Ein Abstrich würde den Dienst wesentlich schädigen. Abg. Rickert
(sreis. Ver.) weist darauf hin, daß trotz des Abstrichs gegenüber
dem vorigen Jahre zwei Millionen Mark mehr bewilligt würden.
Das Haus nimmt darauf den Commissionsantrag an.
Beim Capitel „Garnisonverwaltung" erklärt Ministerialdirektor
Perels: Die Tuchlieferung auf dem Wege der allgemeinen
Submission habe sich nicht bewährt. Seit 1891 sei die Lieferung
zwei Firmen übertragen, der Vertrag jedoch jetzt gekündigt worden.
Auf Grund einer neuen beschränkten Submission würden vom
Jahre 1896 ab neun Firmen an der Tuchlieferung theilnehmen.
Das Capitel wird bewilligt.
Nachdem mehrere Capitel gemäß den Commissionsanträgen
genehmigt worden sind, entsteht eine längere Verhandlung über
das Capitel „Instandhaltung der Flotte, Werftanlagen". Abg.
Legi en (Soc.) beklagt die zahlreichen Arbeiterentlassungen auf
den Werften, welchen durch Verkürzung der Arbeitszeit vorzubeugen
gewesen sei. Staatssekretär Hollmann erwidert, die Marine-
verwaltung habe durchaus ein Interesse daran, sich einen festen
Arbeiterstand zu erhalten, befinde sich aber in einer Nothlage,
weil in den Wintermonaten die Arbeit wegen der Reparaturen
der Manöverflotte sich gehäuft hätte. Bei einer Nachfrage hätten
die älteren Arbeiter gegen und nur die jüngeren für eine Ver-
kürzung der Arbeitszeit gestimmt. Die Abgg. v. Kardorff
(Reichsp.) und Dr. Hammacher (nat.-lib.) heben hervor, falls
die Socialdemokraten die neuen Schiffsbauten bewilligten, würden
die Arbeiterentlassungen überflüssig. Abg. Legi en (Soc.) be-
streitet, daß die älteren Arbeiter einer Verkürzung der Arbeitszeit
abgeneigt seien. Staatssekretär Hollmann hält seine darauf
bezüglichen Angaben aufrecht. Abg. v. Kardorff (Reichsp.)
meint, wenn die Arbeiter nur Leute ins Parlament schicken, die
keine Schiffe und kein Heer wollten, so müßten sie die Folgen
der Arbeiterentlassungen tragen. Abg. Bebel (Soc.) verwahrt
sich, daß die Socialisten keine Schiffe und kein Heer wollten,
und nennt den Standpunkt des Abgeordn. v. Kardorff lächerlich.
(Oho! rechts.)
Der Rest der dauernden Ausgaben des Ordinariums wird
nach unerheblicher Verhandlung genehmigt.
Bei den einmaligen Ausgaben des Ordinariums theilt der
Berichterstatter Abg. Dr. Lieber (Centr.) mit, nach den Er-
klärungen in der Commission beabsichtige die Regierung nicht,
die Hochseepanzer über 14 zu vermehren. Bis zum Ende des
Jahrhunderts seien nur zwei Panzer-Ersatzbauten zu erwarten.
Alles andere sei private Zukunftsmusik. Bezüglich der Kreuzer
zweiter Klasse sei nicht beabsichtigt, über den Rahmen der Denk-
schrift des Jahres 1889/90, in der sieben Kreuzer in Aussicht
genommen waren, hinauszugehen. Bezüglich der Kreuzer erster
Klasse sei zunächst nur „Ersatz Leipzig" in Aussicht genommen.
Die Regierungen behielten sich jedoch betreffs dieser Klasse für
die spätere Zukunft freie Hand vor.
Hierauf wurde die Weiterberathung auf morgen vertagt.
Außerdem steht zur Berathung der Militäretat.
