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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — N.F..1927

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Fehrle, Eugen: Johann Jakob Bachofen und das Mutterrecht: nach einem Vortrag im hist.-philos. Verein Heidelberg am 29.11.1926
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https://doi.org/10.11588/diglit.41963#0125
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„Nebel von Tränen“ und die helle Heiterkeit des Olymps konnte
ihr nicht beschieden sein.
Als in Griechenland Handel und Industrie große Blüte brach-
ten, mußte die bäuerische Gottheit des Erdbodens immer mehr in
den Hintergrund treten.
Die griechische Erdmutter-Verehrung läßt sich also aus der
Geschichte der vaterrechtlichen Kultur der Griechen erklären, wir
brauchen keinen Wandel von Mutterrecht zu Vaterrecht voraus-
zusetzen.
Verehrer Bachofens, am schärfsten L. Klages „Der kosmogoni-
sche Eros“, S. 240, aber auch Bernoulli, „J. J. Bachofen und das
Natursymbol“, S. 163ff. wenden sich gegen Albrecht Dieterich,
der in seinem Buch „Mutter Erde“ Bachofen gar nicht nennt. Da-
bei werden sie meines Erachtens Dieterich nicht gerecht. Sie ver-
missen bei ihm eine umfassende Behandlung des ganzen Pro-
blems im Sinne Bachofens. Aus dieser Voraussetzung und For-
derung ist ihr Urteil gegen Dieterich verständlich.
Dieterich wollte aber etwas anderes als Bachofen. Alles Zu-
sammenschauen von Ideen, die nicht philologisch erweisbar seien,
lag ihm fern. Dessen war er sich wohl bewußt. Bei Uebernahme
der Leitung des Archivs für Religionswissenschaft (Band VII)
hat er es auch klar ausgesprochen. Dabei war er nicht etwa gegen
eine philosophische Betrachtung dieser Fragen. Aber er erachtete
sie nicht als seine Aufgabe. Ihm lag daran, philologisch .die
Ueberlieferung des Glaubens der Alten an die Mutter Erde fest-
zustellen und daraus ein Bild des geschichtlichen Werdens dieses
Glaubens zu geben.
Daß er die Tiefen menschlichen Empfindens, in welche der
Glaube an die Mutter Erde führt, und die ungeheure Weite der
damit verknüpften Ideen ahnte, das wissen alle, die das Glück
hatten, mit ihm über diese Fragen zu sprechen, während er sie
bearbeitete; das zeigen auch einzelne Beobachtungen und die ge-
hobene Sprache der „Mutter Erde“ im Vergleich zu anderen seiner
Schriften.
Zur selben Zelt wie Dieterich hat sich ein anderer Philologe,
Hans von Prott, mit den Muttervorstellungen in der Religion
beschäftigt. Er ließ sich durch Ideenzusammenhänge, wie sie
Bachofen erörtert hatte, in allzuweite Fernen führen und wurde
von ihrer Wucht erdrückt18.

18 Archiv f. Rel. Wiss. IX, 1906, 87 ff.
 
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