Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zum Gedächtnis Bernhard Erdmannsdörffers

25

blindes“ gegeben, in welcher er „mit freudigem Stolze“ darauf hinwies,
„dass an jenen denkwürdigen letzten Versuchen, das alte, deutsche Reich
und seine Verfassung noch einmal zu regenerieren in Anknüpfung an
die Kontinuität seiner Geschichte und an die vielleicht noch lebensfähigen
Elemente in ihr, der badische Staat und sein Fürstenhaus einen auf-
richtig gemeinten, von wahrem Patriotismus beseelten ehrenvollen An-
teil gehabt haben.“

Im übrigen hat er der grossen Publikation bis zum Schlüsse sein
Interesse bewahrt. So veröffentlichte er als Neujahrsblatt für 1893 die
„Reiseberichte eines österreichischen Kameralisten über das badische Ober-
land im Jahre 1785“ und noch in seinem letzten Jahre hat er noch ein-
mal „seinem Reitzenstein“ sich zugewendet und für die Anfänge von
dessen Wirksamkeit einen interessanten Beitrag geliefert. So hat ei-
serner neuen badischen Heimat und dem Genius loci treulichst den Tribut
geleistet. In diesem Zusammenhänge dürfen wir auch seine kleinen Bei-
träge zur Goethe-Biographie betrachten, die er in den „Neuen Heidel-
berger Jahrbüchern“ veröffentlicht hat. Die beiden kleinen Kabinets-
stücke bilden eigentlich einen Torso. Er hatte noch einige weitere Stu-
dien gleicher Art im Auge. Vor Allem hatte ihn der Argwohn interes-
siert, mit dem man in der Hofburg zu Wien Goethes Reise nach Italien
betrachtete und dieser Sängerfahrt unbedingt politische Bedeutung bei-
legen zu müssen glaubte. Nicht minder fein ist das Bild, das er von
dem italienischen Zeitgenossen Goethes, dem Vittorio Alfieri, dem Schöpfer
der neuen italienischen Tragödie gegeben hat. Auch die geistvolle Ver-
quickung der Persönlichkeit mit der historischen Entwickelung des Volkes
kommt vortrefflich heraus. So zeigt er ihn als „eine starke vollmänn-
liche Natur in einem verkommenen schwächlichen Zeitalter“, als „einen
Propheten der Freiheit, deren Namen ausgelöscht und vergessen war,“ als
den „hochgesinnten Patrioten, dessen dämmernde Ideen einer nationalen
Wiedergeburt Italiens den Ausgangspunkt bilden für die neuere Geschichte
dieses Landes und seines Volkes“.

In dem „Zeitalter der Novelle in Hellas“ hatte Erdmannsdörffer es
als eine Sache von nicht geringem Interesse bezeichnet, die Biographie
der „Novelle von den drei Ringen“ zu erzählen. Er ist selbst auf den
Gedanken zurückgekommen und hat diese Biographie in einem feinen
und weitsichtigen Vortrage niedergelegt, der im Jahre 1897 gehalten,
freilich noch der Drucklegung harrt.

Im Jahre 1894 hatte sein Schwager Max Lenz jene bedeutsame Ab-
handlung über „Marie Antoinette im Kampfe mit der französischen Re-
 
Annotationen