Tagvkaü rmd Derkündiger für die Stadt Keidetöerg
Ik^fürdielspal-
tige Petitzeile oder
deren Raum.
Für hies. Geschäft»
u. Privatanzeige»
bedeut, ermäßigt.
Iretie-rusiitz»
der Inserate in d«
Placat-Anzeiger.
Nckklbttger Zeitiliig
' Loh«.
M.
Dieustas, dc» 4. Mai
1886
LAsMiLÜM«» Auf die „Heidelberger Zeitung" —Haupt- ,
lokal- und Kreisverkündigungsblatt
fiir den Kreis Heidelberg - werden für die
Monate Mai und Juni
bei allen Postanftallen, den Briefträgern, bei den Trägern
in der Stadt, sowie bei der Expedition, Untere Neckar-
straße Nr. 21, Bestellungen angenommen.
* Politische Umschau.
Heidelberg, 4. Mai.
Wie dem Pfälzer Kurier von „gut unterrichteter" Seite
Mitgctheilt wird, soll die badische Regierung mit dem Coad-
lutorDr. Stumpf in Straßburg wegen Uebernahme
des Freiburger Erzbischof st uhles in Unterhandlung
stehen. Stumpf ist bekannt durch die strenge Disciplin,
die er über den Klerus führt, dem er die politische Agita-
tion sozusagen gänzlich verboten hat. Er ist ein Ober-
elsässer.
Ueber den Inhalt des neuen Branntweinsteuer-
gesetzes wird in Ergänzung früherer Meldungen jetzt
Folgendes mitgctheilt: Das Gesetz besteht erstens aus der
Maischraumsteuer und zweitens der Verbrauchs-
abgabe. Die Maisch raumsteuer wird nach dem Vor-
gänge der bairischen Gesetzgebung in drei Abstufungen er-
hoben. Je nachdem die Brennereien den Tag bis 1050,
don 1050 bis 3000 und über 3000 Liter Bottichraum be-
Maischen, zahlen sie für 1 Liter Maischraum 1 bezw. 1,30
und 1,60 Erfolgt die Einmaischung stn der Zeit vom
16. Mai bis 15. December, so erhöhen sich diese Sätze
um 20, 25 und 30 für 100 Liter Bottichraum. Die
Brennereien werden contingentirt, das heißt sie dürfen nur
tu gleichem Umfange wie vor dem 1. April 1886 betrieben
werden. Die Ausführvergütung soll 21 für 1 Liter
Alkohol betragen. Die Verbrauchsabgabe soll betragen
vom 1. October 1887 ab 40, nach einem Jahr 80, wieder
ein Jahr später 120 vom Hektoliter. Ihr Ertrag wird
auf 90, dann 160 und zuletzt 210 Millionen Mark im
Jahr veranschlagt. Nach dem Principal-Vorschlag Preußens
soll die Abgabe von den Verkaufsgeschäften entrichtet werden,
aus welchen der Branntwein unmittelbar an die Ver-
braucher im Steuergebiet übergeht. Nach einem Unter-
Antrag soll die Verbrauchsabgabe entrichtet werden, sobald
der Branntwein aus der steuerlichen Controle in den freien
Verkehr, und zwar durch denjenigen, welcher den Brannt-
wein zur freien Verfügung erhält. Für beide Arten
der Erhebung sind eingehende Controlmaßregeln und strenge
Strafbestimmungen vorgesehen. Steuerstundung wird ge-
währt. Der Eingangszoll für Branntwein wird, vorstehen-
den Terminen für Einführung der Verbrauchsabgabe ent-
sprechend, auf 120, 160 und 200 für 100 er-
höht; desgleichen die Uebergangsabgabe von den nicht
zur Branntweinsteuergeineinschaft gehörigen Bundesstaaten
auf 70, 110 und 150 Bestimmungen zur Verhütung
der Fabrication und des Verkaufs von gesundheitsschäd-
lichem Branntwein enthält der Entwurf nicht. Wie schon
Mehrfach erwähnt, erstreckt sich das Gesetz nur auf das nord-
deutsche Gebiet.
