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Herfarth, Christian [Hrsg.]; Bartsch, Helmut [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Gesundheit — Berlin, Heidelberg, New York, 50.2006 [erschienen] 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.3464#0038

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26 Thomas W. Kraus

Krankenhaus. Sie haben damit aber gleichzeitig auch erhebliche Auswirkun-
gen auf die klinische Patientenversorgung und langfristig vermutlich auch auf
Ethik und Kultur der Institution Krankenhaus. Wie diese Veränderungen letzt-
lich mit Blick auf die Ziele des deutschen Gesundheitssystems gewertet wer-
den müssen, kann heute noch nicht abschließend beantwortet werden. In einer
Übersicht wird versucht, die Veränderungsdynamik der Bedingungen für Leis-
tungserbringer, die Effizienz-Definition, hieraus abgeleitete Veränderungen in
Krankenhäusern sowie sekundäre Auswirkungen auf die Organisation der Pa-
tientenversorgung zu beschreiben.

Wozu braucht man Krankenhäuser ?

Die Veränderungsdynamik im Gesundheitswesen hinterfragt gegenwärtig
selbst die Existenz der Institution Krankenhaus, besonders in Deutschland
mit seinem dichten Netz an niedergelassenen Fachärzten. Jüngst stellte der
Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen die
Frage: „Wozu und für wen braucht man überhaupt noch Krankenhäuser?"
Die Antworten auf diese Frage gruppieren sich um verschiedene Kriterien:
das Erfordernis von auf komplexer Technologie basierender Diagnostik und
Therapie, das Erfordernis von enger, räumlich verbundener interdisziplinärer
Zusammenarbeit und einer kontinuierlichen Patientenüberwachung, Thera-
pie oder intensiver Pflege. Soweit herrscht weitgehend Konsens. Die Zahl und
Lokalisation der hierzu erforderlichen stationären Versorgungsinstitutionen
ist allerdings kontrovers. Sie ergibt sich letztlich nur aus einer politischen
Güterabwägung als Kompromiss zwischen Ansprüchen an Patientenkomfort
(Wohnortnähe der Versorgung) sowie Ansprüchen an Ökonomie und Qualität
der Krankenhausorganisation.

Die Reorganisation der stationären Krankenversorgung erhält zusätzlich
durch politisch als disruptive Innovationen wirkende Regulationen eine wei-
tere Dimension: Viele der Strukturmerkmale des konventionellen Kranken-
hauses lassen sich potentiell auch im ambulanten Sektor durch komplementäre
Praxisverbünde als „Gesundheitszentren" organisieren. Diese Zentren unter-
scheiden sich von konventionellen Krankenhäusern nur noch durch die nicht
vorgehaltenen Hotelfunktionen. Mit dem GKV-Integrationsgesetz wurden die
Grundlagen hierzu erstmals geschaffen. Ein Umsetzungstrend ist schon klar
erkennbar. Diese Reformen führen aktuell zu einer Dynamik in der deutschen
Krankenhauslandschaft und erfordern eine Neupositionierung vieler Häuser

[3].

Wozu und für wen braucht man überhaupt noch Krankenhäuser? Fast im-
mer wird bei der Beantwortung der obigen Frage zudem von der lobbyistischen
Grundannahme des Fortbestands der bisherigen deutschen Konvention ausge-
gangen, wonach sich Krankenhäuser überwiegend auf stationäre medizinische
Behandlungen zu beschränken haben. Der Umkehrschluss ist allerdings bes-
 
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