Baden. Der Straßb. Post schreibt man aus Karls-
ruhe: Die Zurruhesetzung des Oberkirchenrathspräsidenten
Dr. Franz Ludwig v. Stösser, der auf 1. April
Wohnung in Freiburg gemiethet hat, wird für die nächste
Zeit erwartet. Als Nachfolger des Präsidenten des Ver-
waltungsgerichtshofs Dr. Friedrich Wiel andt, welcher
mit der Leitung des evangelischen Oberkirchenraths betraut
werden wird, nennt man den Ministerialdirektor Dr. Karl
Schenkel vom Ministerium des Innern, und als
Ministerialrath bei diesem Ministerium soll Ministerial-
direktor Dr. Richard Reinhard in Aussicht genommen
fein. Ministerialdirektor Dr: Schenkel hat sich als Schrift-
steller auf dem Gebiete des Verwaltungsrechts durch seine
Commentare über die Gewerbeordnung, das badische Jagd-
recht und das badische Wasserrecht einen Namen gemacht,
ist auch als Vorsitzender des Landesversicherungsamts und
Lehrer der Rechtswissenschaft an der technischen Hochschule
hier seit 1875 thätig, also zum Präsidenten des obersten
Verwaltungsgerichts vorzüglich befähigt. Ministerialrath
Dr. Reinhard, dessen bevorstehende Ernennung zum
Ministerialdirektor nur mit allem Vorbehalt hier ange-
kündigt sei, war von 1877 bis 1890 Amtsvorstand des
Amtsbezirks Kehl und später in Baden-Baden; er gehört
erst seit 1893 dem Ministerium des Innern ckls Ministerial-
rath an.
— In ihrer soeben ausgegebenen zweiten Nummer
schreibt die Badische Nationalliberale Korre-
spondenz in Erwiderung auf die von der Karlsr. Ztg.
wegen den Conservativen gemachten Ausstellung:
Wir können die gemäßigt-conservativen Elemente, deren sich
die Karlsr. Zeitung so warm annimmt, in der conservativen
Presse und der conservativen Agitation nicht entdecken. Mit be-
sonnenen, denkenden, vorurtheilsfreien Conservativen haben wir
uns früher verständigt, insbesondere in nationalen Fragen; eine
Verständigung mit diesen wird uns auch in Zukunft willkommen
sein. Diese Elemente kommen aber in der Parteipreffe und der
Agitation gar nicht zum Worte. Die gegenwärtigen Wortführer
der conservativen Partei und deren Sache zu unterstützen, das
müssen wir unbedingt und weit abweisen. Das wird nicht ge-
schehen, selbst wenn ein noch stärkerer Druck ausgeübt würde,
als es die Karlsr. Zeitung vermag. Ueberhaupt ist es nicht
unsere Sache, die conservativen Elemente zu stärken, das mögen
die Conservativen thun. Die Partei des Liberalismus glaubt,
den staatserhaltenden Interessen — und conservativ heißt doch
erhaltend — am besten zu dienen, wenn sie nach ihren eigenen
Grundsätzen wirkt, wie sie es seit so langer Zeit gethan hat.
Wir meinen, mit der Erfahrung dieser Zeit könnte auch die
Karlsr. Zeitung zufrieden sein. Eine Unterstützung ist uns hoch
erfreulich, ob sie von Männern kommt, die in einzelnen Fragen
etwas nach rechts oder nach links gehen. Extreme Richtungen
aber können wir nicht als ftaatserhaltend betrachten, mögen sie
sich nun conservativ oder demokratisch nennen.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— (Zurruhesetzung.) Seine Königliche Hoheit der
Großherzog haben den Professor Dr. Julius Bier-
baum an der Höheren Mädchenschule in Karlsruhe auf sein
Ansuchen bis zur Wiederherstellung seiner Gesundheit in den
Ruhestand versetzt.
— Mit Entschließung Großh. Generaldirektion der Staats-
Elsenbahnen vom 23. Februar d. I. wurden Expeditions-
Mststent Adolf Franz beim Stationsamt in Freiburg zum
Betirebsasststenten daselbst ernannt und Expeditionsassistent
Friedrich Stephan bei der Güterverwaltung Waldshut
zum Statwnsamt Emmendingen versetzt.
. ? s? tz e s- und Verordnungsblatt für
das Großherzogthum Baden Nr.5enthält: Bekannt-
machungen und Verordnung des Ministeriums des Innern:
Len Vollzug des Gesetzes vom 5. Oktober 1863 über die
Orgamsatlon der inneren Verwaltung betreffend; Satzungen
über Aufnahme von Kranken in das Landesbad zu Baden;
die für Verpflegung von Kranken im Landesbad zu Baden zu
entrichtenden Vergütungen betreffend.
