Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Volksblatt (2) — 1869

DOI Kapitel:
Nr. 2 - Nr. 9 (6. Januar - 30. Januar)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44492#0013
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
eine Ohrfeige giebt, eine ganz gerechtfertigte Antwort

ſich jedoch wieder.

men laſſen?ꝰ ö

rief gleichzeitig:
„Fröken“, Herr Magiſter Uleſen. Bin keine Dänin,

8*

Der ſo thätigen Antheil an dem Aufruhr nahm, deſſen
Sohn ſogar gegen ſeinen Herrn und König focht und-
dann flüchtete?
dachte nicht daran, daß — —“ Er brach ab und drehte
ſich nach der Hausfraui ummmemmm.
Sie hatte das Zimmer verlaſſen. —
VHabe mich ſchon ſo oft gewundert, wovon der
Menſch lebt, fügte er dann hinuu. *

Aber ich bitte um Entſchuldigung,

Hilda war im Begriff, hinaus zu gehen, wandte

„Sein Sohn!“ Er zuckte die Achſeln. „Fröken

ö Hilda, meinen Sie, daß wir Briefe eines ſolchen Nuf-

rührers in's Land, oder vielmehr an ihre Adreſſe kom-

Ellſtädt machte eine Bewegung.
es um ſeine Mundwinkel und doch auch wie Zorn und

Schmerz. „Hm ja, verſteht ſich — Niemand darf und

kann Verbindungen mit einem Geächteten unterhalten!“
murmelte er ironiſch. —
Es ging den beiden Anderen verloren, denn Hilda
„Nennen Sie mich gefälligſt nicht

ſondern eine ſimple Schleswigerin, die das deutſche
Fräulein lieber hört.“ Damit ſchloß ſie die Thür
hinter ſich. Die Kleine war ihr ſchon vorausgeeilt
zur Großmutter, um gleich eine Geſchichte zu erbitten.
„Du ſiehſt, Ellſtädt, es geht nicht anders; ſie iſt zu
eigenſinnig, ich muß dieſen Trotz erſt brechen.“ Uleſen
ſprach in der Aufregung lauter, als er ſonſt zu der-

gleichen vertraulichen Mittheilungen geeignet hielt. „Das
Sicherſte iſt, wie ich vorhin ſagte, ſie öffentlich, vor

all' den Leuten, die an und auf dem Möwenberg ver-

ſammelt ſind, zu umarmen und zu küiſſen.“
Micht ſo laut, Uleſen.

ö Und wenn ſie Dir dann,
wie ich vorhin bemerkte, öffentlich, vor all' den Leuten,

auf ein ſolches Attentat? Reſolut genug iſt ſie dazu.“
„Ah bah, ſie wird zu überraſcht ſein. Und hält

alle Welt ſie einmal für meine Braut, ſo hört ihre

Sprödigkeit natürlich von ſelber auf. Man muß die
Weiber nur zu behandeln wiſſen. Giebt Deine Frau

nicht nach, nun Du entſchieden auftrittſt?“
Ellſtädt lachte heiſer und faßte mit der Hand nach

dem Papier in ſeiner Bruſttaſche.

Sortſetzung folgt,)

Aehnlichkeit.

ö Einer der reichſten engliſchen Lords, der ſich eben
in Paris aufhält, wurde vor einigen Wochen auf der

Straße von einem Regenguſſe überraſcht und ſah keine

andere Rettung, als in den erſten deſten Cab zu ſprin-

ter, kucke ſch r. der bei dieſem Wagen hoch oben

* — * — * „
* 7* — — — —
* — e.

ö „Meinen Sie, daß er nicht Freunde
hat? Oder wird ſein Sohn ihn darben laſſen?C“

Wie Spott zuckte

küt, bldte ſich zu dem Fremden herab und fragte,


*
3
*

V

wohin er ihn fahren ſolle. Der Engländer drehte ſich

um und konate einen Ausruf der Verwunderung nicht

unterdrücken, ſo daß er ſelbſt auß die wiederholte Frage
des Kutſchers keine Antwort gab. „Wie heißt Du?“

fragte endlich der Lord. — „Georg!“ — „Treibſt Du

dies Geſchäft aus Liebhaberei?“ — „Nein; die Noth
zwingt mich dazu.“ — „So gäbſt Du es wohl auf,
wenn ſich eine paſſende Gelegenheit dazu böte?“ —
„Ich bin Familienvater und mußarbeiten!“ — „Wenn
ich Dir nun aber ſo viel gäbe, daß Du leben köunteſt

ohne zu arbeiten?“ — „Sie ſpotten!“ — „Keineswegs.

Sag', wie viel gebrauchſt Du um müſſig gehen zu
können?“ — Der Kutſcher lächelte dumm und der
Lord fuhr fort: „Glaubſt Du, ich würde Dich mit

dem Geſichte, das Dir die Natur gegeben hat, länger

in Deiner Stellung laſſen, die mich in meinem Theuer-
ſten herabwürdigt?“ Sag' alſo an, was verlangſt Du?“
— Der Kutſcher glaubte es mit einem völlig verrück-
ten Engländer zu thun zu haben, er lächelte alſo im-
mer nur ohne zu antworten. „Wenn ich Dir Deine
Arbeit abkaufen wollte,“ fuhr der Engländer erzürnt
fort, würdeſt Du Deine Vedingungen längſt geſtellt
haben; da ich Dir aber das Nichtsthun bezahlen will,
findeſt Du keine Worte: Sind tauſend Francs genug?“
„Das iſt wenig,“ entgegnete der Kutſcher, ohne im
Mindeſten zu ahnen, wo hinaus der Engländer wollte.
„Für noch einmal ſo viel würde ich nicht Nein ſagen.“
— „Gut, zweitauſend Francs!“ ſagte der Engländer;
dann riß er ein Blatt aus ſeinem Rotizbuche und
ſchrieb darauf an ſeinen Bankier: „Haben Sie die
Gefälligkeit, für den Menſchen, der Ihnen dies über-
bringt, für zweitauſend Francs Renten zu kaufen.
Für dieſes Geld macht er ſich verbindlich, erſtlich ſich
anſtändig zu kleiden und dann für alle Zeit jedem
Geſchäfte zu entſagen, das zu dem Vermögen nicht
paßt, welches ich ihm geben will und das er ſeiner
glücklichen Phyſiognomie verdankt.“ Dies übergab er
dem Kutſcher und ließ ſich bei dem nächſten Kaffees
hauſe ausſetzen. Georg wußte erſt nicht, was er denken
ſolle, unterließ es aber doch nicht, den Gang zu dem
bezeichneten Bankier zu thun. da er hoffte, wenigſtens
die Löſung des Räthſels oder der Myſtication zu er-
ſahren. Zu ſeiner großen Verwunderung nahm der

Bankier die Sache ganz ernſthaft und beſtellte ihn für

den nächſten Tag wieder, um die Renten in Empfang
zu nehmen und ſich ſchriftlich zu verpflichten, die Be-
dingungen unter denen er das Geld erhalten, treu zu
erfüllen. Später ging er mit Frau und Kindern zu

dem Engländer, um für die ihm erzeigte Wohlthat zu

danken. Dieſer frühſtückte eben mit einem Freunde,

dem er erzählte: „Das Geſicht des Mannes da koſtet

mir jährlich 2000 Francs!“ — Sie ſcherzen! Warum?“ —
„Damit er durch ſeinen Stand nicht länger das edle

Antlitz meines Vaters verunehre. Woher er die auf-

fallende Aehnlichkeit mit einem engliſchen Peer hat,
mag der Himmel wiſſen!T 2
 
Annotationen