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Goldschmidt, Adolph; Weitzmann, Kurt; Goldschmidt, Adolph [Editor]; Weitzmann, Kurt [Editor]
Die byzantinischen Elfenbeinskulpturen des X. - XIII. Jahrhunderts (Band 2): Reliefs — Berlin: Bruno Cassirer, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.53147#0052
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46

GOLDSCHMIDT

70. TRIPTYCHONMITTE (?). TAFEL XXVII
Deesis.
X. Jahrhundert.
München, Nationalmuseum (Kat. V, Nr. 15g).
Höhe 17,8 cm, Breite 12,4 cm. Die Platte ist nicht mehr im ursprünglichen Er-
haltungszustand, sondern die Figuren sind ausgeschnitten und auf eine neue
Hintergrundplatte geleimt, auf welche man mit fehlerhaften Buchstaben eine
neue griechische Inschrift setzte. Die Anordnung der Figuren ist jedoch die alte
geblieben, wie eine Vergleichung mit der etwa gleich großen und stilverwandten
Platte der Sammlung Marquet de Vasselot (Nr. 69) deutlich macht. Aus dieser
Vergleichung ergibt sich ferner, daß die Figuren der Münchener Platte vermut-
lich unter einem Baldachin gestanden haben und daß es sich um das Mittel-
stück eines Triptychons handelt. Es fehlen die rechte Hand des Johannes, die
linke der Maria, die vordere Hälfte des rechten Fußes der Maria und die Füße
des Fußschemels Christi. Alle drei Figuren zeigen Rißbildungen, beim Kopf
des Johannes ist die Oberfläche und von Mana die rechte Hand beschädigt.
Auf der Tunika der Maria sind schwache rötliche Töne sichtbar, die von der
Untermalung der Vergoldung herrühren. 1821 aus dem Antiquarium des Neri-
aner-Instituts zu Aufhausen (BA Regensburg) übernommen. 1866 erworben.
Das Relief steht in enger Verbindung mit Nr. 69. Die Anordnung
mit der Jungfrau rechts ist dieselbe, Christus stimmt genau in der
Anordnung des Gewandes, in der Haltung des Ruches, im mächti-
gen Haar, das sich um die Ohren legt, im Heiligenschein mit der
einfachen Kehlung überein, auch darin, daß der Schemel auf der
Oberfläche ornamentiert und von der gleichen Borte umgeben ist.
Auch die beiden Seitenfiguren sind im Faltenwurf übereinstim-
mend, nur ist der Mantel des Täufers nicht mit Pelz umsäumt,
und Maria im Gegensatz zu Nr. 69 mit der Pänula bekleidet,
allerdings ebenso wie dort mit dem punktierten Kreuz auf Kappe,
Schulter und Knien versehen. Diese Übereinstimmung könnte da-
her auch wie dort auf eine Entstehung in einer östlichen Provinz
hinweisen (vgl. Nr 69 und 35). Die nächste Beziehung ist wohl zur
Romanos-Gruppe.
Literatur: Labartel, S. 215. — Westwood S. 461, Nr. 406. — H. Graf, Kata-
log des bayrischen Nationalmuseums, Bd. V, 1890, Nr. 169. — Molinier, Ivoires
S. 1 d3. — W. Vöge, Jahrbuch der Preuß. Kunstsammlungen, Bd. XX, 1899,
S. 117, Abb. 1. — R. Berliner Katalog des bayrischen Nationalmuseums, Bd. IV,
1926, Nr. 3 (hier auch ältere Kataloge zitiert). — Expos. Byzantine Paris S. 82,
Nr i3i, pl. XXII.
7 1. TAFEL XXVIII
Kreuzabnahme.
X. Jahrhundert.
Früher Paris, Sammlung Chalandcn.
(Wo jetzt, nicht bekannt, weshalb auch nur eine kleinere Abbildung nach Mon.
Piot beschafft werden konnte.)
Höhe 17,1 cm, Breite 13,1 cm. Im oberen und unteren Rande zahlreiche Bohr-
löcher zur Befestigung. Unsicher, ob ursprünglich die Mitte eines Triptychons.
Im Baldachin zwei Sprünge, sonst sehr gut erhalten. Aus der Sammlung Spitzer,
Paris.
Unter einem durchbrochenen Baldachin, wie ihn die malerischen
Reliefs zeigen, ist die Kreuzabnahme in der Weise dargestellt,
wie sie auch dort üblich ist (Nr. 22, 23, 25), mit dem Unter-
schied allerdings, daß auch der linke Arm schon gelöst herab-
fällt. Inschriften: IC XC, M-P 0V, @ IUUANNHC. Der eine der beiden
Helfer benutzt beim Elerauslösen des Nagels im Fuß merkwür-
digerweise den Hammer, als wollte er ihn herausstemmen. Die Art
des Reliefs und die Behandlung der Falten sind die der malerischen
Gruppe, die Köpfe dagegen zeigen viel mehr den Stil der Romanos-
Gruppe, und zwar in einer Ableitung wieaufderBerlinerKreuzigung
Nr. 72, zu der auch die Behandlung des Hügels unter dem Kreuz
und der schmale Mantelstreifen mit der langen Quaste hinter dem
Rücken der Maria stimmt. Es handelt sich hier also auch um das
Resultat einer Mischung der zwei Gruppen wie dort.
Literatur: Catalogue Spitzer S. 36, Nr. 18. — Catalogue des objets d’art
Collection Spitzer, 18p3, Nr. 53, pl. III. — Molinier, Melanges Havet S. 248,
Nr. 6. — Ders., Ivoires S. 111, Nr. 6. — Schlumberger, L’epopee I, Abb. S. 20. —
Ders., MonumentsPiot, Bd.III, 1896, S. 126, Fig. i,undBd.VI, 1899, S.9l,pl.VII.

