Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Volksblatt (2) — 1869

DOI Kapitel:
Nr. 2 - Nr. 9 (6. Januar - 30. Januar)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.44492#0027
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 7.

Sanſn den 23. Januar 1863.

28 ym

erſcheut wie/ und Samſta z. Preis monatlich 12 kr. Einzelne Nummer à 2 kr. Man abonnirt in der Daadan, I 9

und bei den Trägern

——

Auswärxts bei den Landboten und Wokanſtalken.

Mowenpriis.
Eine ſchleswig ſche Geſchichte von Maria v. Ros kowsta.
(Cdortſezung. 0)
Er hatte inzwiſchen eine blaue Brille aus dem Hut
genommen, dieſen und jene auſgeſetzt.
noch weniger in ſeinen Zügen leſen als vorher. Hilda
ſah nur, daß ſeine Blicke aufmerkſam auf dem Kinde
ruheten.
„Meine Schweſtertochter,“ tellte ſie vor.

Das ſtarke Schießen auf der Inſel nahm die Auf-
merkſamkeit der Kleinen in Anſpruch. Geſpannt ſchaute

ſie hinab und wäre am liebſten auch dort geweſen.

Die beiden Andern traten etwas zurück.
„Dieſen⸗ Angenblick würden Sie Herrn Milberg
ö nicht zu Hauſe treffen, er iſt hinab zum Möwenpriis.
Wollen Sie ihn vielleicht aufſuchen??—
Er machte eine abwehrende Bewegung und ließ ſich
„genau das Haus bezeichnen, in welchem der Genannte
vohrte⸗ —
„Wenn Sie ihn lange nicht ſahen, werden Sie ihn
übrigens ſehr verändert finden, traurig verändert.“

Bart und Brille vermochten nicht ganz das Zucken
ſeiner Lippen, den angſtvoll geſpannten Blick zu ver-

bergen. „Wie meinen Sie das? Ihr Ton iſt. ſo ſon-
derbar.“ Seine Stimme zitterte.
Mit ſich ſelber beſchäftigt fiel ihr das nicht auf.
Vebrigens war es ganz natürlich, daß ein alter Freund
den lebhafteſten Antheil an dem Geſchick des Unglück-
lichen nahm. „Sichere Auskunft kunn ich Ihnen nicht
geben; da Sie unſere Verhältniſſe kennen, wiſſen Sie
wohl, daß wir keinen Verkehr mit Milberg haben kön-
nen. Kränklich iſt er ſchon längere Zeit, weſſen Ge-
ſundheit wäre auch durch ſolche Chicanen und Be-
drückungen nicht gebrochen? Daß ſie aber noch nicht
völlig gebrochen iſt, beweiſt, daß er zum Möwenpriis

ging. Auch wird Ihr Veſuch ſeinen 1 Zuſtand gewiß
ſehr beſſern.“ ö
Mein. Beſuch 2⁴.

Sie neigte ſich zu ihm und ſlüſterte: „Leugnen

Sie, daß Sie ihm Nachrichten bringen von ſeinem

Sohn! 12
„Ach Tante, wie der Schwarm auseinanderſtäubt!
Sieh doch nur! Ich muß Dir gleich die Geſchichte
erzählen von den Moöwen. ——
ö „Später, Anna, zu Hauſe oder im Thiergarten.

Jetzt ließ ſich

* lebhaft erregt hatte.

mentreffen übrigens,

Jetzt ſeh t doch einmal, ob Du nicht die Mutter hev-
ausfinden kannſt unter den Leuten. Du haſt ja ſo
gute Augen. *
„Ach nein, es iſt zu weit, aber wenn ein Schuß
knallt, denke ich immer, Alf Thomſen hat ihn abge-
feuert.“ Sie wandte ihre Aufmerkſamkeit wieder dem
fernen Schauſpiel zu.
Hilda kehrte ſich zu ihrem Begleiter. Er hatte in-
zwiſchen die Erſchütterung verwunden, welche ihre letz-
ten Worte hervorgerufen. „Ein mertwürdiges Zuſam-
denn erſt heute erwähnte ich zu-
fällig des jungen Milberg. Ich bin ganz glücklich dar-

über!“ Es freute ſie in der That ſo ſehr, daß ihre eignen

Angelegenheiten und Sorgen weit in den Hintergrund
zurücktraten.
Säbelgeklirr ganz in der Nähe ließ ſie erſchreckt
auffahren, ihren Geſellſchafter raſch aufſehen.
Eine hellblaue Uniform mit rothen Aufſchlägen,
Tſchako, Säbel und Piſtolen — eine Ausrüſtung, deren

bloßer Anblick die meiſten Schleswiger nicht gleichgür-

tig läßt. Selten gab es ein allgemein verhaßteres In-
ſtitut, als das der däniſchen Gensdarmen. Der Wäch-
ter der öffentlichen Sicherheit, welcher eben vorüber
ging, war noch ganz beſonders verhaßt. Derſelbe ſchaute
ſich den Fremden genau an und maßigte ſeinen Schritt,
als er nach der Legitimation ſragen.
Mein Schwager und Magiſter Uleſen werden ſich
recht freuen, Sie zu ſehen!“ ſprach Hilda raſch und
laut. Es gereute ſie ſchon im nächſten Augenblick, daß
ſie ihren Gefährten als unverdächtig hingeſtellt hatte,
denn ſeine Augenbrauen zogen ſich unmuthig zuſammen.

Der Gensdarm jedoch entifernte ſich, beruhigt über eine

Perſönlichkeit, welche mit ſolchen Namen in freund-

ſchaftliche Beziehung geſetzt wurde.

„Zu Ihrer Sicherheit!“ entſchut digte ſie ſich.
„Meine Papiere ſind vollkommen in Ordnung; ich

habe keine Bel läſtigungen zn fürchten, komme dirett aus
Kopenhagen. 0

„Ich weiß ſchon, Tante,, laß mich nur machen!“
hatte Anna vorhin geſagt, als Beide ſich trennten.

Während jene zur Allee hinaufging, betrat dieſe den
Garten hinter dem bezeichneten Hauſe. In der Nähe
eines von Grün umrankten, von alten Oſtbäumen he-

ſchatteten Gartenhänsch us ſaß der weißköpfige Alie,

Das Haupt auf die Hand ge-
 
Annotationen