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Hartlaub, Gustav Friedrich
Alchemisten und Rosenkreuzer: Sittenbilder von Petrarca bis Balzac, von Breughel bis Kubin — Willsbach, Heidelberg, 1947

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https://doi.org/10.11588/diglit.19128#0021
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bemerkenswert früh in die bildende Kunst übergegangen, gehört
geradezu zu den Anfängen des „Sittenbildes". Alchemisten in
ihrer Klause, von Werkzeugen umgeben, erscheinen als solche
— freilich noch durchaus ohne satirische Absicht — bereits
in Buchmalereien mittelalterlicher Traktate der „Königlichen
Kunst" (Abb. 2); daneben tauchen die Jünger dieser Lehre früh-
zeitig in astrologischem Zusammenhang auf, wurden sie doch
als ausgesprochene „Melancholiker" von jeher gern unter dem
Einfluß des Planeten Saturn gedacht, mit dessen Metall, dem
Blei, sie ja auch „beruflich" besonders viel zu tun haben. Ein
Holzschnitt, der im Jahre 1508 in einem viel gelesenen „Destil-
lierbuch" erscheint, später auch die deutsche Ubersetzung von
Marsilio F i c i n o s „Buch vom dreifachen Leben" ziert (Abb. 5),
macht aus dem Thema eine richtige Temperamentsstudie im
Sinne damaliger Schulmedizin und Therapie: der Adept, dessen
Laborieren links im Hintergrunde durch den Herd, Blasebalg
und Tiegel angedeutet ist, erscheint mit aufgestütztem Kopf,
den ein Turban bedeckt, an einem Tisch, auf dem ein kostbarer
Meßkelch vielleicht den Goldschmiedeberuf andeuten soll; ihm
gegenüber sitzt mit übergeschlagenen Beinen ein modischer
Jüngling, der ein Saiteninstrument spielt, um den Melancholiker
mit Harmonien zu heilen. Auch hier wird noch der Adept ziem-
lich ernst genommen: der Jünger des Hermes steht neben den
anderen großen Magiern, magischen „Philosophen", die uns in
Dichtung und Malerei der Renaissancejahrhunderte keineswegs
immer als Truggestalten, sondern oft auch als geheime Wunsch-
bilder des Zeitalters begegnen — trotz oder gerade wegen des
geistlichen Anathemas; wie ja auch Persönlichkeiten von der
Art der Reuchlin, Trithemius, Agrippa selber davon geträumt
haben mögen, es den großen Eingeweihten des Altertums gleich-
zutun. —

Schon in einem mehr moralistischen Zusammenhang hat uns
ein anderer Holzschnittmeister (vielleicht war es der junge
Dürer auf seiner Wanderschaft) den Adepten gezeigt: als Fäl-
schernarren mit der Narrenkappe zusammen mit Weinfälschern
(Dante hatte zwei bekannte Alchemisten kurzweg in die Hölle
der Fälscher verbannt). Es geschah in einer Illustration zu
Sebastian Brants „Narrenschiff", welches, wie wir sahen,
auch die Goldmacher an Bord hat. Wahrhaft fruchtbar aber
wurde unser Motiv doch erst, als man direkt auf den Text
Petrarcas zurückgriff, wie das Hans W e i d i t z in seinen be-

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