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Heidelberger Volksblatt (2) — 1869

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Nr. 2 - Nr. 9 (6. Januar - 30. Januar)
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Sü den 13. Damar 1863.

2. don

ö Mittwoch und Sampag.

Preis monatlich 13 kr.
und ber den Trägern

Einzelne Nunmer à 2 kr.
Auswärts bei den Landboten und Poſtanſtalten.

Man abonnirt in der Druckerei, Untereſtr. 0



Möwenpriis.
Eune ſchleswig' ſche Geſ chichte von Maria v. Roskowsk a.
Cortſezung * ö

II.

In ſiegender Haſt hatte Halene einige geilen ge-
ſchrieben und eilte in die Küche, um dort zu ſiegeln.

Sie war ſehr bleich.
ö Mit glühendem Geſicht trat Hilda ein und ſchaute
ſich nach dem Dienſtmädchen um; es war nicht da.
„Dieſe Schändlichkeit? Helene, wüßteſt Du, was bei
dieſem Möwenpriis beabſichtigt wird!“
„Sie ſchrieb auf dem Herde die Aufſchrift. „Ich
weiß — war nebenan — in Ellſtädts Zimmer.“
„Dieſe Schändlichkeit!“ wiederholte ſie. „Natürlich
bleibe ich nun zu Hauſe!“
„Ich darf das leider nicht, darf Ellſtädt nicht zu-
widerhandeln *
ö ö Oroß und verwundert hob Hilda den Blick. „He-
lene!“
„Was Dich auch zu dieſer Willfährigkeit veranlaſ-
ö ſen mag, Du begreifſt, daß ich der nichtswürdigen Ab-
ſicht Uleſen's —“ Sie unterbrach ſich und fügte raſch
hinzu: „Das heißt, ich gehe mit Anna voran.“
Die Augen der Schweſtern begegneten ſich einen
ö Moment verſtändnißvoll.“

„Es iſt wohl am beſten, da wir jeden Eclat ver-

meiden müſſen. Eine Bitte, Hilda; die Beſtellung
eines Briefes, dieſes Briefes. Er iſt von Werth und
Niemand darf davon wiſſen.“
„Ah!“ Hilda hatte einen Blick auf die Adreſſe ge-
worfen. „Jetzt begreife ich!⸗
ließ ſie verſtummen.
Wieder begegneten ſich die Blicke der Schweſiern.
ö Sie verſtanden einander auch ohne Worte.
„Früher beſorgte es Trientje. Jetzt —? Ich ſel-
ber kann nicht und wünſche auch nicht, daß man Dich
dort ſähe.“ Helene ſprach leiſe. „Doppelte Vorſicht
iſt nothwendig, weil er geſchont werden muß, nicht ahnen
wart, daß ich — —
Die Jüngere faßte warm ihre Hand.
Dein Vertrauen. Sei verſichert, daß ich es rechtfer-
tige. Weiß ſchon, wie ich's anfange. Sie ſchien ihre
eigenen Angelegenheiten-vergeſſen zu haben, nur an
dieſen Auftrag und ſeine Ausführung zu denken.

Der Eintritt der Magd

„Dank für

Anna ſprang herein.
o gern mit!“
„Geh' zum Vater, ich komme nach. Sie verließ
die Küche, wandte ſich dann mit einem Augenwink nach
der Zimmerthür zu der ihr folgenden Schweſter. „Na-
türlich haben wir nichts gehört.“
In Hilda erhielt der Gedanke an das gegen ſie be-
abſichtigte Attentat wieder die Oberhand. Doch erregte
es jetzt nicht, wie vorhin, ihren Zorn ihre Verachtung.
Mit den aufquellenden Thränen Tämpfend fiel ſie der
Schweſter um den Hals. Liebkoſend, beſchwichtigend,
ſtrich Helene über ihr blondes Haar. ö
„Muth, Hilda! Keine Schwäche.
einmal Zeit zu einer ſolchen.“
„So unglücklich, ſo ſchutzlos und verlaſſen zu ſein!“
ſchinchte Hilda leiſe
„Nicht Du, Hilda, nicht Du, ſo Gott will!“ ö
„Du freilich auch und wir Alle — das ganze Land.
Gleichen wir nicht den Inſaſſen des Möwenbergs?“
„Aber noch iſt es nicht Möwenpriis. Du wenig-
ſtens biſt ihnen nicht preisgegeben auf Gnade oder
Ungnade. Was an mir liegt, zu hindern, daß es je-
mals ſo weit kommt, ſoll gewiß geſchehen. Nach die-
ſem niederträchtigen Plan erſt recht.“
Ihre Entſchloſſenheit überraſchte Hilda und richtete-
auch ſie auf. „Freilich, ein Unterſchied zwiſchen mir
und den jungen Möwen iſt allerdings! bin wenigſtens
flügge!“ Sie lächelte wieder. Der Vergleich war auch
zu komiſch.
„Noch eins! Lollfuß Nr. —“ Leiſe gab ſie noch
Auskunft über die Dich ſchn des Adreſſaten. „Heuie
Abend mehr; mache Dich ſchnell zurecht!“ Dann trenn-
ten ſie ſich.
„Gut, daß Du kommſt, Thyrachen. Der Primaner
Thomſen iſt alſo Dein und Tante Hilda's Freund?“
„Das wollte ich meinen. Mir hat er es oft ge-
nug geſagt. Der Tante nicht, man merkt es aber
doch.“
„Ja, Du biſt ein kluges Kind. Woran merkſt Du
es denn, Thyrachen?“
Sie war wirklich ein kluges Kind, ſah daß die
überaus große Freundlichkeit, womit er zu ihr redete,
nur ſchlecht den Unmuth verhüllte, den ihre Antwort
hervorgerufen hatte. Sie ſchwieg daher.
„Wo trefft Ihr Euch immer?“
Schelmiſch lächelnd ſchaute ſie auf, antwortete jedoch

„Ach Mutter, 10 möchte doch

Wir haben nicht

nicht.

Uleſen warf ihrem Vater einen zornigen Blick zu.
 
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