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Universität Heidelberg [Hrsg.]
Akademische Mitteilungen für die Studierenden der Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg: Sommer-Halbjahr 1919 — Heidelberg, 1919

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AKADEMISCHE MITTEILUNGEN
Für DIE STUDIERENDEN DER RUFRECHT-KARLS-UNIVERSITÄT ZU HEIDELDERG
Herausgegeben von J. Hörning
Universitäts-Buchdruckerei
Hauptstr. 55 a - Fernspr. 419

Nr. 4 Mittwoch, 2. Juli 1919

Die Studierenden wollen zu ihrem eigenen Vorteil ihre Wohnung, sowie Jeden Wohnungs-
wechsel, alsbald dem Postamt (durch unfrankierten Brief oder Postkarte, die in den
höchsten Briefkasten zu stecken oder dem Briefträger mitzugeben sind) anzeigen.

Erscheint während des Semesters
monatlich zweimal und wird allen
Studierenden u. Hochschullehrern
unentgeltlich ins Haus geliefert

Sommer-Halbjahr 1919

Anzeigenpreis: die viergespaltene
Zeile 40 Pfg., 10 Zeilen für das
ganze Semester 30 Mk.

Heidelberger Volkshochschulkurse.
Am 4. Juli beginnen die von der Universität ins Leben
gerufenen Volkshochschulkurse. Schon für den Rest des
Sommers ist eine reichhaltige Auswahl von Vortragsreihen
und Führungen vorgesehen, wie die folgende Liste zeigt.
Vortragsreihen: Berufsberatung (Gruhle). Erziehung
in Haus und Schule im Geiste der neuen Zeit (Niebergall).
Deutsche Kulturgeschichte im Spiegel der deutschen Sprache
(Petscpi). Wechsel- und Scheckrecht (Fehr). Kartelle,
Syndikate und Trusts (Gothein). Das Recht auf Gesundheit
und soziales Fürsorgewesen (Dresel).
Führungen: Heidelberger Schloss (Carl Neumann).
Die Heidelberger Landschaft (Schmitthenner). Beob-
achtung der Vogelwelt (Fehringer). Vorgeschichtliche
und frühgeschichtliche Abteilung der städtischen Samm-
lungen, sowie Ringwälle und Klöster auf dem Heiligen-
berg (Wahle). Die Maler der Romantik in den städti-
schen Sammlungen (Lohmeyer). Geschichtliches und
kulturgeschichtliches aus der Pfalz in den städtischen
Sammlungen (Carteilieri).
Vom Herbst an wird die Zahl der Veranstaltungen noch
^esentlich grösser sein, wenn der Erfolg lehrt, dass ein Be-
dürfnis dafür vorhanden ist.
Für den Winter sind schon jetzt Vorträge über Zeitungs-
wesen, über experimentelle Psychologie, Nationalökonomie.
Dürgerkunde, Geschichte, Naturwissenschaften u. s. w. vor-
gesehen. An die Vorträge werden sich, wenn es irgend
möglich ist, wie bereits jetzt im Sommer, ausführliche Er-
örterungen und Aussprachen mit den Zuhörern anschliessen.
Viele der Redner werden einen Fragekasten aufstellen, damit
die Zuhörer Gelegenheit haben auch nachträglich Fragen zu
stellen. Wir streben eben in erster Linie eine Art Arbeits-
gemeinschaft zwischen dem Lehrer und den Zuhörern
an, überzeugt, dass das ebenso wie im Lehrbetrieb der Hoch-
schulen und Schulen den einfachen Vorträgen weit vorzu-
ziehen ist, bei denen oft genug eine geistige Berührung
zwischen Redner und Hörer ausbleibt.
Als Redner bezw. Führer sind Heidelberger Hochschul-
lehrer und Persönlichkeiten des praktischen Lebens in Aus-
sicht genommen. Ausserdem hat der Heidelberger Aus-
schuss mit der Handelshochschule Mannheim und mit der
technischen Hochschule Karlsruhe gegenseitigen Lehreraus-
tausch verabredet. Die Volkshochschulkurse werden nicht
nur in Heidelberg, sondern in allen Orten des nördlichen
Badens, die den Wunsch danach aussprechen und den not-
wendigen Kostenanteil übernehmen, veranstaltet werden.
Gemeldet haben sich bereits Adelsheim, Schwetzingen,
Sinsheim und Weinheim. An jedem Ort wird ein Ortsaus-
schuss gebildet, der sich aus Vertretern der Gemeinde-
verwaltung und. derjenigen Vereinigungen und Behörden zu-
sammensetzt, die für Volksbildung Interesse haben. Er
regelt die örtlichen Fragen (Räume, Art der Bekanntmachung,
Zeit der Vorträge u. s. w.) und wählt gemeinsam mit dem

