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Grill, Erich
Der Ulmer Bildschnitzer Jörg Syrlin D. Ä. und seine Schule: ein Beitrag zur Geschichte der schwäbischen Plastik am Ausgang des Mittelalters — Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Band 21: Strassburg: Heitz, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.73234#0086
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— 72 -

welche die Glieder verhüllen und Zweifel an der Klarheit der
Gelenke aufkommen lassen.
II. Chorgestühl in der Kirche St. Martin1 zu Oberstadion
0. A. Ehingen. Je eine Sitzreihe mit glattem Dorsal, links:
8 Sitze, an der Rückwand 4 kleine eingelegte Quadrate, 1 Zu-
gang in der Mitte, Seitenwangen mit achteckigen Säulchen
verziert, 3 Knäufe als Tierköpfe gebildet; rechts: 5 Sitze,
3 Intarsien, 2 Armstützen mit Tier- und Totenschädel. — 1 ie
Schreibweise der Bezeichnung: jerg surlin zu ulm 1486 (und
an der vorderen Wange: 87) und die große Einfachheit der
Ausführung sprechen für den jüngeren Sürlin. Es ist anzunehmen,
daß sein Vater, der damals noch lebte, als gefeierter Meister
nicht für solche unbedeutenden Aufträge zu haben war.
III. Grabmal des Ritters Hans von Stadion2 in derselben
Kirche, im Querschiff links am Pfeiler aufgestellt. Steinerne
Platte (Größe 1 :2 m) von Löwen gestützt, mit dem Bilde des
Verstorbenen in Hochrelief. In voller Rüstung, aber ohne Helm,
ruht er mit dem Kopf auf einem Kissen. Der gebogene rechte
Arm hält eine kleine an einer Kette befestigte Keule. Eine sehr
große und plumpe Waffe dieser Art liegt daneben und reicht
vom Ellbogen, an dem sie in einer Schlinge zu hängen scheint,
bis unterhalb des rechten Kniees. Die Linke umfaßt die Parier-
stange eines langen Schwertes. Die seitlichen Zwischenräume
sind mit mangelhaft stilisierten Blumenranken ausgefüllt. Die
Füße stoßen gegen ein Postament, das von drei Wappenschildern3
verdeckt wird. Auf den von der Pfeilerwand sich abhebenden
Außenrändern des Steines findet sich über drei Seiten verteilt
die Inschrift: anno dm M° CCCC Lvni an sant andreas tag starb
herr hans von stadion. ritter usw.» Der obere Rand trägt in
gotischen Buchstaben die Bezeichnung: jerg surlin zu ulm 1489.

1 Erbaut 1473, umgestaltet 1776.

2 Altes Geschlecht, aus Graubünden stammend, (daselbst noch Reste
der alten Stammburg Stadion ob Küblis) baut sich in Schwaben bei Mun-
derkingen an der oberen Donap. das neue Schloß Stategun (ursprgl. Name
der Familie) nach dem der Ort Oberstadion genannt ist — Ein Walter
von Stadion fällt 1388 in dem Kampfe bei Näfeis. Ein Nachkomme von ihm
hatzwei Söhne: Konrad und Ludwig. Letzterer begründet die jüngere schwä-
bische Linie, die 1693 erlischt. Ihr muß Hans von Stadion angehört haben.

3 Auf dem größeren in der Mitte und auf dem linken Schild: das
Wappen der Familie Stadion, rechts ein Schild mit Hirschstangen.
 
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