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Herfarth, Christian [Hrsg.]; Bartsch, Helmut [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Gesundheit — Berlin, Heidelberg, New York, 50.2006 [erschienen] 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.3464#0014

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2 Christian Herfarth

gaben des Staates, dem einzelnen Bürger eine persönliche Gesundheitsverant-
wortung und Risikoabsicherung zu übertragen. Dies betrifft vor allen Dingen
auch selbst verantwortete Risiken wie Extremsport, gesundheitsschädigendes
Verhalten (z. B. Rauchen). Der Sozialstaat tritt nach dem Solidaritätsprinzip bei
Härtefällen ein. Das Solidaritätsprinzip gilt auch für die Situation von ererbten
Gesundheitsrisiken, die sich heute neben der familiären Anamneseerhebung
durch molekulargenetischen Nachweis freilegen lassen. Hier ist es ethische Ver-
pflichtung der Gesellschaft, die Kosten der Prävention und eventuell Therapie
durch die Grundversorgung zu übernehmen.

Ein entsprechendes Gesundheitssystem hat die Schweiz bereits längere Zeit.
Es sieht Gesundheitsgrundleistungen vor, die eine differenzierte Versorgung
der individuellen eigenen Versicherungs- und Absicherungsinitiative über-
lässt, wobei Härten auch abgesichert sind. Ähnlich ist das Gesundheitssys-
tem in Österreich. Jüngst haben die Niederlande rigoros die Auswüchse der
überbordenden Gesundheitsversorgung ebenfalls beschnitten.

Die immer wieder geschilderten enormen Ausgabenanstiege in der allge-
meinen Gesundheitsfürsorge sind nicht allein auf den medizinischen Wissens-
fortschritt und neue teuere (Bio-)Techniken und Therapien zurückzuführen,
sondern ganz entscheidend auch auf laufende Leistungsausweitungen und
-Verteuerungen bei unzureichenden Steuerinstrumenten staatsgesteuerter
Körperschaften als Monopolsystem. Die Daten des englischen Office of Health
Economics sagen aus, dass - hätte sich die Medizin seit 100 Jahren nicht geän-
dert - die Kosten nur 1 Prozent des gegenwärtigen Gesundheitshaushaltes be-
tragen würden.1 In den letzten zehn Jahren hat sich anstelle des Begriffes Ge-
sundheitsfürsorge ebenbürtig die amerikanische Bezeichnung „Public Health"
durchgesetzt. Vom Inhalt her sind die Begriffe gleich, wenn auch der deutsch-
sprachige Begriff noch mehr in der verwaltungstechnischen Sprache und Pub-
lic Health in akademischen Einrichtungen sich durchgesetzt hat. In den neun-
ziger Jahren des letzten Jahrhunderts hielt Public Health Einzug in die Medizi-
nischen Fakultäten als Unterrichtsstoff. Die Grundinitiative ging einerseits von
den Medical Schools in den USA aus, wobei gleichzeitig eine Differenzierung
zwischen den Medizinschulen mit hochkarätigem Public-Health-Unterricht
und entsprechender angewandter Forschung und Versorgung und anderer-
seits den Medizinischen Fakultäten mit einer klaren Aufgabe zur Translations-
forschung aus der Basiswissenschaft heraus unterschieden wurde. Der Anteil
der Medizinschulen in den USA mit dem Public-Health-Auftrag ist deutlich
größer als derjenige der Medizinhochschulen mit enger Verbindung zu Grund-
lagenforschung, Biomedizin, Biotechnologie und dem entsprechenden Auf-
trag zum Wissenstransfer in die Klinik. Die forschungsintensiven theoretisch-
klinisch-praktischen wissenschaftlichen Gruppen setzen auch entsprechen-

Heidelberger Jahrbücher XLI (1997): 163-173: H.G.Sonntag „Wissenschafts-Technologie und
Gesundheits-Ökonomie-Management".
 
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