Karlsruhe, 28. Febr. Der Großherzog em-
pfing heute den Bezirkspräsidenten für Lothringen, Frei-
herrn von Hammerstein in Metz. Abends findet eine
größere Hoftafel statt, zu welcher der Bezirkspräsident
Freiherr von Hammerstein, sowie verschiedene andere
Personen geladen sind. Der Erbgroßherzog traf
gestern Abend mit dem Orientexpreßzug mit großer Ver-
spätung hier ein. Derselbe ist heute Nachmittag 4 Uhr
nach Freiburg weiter gereist.
Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 27. Febr. Das Fremden-
blatt erfährt, es sei als sicher anzunehmen, daß Oesterreich
einer etwaigen Einladung zur Theilnahme an einer
Währungskonferenz zustimmen werde.
Wien, 28. Febr. Der deutsche Kaiser ernannte
den Kaiser Franz Joseph zum preuß. General-
feldmarschall. Die Insignien, bestehend aus zwei
goldgestickten Miniaturmarschallstäben als Epaulettenschmuck,
wurden gestern dem Kaiser überreicht.
Graz, 28. Febr. Der hiesige Bismarckausschuß
erhielt aus Preußisch-Schlesien die Aufforderung, die Steirer
möchten sich der Fahrt der Schlesier nach Friedrichsruh
im Mai anschließen.
Italien. Rom, 28. Februar. Heute Vormittag um
11 Uhr erschien Giolitti infolge einer ihm zugegangenen
Vorladung vor dem Untersuchungsrichter, um über die
gegen ihn von der Frau Crispi erhobenen Anklagen ver-
nommen zu werden.
Rußland. Kaiser Nikolaus hat den bisherigen Bot-
schafter in Wien, Fürsten Lobanow, zum Nachfolger
des Herrn v. Giers als Minister der Auswärtigen
Angelegenheiten ernannt (also nicht den Botschafter
v. Staal in London). Er hat damit die Ernennung des
Fürsten zum Nachfolger des Grafen Schuwalow als Bot-
schafter in Berlin rückgängig gemacht. Bisher lauteten
die Nachrichten dahin, das; Fürst Lobanow, der in diesen
Tagen in Wien sein Abberufungsschreiben übergeben sollte,
zunächst den Berliner Botschafterposten übernehmen und
voraussichtlich erst im Herbst nach Petersburg als Minister
des Auswärtigen berufen werden würde. Seine Ernennung
nach Petersburg ist jetzt vom Kaiser Nikolaus beschleunigt
worden. Schon seit einer Reihe von Jahren galt Fürst
Lobanow als voraussichtlicher Nachfolger des Ministers
v. Giers. Er ist zweifellos der Begabteste und Kenntniß-
reichste unter den russischen Diplomaten und seine lang-
jährige diplomatische Laufbahn hat ihn namentlich mit den
Verhältnissen im Orient, in England und in Oesterreich-
Ungarn genau vertraut gemacht.
Jahresversammlung des Heidelberger Frauenvereins.
0 Heidelberg, 1. März.
Wie schon kurz erwähnt, fand am 27. Februar die diesjährige
Jahresversammlung des hiesigen Frauen-Vereins statt.
Der Vorsitzende, Dr. Blum, eröffnete die Versammlung und
erwähnte zuerst den plötzlichen Tod der langjährigen Vorsitzenden,
Frau Geh. Regierungsrath v. Scherer, bei welcher Gelegenheit
ein Kranz mit weißem Bande und der Aufschrift: „Der Heidel-
berger Frauenverein" zum Sarg gestiftet wurde. Die beiden
Kinder der Verblichenen haben dafür an den Vorstand ein herz-
liches Dankschreiben gesandt. Sodann trug der Vorsitzende den
gedruckten Einleitungsbericht vor. Darnach ging im Jahre 1894,
dem 24. Vereinsjahr, die Thätigkeit des Vereins unvermindert
wie bisher fort. Zwölf von der Großherzogin übersandte
Exemplare der Schrift „Mit Gott" wurden an geeignete abgehende
Schülerinnen vertheilt. Die Ausstellung von selbstgefertigten
Handarbeiten der Großherzogin erfreute sich eines sehr großen
Besuchs; 730 Loose wurden abgesetzt, gegen 25 Gewinne fielen
auf unsere Stadt.
