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Pfalzgräfin Elisabeth

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höchster Glückseligkeit. Und daneben die „Melancholie“ : Eine geflügelte
Erauengestalt, voll düsterer Schwermut, ein Genius, der emporsteigen
möchte zu den höchsten Zielen der Erkenntnis — aber des starken
Denkens und des freien Willens Flügelkraft ist gelähmt durch die
Gewalt eines unüberwindlichen Gesetzes, aber auch die Ruhe der Seele
ist dahin. Glauben und Wissen, Offenbarung und Vernunft im ewigen
Ringen, das sind auch die tiefen unüberwindlichen Gegensätze im Leben
der Äbtissin von Herford. Die Korne aber, die an ihrer Wiege auf
dem Schlosse zu Heidelberg gestanden, in jenem verhängnisvollen Jahre,
als die ersten Wetterzeichen den grossen Krieg verkündigten, hat ihr
mit einem starken Denken auch ein tiefes Seelenleben, einen schwer-
mütigen Zug als Erbteil mitgegeben, als eines von den vielen Loosen,
die dem schicksalsvollen Geschlechte Friedrichs V. bestimmt waren.
Jene düstere Frau, die Dürer uns so ergreifend dargestellt hat, sass
auch an der Pforte, die zum höchsten Gute, zur Glückseligkeit führen
sollte. Diese Melancholie hat, wie uns Liselotte in ihrer derben
Weise andeutet,1) den erhabenen Geist dieser pfälzischen Prinzessin mit
einem leichten Schleier umgeben, noch ehe der Tod ihr den Stab einer
Äbtissin aus der Hand nahm. Von den „Devoten“ allein hat sie dieses
Erbe nicht erhalten.2) William Penn erklärte sie einmal: „Es ist so
schwer, die Grundsätze zu befolgen, davon man überzeugt ist, aber
ich fürchte, die Kraft meines Geistes ist nicht stark genug.“

Das sagte Pfalzgräfin Elisabeth, die einst in jugendlichem Gedanken-
fluge den schwierigsten Problemen Descartes’scher Philosophie gefolgt war.

1) Briefe herg. v. Holland (Publ. d. litt. Ver. Bd. 132) S. 177.

2) „Elle avoit ete entournee par des gens dont la devotion melancolique luy
avoit ete un martyre et l’avoit fort ennuyee, luy ayant empeche tonte sorte de re-
ereation.“ Memoiren der Sophie (1679) S. 133.
 
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