaßt, vielleicht schon im Original kurz gedrängt waren.

6) Nr. 11, 12, 20, 27, 33, 40, 51, 53, 56, 59, 83 u. ö. Beachte das kürzende «et aliorum» am
Schluß der Zeugenreihe.

') Wie nr. 13 zeigt. Ferner 34. 43 (Königsurkunde!). In Prestarien: 16, 35.

8) K. 168.

9) Vgl. z. B. 210ff. mit 610ff.

Codex Laureshamensis. 6
 
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