Man schreibt der Köln. Ztg. aus Rom: Wie nicht
anders zu erwarten, hat die Note der Curie vom 4. vor. M.
einen Sturm des Unwillens im Lager der Friedensfeinde
Hierselbst hervorgerufen. Dieselben machen die größten
Anstrengungen, um wenigstens einen Theil des verlorenen
Bodens wieder zu gewinnen. Directe Zornausbrüche sind
bis an den Thron Seiner Heiligkeit gelangt, uud waren
desfallsige Vorstellungen intransigenter Cardinäle dem Papste
persönlich sehr nahe gegangen. Uebrigens haben in letzter
Zeit die Gegner des Friedens einen nicht unerheblichen Zu-
zug erhalten durch den Beistand der französischen Prälaten-
partei. Die französische Botschaft wie eine Anzahl Car-
dinäle, Schiaffino, Bianchi und andere, stehen geistig unter
dem Einflüsse des Cardinals Czacki, des eigentlichen Ver-
mittlers aller französischen Interessen im Vatican. Seitdem
dieser Cardinal sieht, daß zwischen Preußen und der Curie
Waffenstillstand ohne sein Zuthun geschlossen wird, seitdem
der zeitweilig mehr in Vergessenheit gcrathene Gegensatz
Deutschlands zu Frankreich wieder unverhüllt zu Tage tritt,
dürften die großen Gaben dieses polnischen Priesters
in einem dem Frieden feindlichen Geiste Verwendung finden.
Schon die Karolinenfrage war Czacki unbequem, offen
aber tadelte er die päpstlichen Worte in dem an den Reichs-
kanzler gerichteten Schreiben Seiner Heiligkeit betreffs der
Größe Deutschland. Dieselben sollen eine Beleidigung der
französischen Nation enthalten haben. In Rom wird
Seitens der Polen nach Möglichkeit Stimmung gegen die
Deutschen gemacht. Da diese Kreise zum Theil Fühlung
mit Berlin haben, so erfahren sie manches, das dann, nach
Möglichkeit entstellt, schnell seinen Weg bis in die Gemächer
des Vatikans findet.
Die französische Presse führt heute in der griechischen
Angelegenheit die Sprache der verkannten Unschuld.
Sie zeigt sich theilweise erbittert, theilweise gekränkt darüber,
daß Europa nicht mit vielem Dank den Frieden angenom-
men habe, den Frankreich ihm überreichen wollte. Ange-
nommen, daß Frankreich in der That ganz uninteressirt,
einzig im Interesse des Friedens hätte handeln wollen, so
wäre es gut gewesen, wenn es sich an das Wort eines großen
französischen Staatsmannes erinnert hätte: „kas <ls solo!" In
der Politik glaubt kein Mensch an gänzlich uninteressirten
Eifer, und wenn man nicht den Verdacht auf sich laden
will, selbstische Hintergedanken zu haben, so ist es weise,
der Welt nicht unerbetene Wohlthaten anthun zu wollen.
Es ist wahrscheinlich, daß trotz der französischen unbe-
rufenen Einmischung der Friede nicht gestört werden wird.
Abe? man darf behaupten, daß derselbe heute bereits ge-
sichert sein würde, wenn Frankreich, anstatt sich vorzudrän-
gen, ruhig in Reih und Glied mit Deutschland, Rußland,
Oesterreich, England und Italien marschirt wäre. Die
Nowoje Wremja, welche gewöhnlich am treuesten die öffent-
liche Meinung in Petersburg wiedergibt, bezeichnet den
jüngsten Depeschenwechsel zwischen dem französischen und
dem griechischen Cabinet als eine mißglückte Komödie, die
wenig dazu beigetragen habe, den politischen Ruf der
Herren de Freycinet und Dclyannis zu verbessern. In
Berliner Kreisen schließt man sich, wie der Köln. Ztg. von
dort geschrieben wird, dieser Auffassung im Allgemeinen
vollständig an.
Die Nachricht, daß für die zweite Lesung der Home-
rulevorlage von Seiten des Ministeriums das Stich-
wort ausgegeben worden ist, die Vorlage nur gründsätzlich
zu billigen und zu vertheidigen, dagegen die Aufmerksamkeit
von ihren Einzelnheiten abzulenken, findet in einem mit
äußerst schlauer Berechnung ausgearbeiteten Manifest Glad-
28) Verlorene Ehre.
Roman von W. Höffer.
(Fortsetzung).
„Erzähle mir jetzt Alles, Julius!" rief halb weinend
die alte Dame. „Welche Schulden hast Du außerdem noch?
— Großer Gott, der Gedanke könnte mich tödten!"
Der Doctor zuckte die Achseln.