Der Bericht macht sodann Mittheilung über die Verleihung
von Ehrenkreuzen, die Ueberreichung eines Bildes der Groß-
herzogin in deren Auftrag an Frl. Krings, den Besuch der beiden
Jahresversammlungen des bad. Frauenvereins Seitens der Ver-
tretung des hiesigen Vereins, den neu eingerichteten Flickkurs,
die Uebernahme der Aufsicht über die Armenkinderpflege in den
Gemeinden des Kreises Heidelberg durch die betr. Fraueuvereine.
Die Erbschaft der Fräul. Munk ist in diesem Jahre ganz in
den Besitz des Vereins gekommen und nach dem Testament
zwischen der III. Abtheilung und der Vereinskasse gleichheitlich
getheilt worden.
Die Einnahme aus den verkauften 37 Beileidskarten betrug
74 und wurde an die Abtheilungen III, IV, V und VI für
arme Kranke vertheilt.
Die Vorträge von Dozenten der Universität zu Gunsten des
Vereins hatten im Winter 1893/94 die Summe von 1261 Mark
eingebracht, von der 281 Mark für Auslagen abgingen. Die
Reineinnahme wurde zu gleichen Theilen an die 6 Abtheilungen
und die Hauptkasse vertheilt.
Am Schluffe des Jahres betrug die Mitgliederzahl 283. Sehr
Wünschenswerth und erfreulich für das Gedeihen des Vereins
würde eine Zunahme von Mitgliedern sein.
Der Vorstand des Heidelberger Frauenvereins besteht z. Zt.
aus folgenden 17 Mitgliedern: Frau Geh. Reg.-Rath Pfister,
Vorsitzende des Vereins. Herrn Dr. W. Blum, Vorsitzender Bei-
rath. Frau Oberbürgermeister Dr. Wilckens, Stellvertreterin der
Vorsitzenoen. Frau Anna Blum, Schriftführerin. Herrn Alt-
oberbürgermeister Bilabel, Rechner des Vereins. Frau Hofrath
Holtzmann, Vorsitzende der Abtheilung I (Arbeitsschule). Beirath:
Herr Altoberbürgermeister Bilabel. Frau Hofrath Stark, Vor-
sitzende der Abtheilung II (Nähverein, Flickschule). Beirath: Herr
Stadtrath Hoffmann. Frau Prof. Kayser, Vorsitzende der Ab-
theilung UI (Krankenpflege, Frauenheim). Beirath: Herr Stadt-
pfarrer Schwarz. Fräul. Marie Koopmann, Vorsitzende der
Abtheilung IV (Wohlthätigkeitsverein, Suppenanstalt und Volks-
küche). Beirath: Herr Stadtpfarrer Schück. Frau Dr. Lobstein,
Vorsitzende der Abtheilung V (Herberge, Dienstvermittlung, Schule
für werbl. Dienstboten). Beiräthe: Herren Med.-Rath Mittermaier
und Stadtpfarrer Schmitthenner. Frau Kirchenrath Holsten, Vor-
sitzende der Abtheilung VI (Kinderaufsicht, Mädchenfürsorqe)
Beirath: Herr Bürgermeister Dr. Walz. ' '
An die Verlesung des Berichtes knüpfte der Vorsitzende die
Bemerkung, daß dem Frauenverein für seine wachsenden Auf-
gaben es an Geld fehle. Zwar nehme derselbe jährlich etwa
32000 Mark ein, allein dieser Betrag sei auch im abgelaufenen
Jahre rein aufgebraucht und er glaube, 100000 Mark jährlich
könnten ganz gut verbraucht werden für sehr nützliche Zwecke.
Die Hauptkasse nahm im Jahre 1894 rund 4000 Mk. ein, wovon
sie wesentlich nur 200 Mk. verbrauchte für Bedienung und Jah-
resbericht; den Rest vertheilte sie an die Abtheilungen, in wel-
chen die Thätigkeit des Frauenvereins sich ausprägt. Diese
Thätigkeit zerfällt im Wesentlichen in Unterricht, Armen- und
Krankenpflege. 5 verschiedene Sammlungen helfen die Mittel
beizubringen. Wir erfahren gelegentlich, daß die Heidelberger
sich aufhalten über die verschiedenen Sammlungen, allein wer den
Zweck will, muß auch die Mittel dazu wollen. Außerdem er-
halten wir Beiträge vom Staat und von der Gemeinde. Seit-
dem die Herren Professoren sich entschlossen haben, Vorträge zu
halten, deren Erträgniß dem Frauenverein zu Gute kommt, haben
wir etwa 1000 Mk. mehr jährlich zur Verfügung. Allein auch
dies hilft der Noth nicht ab. Obgleich mit Ausnahme der we-
nigen angestellten Frauen und Dienerinnen alle Damen ihre
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Dienste unentgeltlich leisten, so ist darüber in den unteren Klassen
eine sonderbare Auffassung verbreitet, wie sich aus der Aeuße-
rung einer Arbeitersfrau zu einer Vorstandsdame ergibt, die ihr
sagte, nun, wenn Sie zurücktreten, so kommt einer andern Frau
der Vortheil aus der Vorstandsstelle zu gut. Ich kann nur sagen,
wie mir bekannt ist, daß sämmtliche Vorstandsdamen außer
Opferung ihrer Zeit noch allerhand kleine Ausgaben auf ihre
Privatkasse übernehmen.
