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Hartlaub, Gustav Friedrich
Alchemisten und Rosenkreuzer: Sittenbilder von Petrarca bis Balzac, von Breughel bis Kubin — Willsbach, Heidelberg, 1947

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https://doi.org/10.11588/diglit.19128#0013
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Tatsache der Geistesgeschichte, daß die Menschen trotz un-
gezählter Enttäuschungen und Entlarvungen durch so viele
Jahrhunderte hindurch von dem Gedanken der Metallverwand-
lung und ihrer praktischen Ausnutzbarkeit nicht loskommen
konnten und daß sich neben den rein materiellen Hoffnungen
des Eigennutzes auch so viele innerliche Träume einer „panso-
phi sehen" Universalreligion und Generalreformation an den
Verwandlungsgedanken knüpften. Will Erich Peuckert lind
Hans Schick haben uns darüber aufschlußreiche Unter-
suchungen geschenkt.

77. DIE FIGUR DES ADEPTEN IN DER DICHTUNG

Die Alchemie, mag sie uns als Vorstufe der Chemie oder auch
aus psychologischen, psychotherapeutischen Gründen immer
wieder denkwürdig sein (ein C. G. Jung hat ihr bekanntlich ein-
gehende Untersuchungen gewidmet), gehört zu den ausgeträum-
ten Träumen, Alpdruckträumen der Menschheit; nicht anders
wohl als — auf anderer Ebene — der Hexenwahn und die Phan-
tome der Inquisition, der Religionskriege usw. Seither ist auch
die Figur des Alchimisten als Persönlichkeit, als Charakterrolle
auf der kulturgeschichtlichen Weltbühne in die große Rumpel-
kammer historischer Kuriositäten verschwunden. Einst hatte sie
unter den Menschentypen, die die Volksphantasie besonders
beschäftigten, einen der meistumstrittenen abgegeben. Wie der
Ritter von der traurigen Gestalt, blind für seine wirkliche Um-
welt, verschollenen Idealen nachzuleben trachtete und dadurch
in ein tragikomisches Licht geriet, so schien auch der Adept
verschütteten Geheimnissen nachzujagen, die in Frühzeiten der
Schöpfung einmal offenbar gewesen sein mochten, nun aber als
verloren gelten mußten. Wie er seinen nebelhaften Träumen
alles, seine Gesundheit, sein Vermögen, Familienglück opferte,
wie ihn keine Enttäuschung hinderte, immer wieder von neuem
zu beginnen — das alles erregte die Einbildungskraft um so
mehr, als es ja keine asketisch-überweltlichen Ziele zu sein
schienen, denen all dies faustische Suchen, diese donquicho-
tische Unentwegtheit galt, sondern grenzenlose Macht, Glück,
 
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