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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — N.F..1927

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Fehrle, Eugen: Johann Jakob Bachofen und das Mutterrecht: nach einem Vortrag im hist.-philos. Verein Heidelberg am 29.11.1926
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https://doi.org/10.11588/diglit.41963#0126
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Dieterichs Art war es nicht, sich in so unermeßliche Weiten zu
verlieren. Er machte da Halt, wo für ihn als Philologen die Gren-
zen der Deutbarkeit aufhörten, wo Eingebung und Ahnung wei-
terführen müssen.
Das mag die Deutung dafür geben, daß Dieterich zwischen
seinen und Bachofens Forschungen einen so scharfen Schnitt
machte.
Wenn Dieterich es als seine Aufgabe angesehen hat, kein re-
ligionsphilosophisches Werk zu schreiben, sondern die Geschichte
des Glaubens der Griechen und Römer an die Mutter Erde zu ge-
ben, soweit sie auf Grund der Interpretation der Schriften und
Denkmäler zu erkennen ist, so hat er mit dieser Abgrenzung das
erfüllt, was in neuester Zeit als Aufgabe des Philologen bezeich-
net wird, der sich mit Mutterrecht und Bachofen beschäftigt.
Schröter, Salin und andere empfehlen, die philologische und die
geschichtsphilosophische Behandlung dieser Probleme zunächst
getrennt durchzuführen. Dabei werden die Ergebnisse der philo-
logischen Bearbeitung wichtige Grundlagen sein für die philo-
sophische Bewertung.
Doch genug der Einzelheiten. Sie im Ganzen zu erörtern, ist
in dem mir gesteckten Rahmen unmöglich; da schien es mir besser
zu sein, einzelne Punkte herauszugreifen, soweit sie methodisch
Fingerzeige geben können, wie die Forschung zu gehen habe, als
nur eine Uebersicht zu versuchen.
Schöne Aufgaben hat hier die Philologie zu lösen. Ohne die
philologische Unterlage wird die Weiterarbeit an den von Bach-
ofen gestellten Problemen vielfach gar nicht möglich sein. Der
Philologe aber, der sich mit Nachrichten über Mutterrecht in der
Antike beschäftigt, muß einen Ueberblick über das Ganze haben
und Sinn für das Problem überhaupt, oder wie Bachofen es ge-
fordert hat, er muß zuerst eingedrungen sein in die Gedanken-
welt, der die Einzelerscheinungen zugehören.
Bei strenger philologischer Sichtung wird vieles von dem zu
streichen sein, was Bachofen in das Gebiet des Mutterrechts ein-
geteilt hat. Sein großes Verdienst aber bleibt bestehen: er hat
der Wissenschaft die Augen geöffnet für diese Probleme.
Nachtrag. Nach Abschluß meiner Arbeit erschienen die gehaltreichen Artikel
von Thurnwald über Mutterbruder, Mutterfolge, Mutterrecht in Eberts Reallexikon
der Vorgeschichte.
 
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