„Sei unbesorgt, Tante, cs wird sich Niemand bei Dir
Melden, am allerwenigsten ich selbst. Mama darf natürlich
von der Sache Nichts erfahren."
„Du sprichst als lägen die tausend Thalcr nur so be-
reit!" rief erbittert das alte Fräulein. „Womit willst Du
bezahlen?"
„Das laß meine Sorge sein. Werde ich ausgepfändet,
so kannst Du jedes Stück meiner Einrichtung von Rechts-
wegen reclamiren — kümmere Dich also um Nichts."
„Und die Schande?" rief sic. „Und Deine kranke Mutter?
— Julius, Du handelst wie ein Wahnwitziger?"
„Das zu beweisen, dürfte Dir schwer werden. Es gibt
im Augenblick für mich keinen Ausweg mehr."
„Einen nur!" kam es von den Lippen der alten Dame.
„Einen, Julius — wenn Du nämlich weiter keine Schul-
den besitzest —"
„Und der wäre?" fragte er. „Es ist natürlich so, wie
Du voraussetzest, Tante."
„Du könntest heirathen!" entgegnete sie. „Es war von
jeher mein Lieblingsgedanke, Dich mit der Tochter der
Justizrälhin Ollmers zu verloben — auch diese selbst, die
Mutter des Mädchens, wünscht Eure Verbindung, und zu
dem Allen hat Dich Paulinchen gern. Gehe heute Abend
hin, um Dich einzuführen, Julius, — Du hast ja im
Hause einen Patienten — und ich löse morgen Deinen
Wechsel ein."
Der Doctor schüttelte den Kopf.
„Wir werden uns über diesen Punkt niemals einigen
können, Tante," sagte er äußerlich ruhig. „Fräulein Oll-
mers ist mir bei aller Werthschätzung doch vollkommen
gleichgültig, ich kann sie daher auch nicht heirathen. Ueber
eine Frage von so schwerwiegender Bedeutung darf nimmer-
mehr das materielle Interesse, und eben so wenig — Par-
don, Tante! irgend eine dritte Person entscheiden."
Das blasse Gesicht der alten Dame färbte sich mit plötz-
licher Röthe.
„So behalte Deine Ideale," rief sie erbittert, „aber
erwarte von mir auch dann keine Hülfe. Nur wenn Du
gehorchst, bezahle ich den Wechsel, nur wenn Du Dich mei-
nem Wunsche gemäß verlobst, kannst Du darauf rechnen,
dereinst mein bischen Armuth zu erben. Ich denke, einem
vernünftigen Menschen dürfte die Wahl nicht schwer werden."
„Dann halte mich immerhin für unvernünftig, Tante.
Und jetzt — haben wir ja wohl Nichts mehr mit einander
zu verhandeln, wie mir scheint?"
„Nichts!" erwiderte eiskalt die Dame. „Du kannst
jetzt gehen — ich halte Dich nicht länger zurück."
„Bitte," sagte er noch, „laß Mama Nichts hören."
Die Thür öffnete und schloß sich, er war fort, und drinnen,
im andern Zimmer, wo sie horchend das Ohr gegen die Wand
gepreßt hielt, stand schwer athmend Elisabeth, von Felsen-
lasten befreit und doch jäh erschrocken in rathloser Furcht.
stones an seine Wähler in Midlothian (siehe unter Lon-
don) ihre volle Begründung. Der Inhalt des Manifestes
weist darauf hin, daß die Befürworter der in der Vorlage
enthaltenen Maßregeln mit sich einig seien, daß unter den
Gegnern derselben jedoch eine babylonische Verwirrung von
Meinungsverschiedenheiten herrsche. Auch die Widersacher
scheinen zu fühlen, daß man nicht umhin könne, schließlich
doch Irland eine Selbstverwaltung zu geben, und ihre An-
sichten seien nur von denen der Regierung insofern ab-
weichend, als sie sich zu diesem Zugeständniß erst nach
längerem Kampfe verstehen wollen, die Regierung jedoch
diesen Kampf möglichst abkürzeu möchte. Das Unterhaus
habe jetzt nur über den Grundsatz der Homerulevorlage,
nicht über deren Einzelheiten zu entscheiden. Man sieht,
der alte Gladstone ist ein schlauer Taktiker.
