VORWORT
Dem im Januar 1922 versteigerten ersten Teil der Sammlung Dr. Max Strauß folgt num
mehr der Rest nach. Drei und ein halbes Jahr hat Dr. Strauß jene erste Auktion
überlebt, zu der ihn die unseligen Verhältnisse jener Zeit zwangen. Diese Preisgabe
von Kunstwerken, die er in ungewöhnlich langer und leidenschaftlicher Sammeltätigkeit
zusammengebracht hatte, hat er wohl nie ganz überwinden können, denn er hing an seinen
Kunstschätzen mit der zähen Liebe des echten Sammlers. Nun ist er am 2. Juli dieses Jahres
gestorben, wenige Tage nach Vollendung seines neunzigsten Lebensjahres. Es ist erstaunlich,
welche Mengen feinster Kunstwerke der verschiedensten Art dieser Mann zusammengebracht
hat, den sein Juristenberuf — er war ein bekannter, hervorragender Anwalt — doch voll in
Anspruch nahm. Aber es gab für ihn, wie für jeden richtigen Sammler, keine schönere
Erholung als die „Antiquitätenjagd“, und er hat frühzeitig damit begonnen und bis in sein
hohes Alter diese Liebhaberei fortgesetzt. Als er zu sammeln begann, stak alle Wissenschaft
vom Kunstgewerbe noch in den Kinderschuhen; so war er, wie die anderen großen Sammler
jener fast schon ganz der Vergangenheit angehörenden Generation, allein auf seinen klaren
Blick, auf die Sicherheit seines Urteils, auf einen intuitiven Qualitätssinn angewiesen, Eigem
schäften, die dem echten Sammler angeboren sein müssen, und die Dr. Strauß auch bis zuletzt
nicht verlassen haben. Er hat sich niemals spezialisiert; wenn er auch natürlich für bestimmte
Gebiete — Glas und Porzellan — eine besondere Vorliebe hatte, so umfaßte seine SammeL
tätigkeit doch alle Arten des Kunstgewerbes gleicherweise. Auch das ein Generations^
unterschied im Sammlerwesen: heute fast überall Beschränkung auf bestimmte Einzelgebiete
und Zeiten, früher — bei allerdings günstigeren Vorbedingungen — das universalere Umfassen
des Gesamtkomplexes, das aber auch den größeren Überblick und die breitere Schulung des
Geschmacks durch rastlose Reibung mit dem gesamten Kunstmarkt und durch stetig neu
geschärftes Fingerspitzengefühl verlangte. Den größeren Sammlungen dieser Art, wir nennen
nur die Namen Spitzer, Lanna, Figdor, reiht sich in bescheidenerem Ausmaß die Sammlung
Strauß würdig an. Dr. Strauß hat es aber auch stets als ein nobile officium des Sammlers
angesehen, seine Schätze der Wissenschaft zugänglich zu machen; an vielen Ausstellungen
hat er sich bereitwilligst beteiligt und ernsthaftem Studium seine Räume und Vitrinen stets