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162

F. Ed. Schneegans

Joignant d’elle, pres m’acouter1)

Et ainsi m’aloit amüsant
Et me soufroit tout raconter,

Mais ce n’estoit qu’en m’abusant“.

Dieser Liebeskummer — überall nennt man ihn „l’amant remys
et regnye“ — hat ihn zu Tode verwundet und auf seinen Grabstein
lässt er die Worte schreiben:

Cy gist et dort en ce sollier2 3)

Qu’ Amours occist de son raillon
Ung povre petit escollier

Qui tust nomine Francois Villon . . . (Gr. Test. Str. CLXY.)

Den unglücklich Liebenden widmet er folgende Strophe voll zar-
testen poetischen Eeizes:

Item donne aux amans enfermes 4)

Sans le lay maistre Alain Chartier5)

A leur chevez, de pleurs et larmes
Trestout fin plain un benoistier
Et ung petit brin d’esglantier
Qui soit tout vert, pour goupillon6)

Pourveu qu’ilz diront ung psaultier

Pour l’ame du povre Villon. (Gr. Test. Str. CLV.)

Yillon’s Werke zerfallen in lyrische Gedichte, von denen er einen
Teil in sein Hauptwerk kunstvoll verwoben hat, und zwei grössere Dich-
tungen, „les Lais“, „le Testament.“7)

Beide Testamente sind in Strophen von je acht Achtsilbnern ver-
fasst, deren einfache, festgefügte Form den Dichter zwingt, sich kurz
zu fassen und im Allgemeinen vor den nichtssagenden Formeln und
der Weitschweifigkeit wahren, der nur wenige Dichter des Mittelalters
entgehen.

Er beginnt sein erstes Testament, die „Lais“, mit der feierlichen
einleitenden Formel, erklärt dass er Paris verlässt, um den Banden einer
unglücklichen Liebe zu entfliehen und vorher zu Weihnachten, zur Zeit

1) Mich ihr nähern, mich an sie anlehnen (Text nach G. Paris, Villon p. 41).

2) Söller, die Kapelle von St. Avoye, die Villon scherzend sich als Begräbnis-
stätte aussucht und die in einem oberen Stockwerke sich befand.

3) Geschoss.

4) Krank.

5) Gefeierter lyrischer Dichter des XV. Jahrhunderts (c. 1385 bis c. 1430 siehe
Piaget, Romania XXX, 316—51).

6) Weihwedel.

7) Eine genauere, historisch begründete Einteilung der Werke Villon’s gibt
G. Paris, Villoniana (Rom. XXX, S. 355 f.)
 
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