Die Ermordung des Bischofs Izquierdo, die rohen
und gewissenlosen Anschläge in der Kathedrale von Gra-
nada und in der Kirche San Ines in Madrid haben den
aufrichtigen Katholiken Spaniens mit Schrecken die Noth-
wendigkeit vor Augen geführt, mit dem bisherigen Ver-
tuschungssystem zu brechen und zu versuchen, ob der Pran-
ger der Oeffentlichkeit sich als ein besseres Heilmittel gegen
die Verrohung der Geistlichkeit bewähren werde,
selbst auf die Gefahr hin, daß dadurch grundlegende Ein-
richtungen der Kirche selbst bedenklich erschüttert werden.
Es ließ sich erwarten, daß in einem Lande, welches als
eine der Hochburgen der Kirche auch den zweifelhaftesten
Elementen der katholischen Geistlichkeit stets eine schützende
Zufluchtsstätte geboten hat, der Llerus vor dem Entrüstungs-
sturme der öffentlichen Meinung nicht widerstandslos die
Segel streichen würde, und so veröffentlicht denn die Union
bereits jetzt einen vom größten Theil der Madrider Geist-
lichen unterzeichneten Einspruch. Selbstverständlich wird
darin der Spieß umgedreht und die Ankläger sind diejeni-
gen, welche zwar den Splitter im Auge des Nebenmenschen,
aber nicht den Balken im eignen Auge erblicken. Das
Martyrerthum des Bischofs müsse nicht etwa, wie man an-
nehmen sollte, eine Ausrottung des Nebels von Grund aus,
sondern ein festes Zusammenschließen von Clerikern und
Laien im Gefolge haben, um die Autorität und die ge-
heiligte Hierarchie von neuem zu festigen. Sie, die Geist-
lichen, würden in Zukunft den Ausführungen einer bos-
haften Presse ihre Augen verschließen und dafür sorgen,
daß dieselben in Zukunft keinen Zugang mehr zu den Häu-
sern der Getreuen fänden, da si.e nur bezweckten, teuflische
Leidenschaften zu erregen und einer Empörung der Ge-
meinde gegen ihre Hirten das Wort zu reden. Das nennen
die Herren boshaft, wenn die Presse in ihre dunklen
Schmutzwinkel moralischer Verkommenheit hineinleuchtet.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 3. Mai. (Amtlich.) Se. Königl. Hoh.
der Großherzog haben dem Musiklehrer Edel Eh in g er
an der Heil- und Pflegeanstalt Jllenau das Ritterkreuz 2.
Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen, dem Oberlaza-
rethgehilfen Ferdinand Wiest vom 5. Bad. Infanterie-
Regiment Nr. 113 die große goldene Verdienstmedaille und
dem Königlich Schwed. Hoflakai Borg die silberne Ver-
dienstmedaille verliehen, ferner die Ingenieure II. Klasse
Theodor Walliser in Offenburg, Georg Wieser in
Lörrach, Karl Wiese in Freiburg, Max Keller in
„Tausend Thaler! — Welche Summe!" dachte die
horchende Gesellschafterin.
Aber Tante Josephine konnte ja nicht hartherzig bleiben,
sie mußte helfen, um jeden Preis. — Der arme Julius!
So schrecklich durfte er für sein argloses Vertrauen nicht
bestraft werden!
Ein plötzlicher Gedanke durchirrte das Bewußtsein der
Gesellschafterin; sie fuhr mit der Hand über die Stirn, wie
um ihn zu verwischen.
Da klingelte es, und sie mußte ihren Platz am Bette
der Kranken wieder einnehmen.
Frau Hartmann sah fragend auf.
„Julius war eben im Zimmer meiner Schwester — ich
habe es gehört. Was wollte Finchen von ihm?"
„Ich glaube, Fräulein Haberland klagte über starken
Kopfschmerz."
„Das ist es nicht! Elisabeth, verschweigen Sie mir etwas?"
Das junge Mädchen glättete mit zitternder Hand die
Kissen.
„Mir ist weder von dem Doctor noch von Fräulein
Haberland irgend Etwas erzählt worden, liebe Frau Hart-
mann," sagte sie ausweichend.
Aber trotzdem war die Kranke nicht ruhig. Ein unsicht-
bares, ungreifbares Etwas verrieth ihr die Nähe der Ge-
fahr; sie horchte fortwährend.
Als später der Doctor herein kam, war er ruhig wie
immer, vielleicht eben, weil sein Entschluß bereits fest stand.
Mochte es der arge Wucherer zum Aeußersten treiben, die
arme kranke Frau würde davon vor ihrem Ende nichts
mehr erfahren. (Forts, folgt.)
