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Hartlaub, Gustav Friedrich; Giorgione
Giorgiones Geheimnis: ein kunstgeschichtlicher Beitrag zur Mystik der Renaissance — München, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.19130#0045
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ffl.

„Zorzon" aber war der Maler jener „Drei Philosophen", zu deren Ge-
heimnis wir nun nodi einmal, mit mehr Wissen ausgerüstet, zurückkehren.
Noch was in heutigen Orden an alten Riten und Sinnbildern erhalten ist,
schien uns wie ein Schlüssel zu den Rätseln dieses Kunstwerks. Nachdem
wir etwas von dem historischen „Logenwesen" zur Zeit des Giorgione
erfahren haben, („Loge" natürlich nur vergleichsweise und „cum grano"
gemeint) wollen wir das Kunstwerk noch einmal befragen.

Erinnern wir uns zunächst daran, daß die Renaissance und Barockzeit
den Ausdruck „Philosoph" mit Vorliebe auch für die Vertreter der alche-
mistisch-hermetischen Geheimwissenschaften anwandte (nicht freilich für die
Astrologen, die als „ Astrologi" einen festen Begriff bildeten!). Noch im YJ.
Jahrhundert war die Bezeichnung so üblich, und die adjektivistische Anwen-
wendung als „philosophischer Stein", „philosophischer Schwefel" sehr be-
liebt bei Hermetikern und Rosenkreuzern. Wenn also Michiel, der den
Giorgione noch gekannt haben muß, nicht sehr lange nach Giorgiones Tode
angesichts der drei Männer mit ihren Zirkeln, Winkelmaßen und kabbali-
stischen Zeichen von drei „Philosophen" sprach, so mag eine solche Bedeu-
tung bei ihm bewußt oder unbewußt mitgeklungen haben. Daß nun solche
drei Philosophen bei deutlich verschiedener Funktion und Altersstufe mit
den drei Einweihungsstufen, den drei Stadien der Vollkommenheit zu tun
haben, denen wir einen Pico in allen Mysterien nachspülen sahen und die
in den Bünden der Renaissance selber eine Rolle spielen mochten, liegt
jetzt gewiß nahe. Was die Kostüme angeht, die vor allem bei den zwei
älteren Männern sehr ausgeprägt sind, so mögen die Eingeweihten in den
geheimen Zusammenkünften der chymischen Gesellschaften, vielleicht aber
auch die Presbyter, Oberpriester, Vates und ähnliche Würdenträger der
Akademien, gleichsam als Träger von „Hochgraden" gelegentlich in ent-
sprechender Tracht erschienen sein. Vorliebe für Trachten, die den Außen-
stehenden wesentlich phantastisch anmuteten, kennzeichneten ja auch die
mehr extern gehaltenen Veranstaltungen der verschiedenen Gesellschaften.
Kein Wunder, daß neben dem antiken Priestergewand auch Kostüme des

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