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Hartlaub, Gustav Friedrich
Der Gartenzwerg und seine Ahnen: eine ikonographische und kulturgeschichtliche Betrachtung — Heidelberg, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.17231#0039
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Schlußbetrachtung

Damit stehen wir im Geiste noch einmal vor den »farbigen Zwergen«
und Bettlern, wie sie der Dichtervon Hermann und Dorothea in seinen
Frankfurter Kindertagen, später etwa in Straßburg, Emmendingen oder
Sesenheim selber vor Augen gehabt haben mag.
Noch einmal: im Gartenzwerg, der seit seiner Industrialisierung eigent-
lich völlig gleichgeblieben ist, haben wir es mit immer schwächeren
Abdrücken eines alteingeprägten Bildes zu tun, mit jener Verharmlo-
sung im Kinder- und Hausmärchengeschmack, die Gefahr lief, das
Geheimnisvolle vollends zu entzaubern: dies vor allem in den illustra-
tiven Verkörperungen, weniger in der Textgestaltung selbst, die be-
kanntlich bei den Brüdern Grimm sogar gewisse Reste altertümlicher
Grausamkeit und Dämonie nicht unterdrückt hat.
Heute droht unser Gartenkobold - wir beklagen es noch einmal -, so
nett und reizend ihn viele Liebhaber auch finden mögen, zum billigen
Scherzartikel herabzusinken, denn zu Zipfelmütze und Bergmanns-
schurz, die er zum Glück noch bewahrt, und zu anderem Kuriosum,
was ihm von einem wunderlichen »Kind-Greis« noch immer anhaften
mag, haben sich leider jene Stimmungsmordenden Zutaten aus dem
spießbürgerlichen Stammtischbereich gesellt. Dies Alles übersehen viele
Garten- und Gartenzwergfreunde, die Kinder, doch auch die Erwachse-
nen. Fühlen sie trotzdem, wie eine ehrwürdige Ahnenschaft trotz aller
Trivialisierung noch durchschimmert ? Vielleicht sollten wir ihrer Schwär-
merei doch nicht so gram sein, vielleicht sind ja auch Sentimentalität,
ja sogar Kitsch, als Symptome immer noch hoffnungsvoller als eine
totale innere Abgestorbenheit.

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