Ik^fürdielspal-
tige Petitzeile oder
deren Raum.
Für hies. Geschäft»
u. Privatanzeige»
bedeut, ermäßigt.
Iretie-rusiitz»
der Inserate in d«
Placat-Anzeiger.
Nckklbttger Zeitiliig
' Loh«.
M.
Dieustas, dc» 4. Mai
1886
LAsMiLÜM«» Auf die „Heidelberger Zeitung" —Haupt- ,
lokal- und Kreisverkündigungsblatt
fiir den Kreis Heidelberg - werden für die
Monate Mai und Juni
bei allen Postanftallen, den Briefträgern, bei den Trägern
in der Stadt, sowie bei der Expedition, Untere Neckar-
straße Nr. 21, Bestellungen angenommen.
* Politische Umschau.
Heidelberg, 4. Mai.
Wie dem Pfälzer Kurier von „gut unterrichteter" Seite
Mitgctheilt wird, soll die badische Regierung mit dem Coad-
lutorDr. Stumpf in Straßburg wegen Uebernahme
des Freiburger Erzbischof st uhles in Unterhandlung
stehen. Stumpf ist bekannt durch die strenge Disciplin,
die er über den Klerus führt, dem er die politische Agita-
tion sozusagen gänzlich verboten hat. Er ist ein Ober-
elsässer.
Ueber den Inhalt des neuen Branntweinsteuer-
gesetzes wird in Ergänzung früherer Meldungen jetzt
Folgendes mitgctheilt: Das Gesetz besteht erstens aus der
Maischraumsteuer und zweitens der Verbrauchs-
abgabe. Die Maisch raumsteuer wird nach dem Vor-
gänge der bairischen Gesetzgebung in drei Abstufungen er-
hoben. Je nachdem die Brennereien den Tag bis 1050,
don 1050 bis 3000 und über 3000 Liter Bottichraum be-
Maischen, zahlen sie für 1 Liter Maischraum 1 bezw. 1,30
und 1,60 Erfolgt die Einmaischung stn der Zeit vom
16. Mai bis 15. December, so erhöhen sich diese Sätze
um 20, 25 und 30 für 100 Liter Bottichraum. Die
Brennereien werden contingentirt, das heißt sie dürfen nur
tu gleichem Umfange wie vor dem 1. April 1886 betrieben
werden. Die Ausführvergütung soll 21 für 1 Liter
Alkohol betragen. Die Verbrauchsabgabe soll betragen
vom 1. October 1887 ab 40, nach einem Jahr 80, wieder
ein Jahr später 120 vom Hektoliter. Ihr Ertrag wird
auf 90, dann 160 und zuletzt 210 Millionen Mark im
Jahr veranschlagt. Nach dem Principal-Vorschlag Preußens
soll die Abgabe von den Verkaufsgeschäften entrichtet werden,
aus welchen der Branntwein unmittelbar an die Ver-
braucher im Steuergebiet übergeht. Nach einem Unter-
Antrag soll die Verbrauchsabgabe entrichtet werden, sobald
der Branntwein aus der steuerlichen Controle in den freien
Verkehr, und zwar durch denjenigen, welcher den Brannt-
wein zur freien Verfügung erhält. Für beide Arten
der Erhebung sind eingehende Controlmaßregeln und strenge
Strafbestimmungen vorgesehen. Steuerstundung wird ge-
währt. Der Eingangszoll für Branntwein wird, vorstehen-
den Terminen für Einführung der Verbrauchsabgabe ent-
sprechend, auf 120, 160 und 200 für 100 er-
höht; desgleichen die Uebergangsabgabe von den nicht
zur Branntweinsteuergeineinschaft gehörigen Bundesstaaten
auf 70, 110 und 150 Bestimmungen zur Verhütung
der Fabrication und des Verkaufs von gesundheitsschäd-
lichem Branntwein enthält der Entwurf nicht. Wie schon
Mehrfach erwähnt, erstreckt sich das Gesetz nur auf das nord-
deutsche Gebiet.