— E. Hannover, Kunstkultur, 8. Jahrgang, 1920, Heft 4, S- 197? big. 3. —
G. Migeon, Les Arts, n. 4^, juin 1906, S. 23—25. — Catalogue de TExposition
d’objets d’art du moyen-äge et de la renaissance chez M. Jacques Seligmann,
Paris iqi3, S. 52.
72a,b. TRIPTYCHON. TAFEL XXVIII
Kreuzigung und Heilige.
X. Jahrhundert.
Berlin, Kaiser-Friedrich-Museum (Inv. Nr. 1678).
Mittelstück: Höhe 23,4 cm, Breite 14,5 cm. Flügel: Höhe 21,5 cm, Breite 7 cm.
Die Flügel sind eingezapft in die astragalverzierten Leisten, die dem Mittelstück
oben und unten vorgelagert sind. Dieser Mechanismus muß schadhaft gewesen
sein, denn die Ränder der Flügel sind an den Stellen der Zapfenlöcher alle er-
neuert. Ebenso ist ein Stück der oberen Astragalleiste eingesetzt. Der rechte
Flügel ist der Länge nach gespalten, und die jetzt geleimten Stücke wurden
einst durch Metallklammern, deren Bohrlöcher noch zu sehen sind, zu-
sammengehalten. Die obere rechte Ecke des Mittelstückes ist ergänzt. Lange
feine senkrechte Risse ziehen sich über Mittelstück und Flügel. Spuren von Ver-
goldung am Baldachin und den Außenseiten der Flügel. Erworben 1889 in
Florenz von der Marchesa Bidolfi.
Die Kreuzigungsszene ist für die Romanos-Gruppe ungewöhnlich
reich, was aus der Zusammenarbeit von zwei verschiedenen Vor-
lagen entstanden ist. In der Hauptsache ist es ein Vorbild gewesen
in der Art von Nr. 38 oder 3g, auf dem nur Maria und Johannes
neben dem Kreuz standen. Mit dieser wurde eine Vorlage aus der
malerischen Gruppe oder aus der Malerei, die ausführlichere Sze-
nen zeigen, verbunden. Infolge des Umsetzens aus dem Breitformat
(vgl. Nr. 22 und 215) in das schmälere Hochformat mußten Lon-
ginus und Stephaton weiter nach unten gestellt werden und be-
kamen die unnatürlich langen Stangen, und bei den oberen Gruppen
wurden die hinzugefügten Figuren ungeschickt angeklebt, beson-
ders der mittlere Kopf rechts. Auch die verdoppelte Engelschar
entspricht solchen Vorlagen. Inschriften: IC XC, M-P 0V, @ lUJAN(r^)
Auf dem rechten Flügel stehen oben: ® TT6TPOC und @ TTAVAOC,
unten (A) BACIAGIOC und @ lUL^arr^) 0 XPVCOCTO^og), auf dem linken
oben @ 0UJMAC und @ ANAPGAC, unten @ KlU(v)CTA(y)TI(vo?) und
H ATI(a) EA6NH. Der Kaiser und die Kaiserin sind sehr ähnlich denen
auf dem Triptychon Nr. 3g, doch nicht mit dem Anbetungsgestus
wie dort, sondern hier gemeinsam das Kreuz haltend wie auf dem
Münztypus. Auch Petrus und Paulus gleichen in ihren Motiven
denen auf Nr. 3g. Verglichen aber mit jenen Werken, kann dies
Triptychon nur als eine vergröberte Ableitung gelten. Die Köpfe
sehen durch das wirre Haar verwildert aus, die Augen durch die
eingebohrte Pupille starr, die Konturen des Körpers sind härter,
die Proportionen unrichtiger. Der Erdhügel unter dem Kreuz imi-
tiert in wirren Linien die plastische Zerklüftung von Nr. 38 und 3g,
und die in der Luft schwebenden Füße der Beistehenden und des Ste-
phaton setzen eine perspektivische malerische Boden fläche voraus.
Hinzu weisen ist auch auf die Übereinstimmung des Johanneskopfes
mit dem der Kreuzabnahme Nr. 71, die in der Hauptsache der male-
rischen Gruppe angehört. So kau n man zu dem Glauben gelangen, daß
es nicht in dem byzantinischen Zentrum entstanden ist. Dafür könnte
die Verwandtschaft des Chrysostomos-Typus auf dem Flügel rechts
unten mit dem auf dem aus Georgien stammenden Triptychon
Nr. 78a rechts sprechen, mit dem scharfen Stirnwinkel und den
mangelhaft gebildeten Augen, außerdem die große Ähnlichkeit der
Außenseite beider Triptychen mit der muschelförmigen Kuppel
über dem Kreuz, das außer den vorgelagerten Rosetten das bei
diesem Typus seltene Treppenpostament zeigt (Nr. 72b) und auf
beide Revershälften verteilt ist, wie es zu den Eigentümlichkeiten
der malerischen Gruppe gehört. Unzweifelhaft ist auch eine Ähn-
lichkeit vorhanden in den Köpfen, Körperbildung und Gewand-
behandlung und den Rosetten der Rückseitenkreuze mit den by-
zantinischen Kästen, die in Bd. I Taf. LIH—LVI zusammengestellt
sind. Die Datierung des vorliegenden Triptychons in das 10. Jahr-
hundert ergibt, daß auch jene Kästen in diese frühe Zeit zu setzen
sind, während sie in Bd.I der Publikation dem 11.—12. Jahrhundert
zugeschrieben worden sind.
 
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