Heidelberger Universitätsausschuss die abzuhaltenden Vor-
tragsreihen und Führungen aus. Die Kosten trägt zum
Teil der Staat; zum Teil werden sie von den Vortragsorten
übernommen; ein anderer Teil wird durch die sehr niedrigen
Eintrittsgelder aufgebracht werden. Für den einzelnen Abend
oder eine Einzelveranstaltung werden in Heidelberg 40 Pfg.
für die Person erhoben, bei Miete einer ganzen Vortrags-
oder Führungsreihe dagegen nur 30 Pfg. Die Miete ge-
währt auch den Vorteil, dass sie und zwar nur sie ein
Anrecht auf nummerierte Plätze gibt. Die Ziele der Volks-
hochschule sind mannigfaltig. Eine Erweiterung und Ver-
tiefung der Berufsbildung wird in manchen Fällen erzielt
werden, ist aber nicht der Hauptzweck. Dagegen wird in
erster Linie eine Erweiterung der allgemeinen Bildung und
im Zusammenhang damit die Entfaltung und Weiterent-
wicklung geistig angeregter Persönlichkeiten aller Berufs-
stände angestrebt. Das den Volkshochschulbestrebungen oft
entgegengeschleuderte Schlagwort von der „Halbbildung“ ist
ein falsches Schlagwort. Wie viel von unseren heutigen
„Gebildeten“ sind ausserhalb ihres Berufskreises „allgemein
gebildet“? Unter wahrer Bildung darf man überhaupt
nicht den Besitz umfangreicher Kenntnisse auf allen mög-
lichen Gebieten verstehen, sondern nur die Fähigkeit, auch
ausserhalb des eigenen Berufskreises geistigen Bestrebungen
und Strömungen Teilnahme und verständnisvolle Wertung
entgegenzubringen. Und das kann bei geeigneten Persön-
lichkeiten auch ohne ausgebreitete Fachkenntnisse, bei Un-
geeigneten überhaupt nie erreicht werden. Um diesen
Zielen nachzustreben ist es wesentlich, dass die Vorträge
von Männern gehalten werden, die allgemein verständlich
sprechen können, den Gegenstand aber wissenschaftlich durch-
dringen und beherrschen. Deswegen ist die Anlehnung an
eine eigentliche Hochschule empfehlenswert.
Gelingt es, uns unser Ziel zu erreichen, so würden wir
dadurch nicht nur das gegenseitige Verständnis zwischen den
verschiedenen Gruppen unseres Volkes erhöhen und sozial
versöhnend wirken, sondern auch seinen geistigen Inhalt und
damit hoffentlich auch seinen sittlichen Halt verstärken.
Irgend welche politischen Bestrebungen sind dagegen in
der Volkshochschule ganz auszuschalten, obwohl wir uns
nicht verhehlen, dass es bei manchen Vertragsgegenständen
für den Lehrer schwierig sein kann, seinen eigenen Stand-
punkt völlig unparteiisch darzustellen. Es ist aber seine
Pflicht, es soweit als irgend möglich zu tun. Denn in dem-
selben Augenblicke, wo die Hörer den Eindruck gewinnen
würden, dass man sie politisch beeinflussen wollte, wäre die
Volkshochschule gescheitert.
Die Heidelberger Volkshochschule wird absichtlich ihre
Tätigkeit zuerst nur in bescheidenem Masse entfalten. Wenn
es sich aber herausstellt, dass für ihre Veranstaltungen-ein
wirkliches Bedürfnis dauernd vorhanden ist, so wird sie
bestrebt sein, sich mehr und mehr zu entwickeln. Ja, sie würde
dann auch geneigt sein in ähnlicher Weise, wie das in den
skandinavischen Ländern in so grossem Umfange und mit
 
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