Man schreibt der Köln. Ztg. aus Rom: Wie nicht
anders zu erwarten, hat die Note der Curie vom 4. vor. M.
einen Sturm des Unwillens im Lager der Friedensfeinde
Hierselbst hervorgerufen. Dieselben machen die größten
Anstrengungen, um wenigstens einen Theil des verlorenen
Bodens wieder zu gewinnen. Directe Zornausbrüche sind
bis an den Thron Seiner Heiligkeit gelangt, uud waren
desfallsige Vorstellungen intransigenter Cardinäle dem Papste
persönlich sehr nahe gegangen. Uebrigens haben in letzter
Zeit die Gegner des Friedens einen nicht unerheblichen Zu-
zug erhalten durch den Beistand der französischen Prälaten-
partei. Die französische Botschaft wie eine Anzahl Car-
dinäle, Schiaffino, Bianchi und andere, stehen geistig unter
dem Einflüsse des Cardinals Czacki, des eigentlichen Ver-
mittlers aller französischen Interessen im Vatican. Seitdem
dieser Cardinal sieht, daß zwischen Preußen und der Curie
Waffenstillstand ohne sein Zuthun geschlossen wird, seitdem
der zeitweilig mehr in Vergessenheit gcrathene Gegensatz
Deutschlands zu Frankreich wieder unverhüllt zu Tage tritt,
dürften die großen Gaben dieses polnischen Priesters
in einem dem Frieden feindlichen Geiste Verwendung finden.
Schon die Karolinenfrage war Czacki unbequem, offen
aber tadelte er die päpstlichen Worte in dem an den Reichs-
kanzler gerichteten Schreiben Seiner Heiligkeit betreffs der
Größe Deutschland. Dieselben sollen eine Beleidigung der
französischen Nation enthalten haben. In Rom wird
Seitens der Polen nach Möglichkeit Stimmung gegen die
Deutschen gemacht. Da diese Kreise zum Theil Fühlung
mit Berlin haben, so erfahren sie manches, das dann, nach
Möglichkeit entstellt, schnell seinen Weg bis in die Gemächer
des Vatikans findet.
Die französische Presse führt heute in der griechischen
Angelegenheit die Sprache der verkannten Unschuld.
Sie zeigt sich theilweise erbittert, theilweise gekränkt darüber,
daß Europa nicht mit vielem Dank den Frieden angenom-
men habe, den Frankreich ihm überreichen wollte. Ange-
nommen, daß Frankreich in der That ganz uninteressirt,
einzig im Interesse des Friedens hätte handeln wollen, so
wäre es gut gewesen, wenn es sich an das Wort eines großen
französischen Staatsmannes erinnert hätte: „kas <ls solo!" In
der Politik glaubt kein Mensch an gänzlich uninteressirten
Eifer, und wenn man nicht den Verdacht auf sich laden
will, selbstische Hintergedanken zu haben, so ist es weise,
der Welt nicht unerbetene Wohlthaten anthun zu wollen.
Es ist wahrscheinlich, daß trotz der französischen unbe-
rufenen Einmischung der Friede nicht gestört werden wird.
Abe? man darf behaupten, daß derselbe heute bereits ge-
sichert sein würde, wenn Frankreich, anstatt sich vorzudrän-
gen, ruhig in Reih und Glied mit Deutschland, Rußland,
Oesterreich, England und Italien marschirt wäre. Die
Nowoje Wremja, welche gewöhnlich am treuesten die öffent-
liche Meinung in Petersburg wiedergibt, bezeichnet den
jüngsten Depeschenwechsel zwischen dem französischen und
dem griechischen Cabinet als eine mißglückte Komödie, die
wenig dazu beigetragen habe, den politischen Ruf der
Herren de Freycinet und Dclyannis zu verbessern. In
Berliner Kreisen schließt man sich, wie der Köln. Ztg. von
dort geschrieben wird, dieser Auffassung im Allgemeinen
vollständig an.
Die Nachricht, daß für die zweite Lesung der Home-
rulevorlage von Seiten des Ministeriums das Stich-
wort ausgegeben worden ist, die Vorlage nur gründsätzlich
zu billigen und zu vertheidigen, dagegen die Aufmerksamkeit
von ihren Einzelnheiten abzulenken, findet in einem mit
äußerst schlauer Berechnung ausgearbeiteten Manifest Glad-
28) Verlorene Ehre.
Roman von W. Höffer.
(Fortsetzung).
„Erzähle mir jetzt Alles, Julius!" rief halb weinend
die alte Dame. „Welche Schulden hast Du außerdem noch?
— Großer Gott, der Gedanke könnte mich tödten!"
Der Doctor zuckte die Achseln.
„Sei unbesorgt, Tante, cs wird sich Niemand bei Dir
Melden, am allerwenigsten ich selbst. Mama darf natürlich
von der Sache Nichts erfahren."
„Du sprichst als lägen die tausend Thalcr nur so be-
reit!" rief erbittert das alte Fräulein. „Womit willst Du
bezahlen?"
„Das laß meine Sorge sein. Werde ich ausgepfändet,
so kannst Du jedes Stück meiner Einrichtung von Rechts-
wegen reclamiren — kümmere Dich also um Nichts."
„Und die Schande?" rief sic. „Und Deine kranke Mutter?
— Julius, Du handelst wie ein Wahnwitziger?"
„Das zu beweisen, dürfte Dir schwer werden. Es gibt
im Augenblick für mich keinen Ausweg mehr."
„Einen nur!" kam es von den Lippen der alten Dame.
„Einen, Julius — wenn Du nämlich weiter keine Schul-
den besitzest —"
„Und der wäre?" fragte er. „Es ist natürlich so, wie
Du voraussetzest, Tante."
„Du könntest heirathen!" entgegnete sie. „Es war von
jeher mein Lieblingsgedanke, Dich mit der Tochter der
Justizrälhin Ollmers zu verloben — auch diese selbst, die
Mutter des Mädchens, wünscht Eure Verbindung, und zu
dem Allen hat Dich Paulinchen gern. Gehe heute Abend
hin, um Dich einzuführen, Julius, — Du hast ja im
Hause einen Patienten — und ich löse morgen Deinen
Wechsel ein."
Der Doctor schüttelte den Kopf.
„Wir werden uns über diesen Punkt niemals einigen
können, Tante," sagte er äußerlich ruhig. „Fräulein Oll-
mers ist mir bei aller Werthschätzung doch vollkommen
gleichgültig, ich kann sie daher auch nicht heirathen. Ueber
eine Frage von so schwerwiegender Bedeutung darf nimmer-
mehr das materielle Interesse, und eben so wenig — Par-
don, Tante! irgend eine dritte Person entscheiden."
Das blasse Gesicht der alten Dame färbte sich mit plötz-
licher Röthe.
„So behalte Deine Ideale," rief sie erbittert, „aber
erwarte von mir auch dann keine Hülfe. Nur wenn Du
gehorchst, bezahle ich den Wechsel, nur wenn Du Dich mei-
nem Wunsche gemäß verlobst, kannst Du darauf rechnen,
dereinst mein bischen Armuth zu erben. Ich denke, einem
vernünftigen Menschen dürfte die Wahl nicht schwer werden."
„Dann halte mich immerhin für unvernünftig, Tante.
Und jetzt — haben wir ja wohl Nichts mehr mit einander
zu verhandeln, wie mir scheint?"
„Nichts!" erwiderte eiskalt die Dame. „Du kannst
jetzt gehen — ich halte Dich nicht länger zurück."
„Bitte," sagte er noch, „laß Mama Nichts hören."
Die Thür öffnete und schloß sich, er war fort, und drinnen,
im andern Zimmer, wo sie horchend das Ohr gegen die Wand
gepreßt hielt, stand schwer athmend Elisabeth, von Felsen-
lasten befreit und doch jäh erschrocken in rathloser Furcht.
stones an seine Wähler in Midlothian (siehe unter Lon-
don) ihre volle Begründung. Der Inhalt des Manifestes
weist darauf hin, daß die Befürworter der in der Vorlage
enthaltenen Maßregeln mit sich einig seien, daß unter den
Gegnern derselben jedoch eine babylonische Verwirrung von
Meinungsverschiedenheiten herrsche. Auch die Widersacher
scheinen zu fühlen, daß man nicht umhin könne, schließlich
doch Irland eine Selbstverwaltung zu geben, und ihre An-
sichten seien nur von denen der Regierung insofern ab-
weichend, als sie sich zu diesem Zugeständniß erst nach
längerem Kampfe verstehen wollen, die Regierung jedoch
diesen Kampf möglichst abkürzeu möchte. Das Unterhaus
habe jetzt nur über den Grundsatz der Homerulevorlage,
nicht über deren Einzelheiten zu entscheiden. Man sieht,
der alte Gladstone ist ein schlauer Taktiker.
Die Ermordung des Bischofs Izquierdo, die rohen
und gewissenlosen Anschläge in der Kathedrale von Gra-
nada und in der Kirche San Ines in Madrid haben den
aufrichtigen Katholiken Spaniens mit Schrecken die Noth-
wendigkeit vor Augen geführt, mit dem bisherigen Ver-
tuschungssystem zu brechen und zu versuchen, ob der Pran-
ger der Oeffentlichkeit sich als ein besseres Heilmittel gegen
die Verrohung der Geistlichkeit bewähren werde,
selbst auf die Gefahr hin, daß dadurch grundlegende Ein-
richtungen der Kirche selbst bedenklich erschüttert werden.
Es ließ sich erwarten, daß in einem Lande, welches als
eine der Hochburgen der Kirche auch den zweifelhaftesten
Elementen der katholischen Geistlichkeit stets eine schützende
Zufluchtsstätte geboten hat, der Llerus vor dem Entrüstungs-
sturme der öffentlichen Meinung nicht widerstandslos die
Segel streichen würde, und so veröffentlicht denn die Union
bereits jetzt einen vom größten Theil der Madrider Geist-
lichen unterzeichneten Einspruch. Selbstverständlich wird
darin der Spieß umgedreht und die Ankläger sind diejeni-
gen, welche zwar den Splitter im Auge des Nebenmenschen,
aber nicht den Balken im eignen Auge erblicken. Das
Martyrerthum des Bischofs müsse nicht etwa, wie man an-
nehmen sollte, eine Ausrottung des Nebels von Grund aus,
sondern ein festes Zusammenschließen von Clerikern und
Laien im Gefolge haben, um die Autorität und die ge-
heiligte Hierarchie von neuem zu festigen. Sie, die Geist-
lichen, würden in Zukunft den Ausführungen einer bos-
haften Presse ihre Augen verschließen und dafür sorgen,
daß dieselben in Zukunft keinen Zugang mehr zu den Häu-
sern der Getreuen fänden, da si.e nur bezweckten, teuflische
Leidenschaften zu erregen und einer Empörung der Ge-
meinde gegen ihre Hirten das Wort zu reden. Das nennen
die Herren boshaft, wenn die Presse in ihre dunklen
Schmutzwinkel moralischer Verkommenheit hineinleuchtet.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 3. Mai. (Amtlich.) Se. Königl. Hoh.
der Großherzog haben dem Musiklehrer Edel Eh in g er
an der Heil- und Pflegeanstalt Jllenau das Ritterkreuz 2.
Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen, dem Oberlaza-
rethgehilfen Ferdinand Wiest vom 5. Bad. Infanterie-
Regiment Nr. 113 die große goldene Verdienstmedaille und
dem Königlich Schwed. Hoflakai Borg die silberne Ver-
dienstmedaille verliehen, ferner die Ingenieure II. Klasse
Theodor Walliser in Offenburg, Georg Wieser in
Lörrach, Karl Wiese in Freiburg, Max Keller in
„Tausend Thaler! — Welche Summe!" dachte die
horchende Gesellschafterin.
Aber Tante Josephine konnte ja nicht hartherzig bleiben,
sie mußte helfen, um jeden Preis. — Der arme Julius!
So schrecklich durfte er für sein argloses Vertrauen nicht
bestraft werden!
Ein plötzlicher Gedanke durchirrte das Bewußtsein der
Gesellschafterin; sie fuhr mit der Hand über die Stirn, wie
um ihn zu verwischen.
Da klingelte es, und sie mußte ihren Platz am Bette
der Kranken wieder einnehmen.
Frau Hartmann sah fragend auf.
„Julius war eben im Zimmer meiner Schwester — ich
habe es gehört. Was wollte Finchen von ihm?"
„Ich glaube, Fräulein Haberland klagte über starken
Kopfschmerz."
„Das ist es nicht! Elisabeth, verschweigen Sie mir etwas?"
Das junge Mädchen glättete mit zitternder Hand die
Kissen.
„Mir ist weder von dem Doctor noch von Fräulein
Haberland irgend Etwas erzählt worden, liebe Frau Hart-
mann," sagte sie ausweichend.
Aber trotzdem war die Kranke nicht ruhig. Ein unsicht-
bares, ungreifbares Etwas verrieth ihr die Nähe der Ge-
fahr; sie horchte fortwährend.
Als später der Doctor herein kam, war er ruhig wie
immer, vielleicht eben, weil sein Entschluß bereits fest stand.
Mochte es der arge Wucherer zum Aeußersten treiben, die
arme kranke Frau würde davon vor ihrem Ende nichts
mehr erfahren. (Forts, folgt.)