Hierauf folgte der Bericht der ersten Abtheilung von
Altbürgermeister Bilabel über die Frauenarbeitsschule. Das
vergangene Jahr brachte darnach für die Anstalt keine besonderen
Ereignisse. In gewohnter Weise wurde fleißig gelehrt und ge-
lernt und der Unterricht ertheilt von unsern drei Fachlehrerinnen.
Handnähen von Frl. Waldschütz, Maschinennähen, Zuschneiden,
Musterzeichnen, Weiß und Buntsticken, sowie geometrisches und
Freihandzeichnen von Frl. Menges und Kleidermachen mit Muster-
schnitt von Frl. Derudinger. Während eines längeren Unwohl-
seins von Frl. Menges half Frl. Hagenmeyer von Ziegelhausen
freundlich aus. Die Schule wurde besucht von 102 Schülerin-
nen. Davon waren Jahresschülerinnen 61, Kursusschülerinnen
17, Monatsschülerinnen 16, Freischülerinnen 8, zusammen 102.
Privatunternehmungen verschiedener Art, die fortwährend neu
auftauchen und dem Kurs Konkurrenz machen, wirken natür-
lich nicht fördernd auf unsern Schulbesuch. Doch ist die
Anstalt fest gegründet als ein nothwendiges Glied in der Reihe
der Mädchenschulen und von den Leistungen derselben geben die
Ausstellungen der Arbeiten der Schülerinnen am Schluß des
Sommerkurses alljährlich den erfreulichsten Beweis.
Der Bericht der zweitenAbtheilung wurde von Stadt-
rath Hoffmann vorgetragen. Er betrifft den Nähverein.
Darnach waren in hergebrachter Weise im Jahre 1894 die Damen
der zweiten Abtheilung an Mittwochnachmittagen versammelt,
um für bedürftige Arme und Kinder zu nähen. Es wurden an
37 Arbeitstagen angefertigt: au Bettwäsche 146 Stück, an Leib-
wäsche 52 Stück und an Kinderwäsche 268 Stück, zusammen
466 Stück. Frau Hofrath Stark unterzog sich freundlich der
Mühe der Austheiluug und es wurden 256 Stück Wäsche abge-
geben. Herr Hoffmann schloß daran den Wunsch, daß sich noch
mehr Mädchen und Frauen an den Näharbeiten der Abtheilung
betheiligen möchten. Diese Abtheilung arbeite in der Stills in-
dem sie anderen Abtheilungen ihre Arbeiten zur Verwendung
übergebe. Schließlich wurde noch des Rücktritts der langjähri-
gen verdienten Stellvertreterin der Vorsitzenden, Frl. Ehrmann,
gedacht.
Hieran knüpfte Dr. Blum den Bericht über die Flick-
schule, da sie der II. Abtheilung eingereiht wurde.
Seit Mitte Januar hat die neugegründete Flickschule ihren An-
fang genommen. Die erste Anregung dazu kam uns von Frau
Lauter in Karlsruhe, Wittwe des verstorbenen Oberbürgermeisters
daselbst, die vor etlichen Jahren im Frauenverein eine solche im
kleinen Umfang gründete, die aber jetzt solchen Zuspruch findet,
daß an 300 Mädchen, vertheilt auf 4 Abende in der Woche,
Unterricht ertheilt wird. Die Flickschulen haben den Zweck,
junge Mädchen im Flicken und Ausbessern von Weißzeug und
Kleidungsstücken zu unterweisen und dadurch zu Fleiß, Ordnung
und Sparsamkeit zu erziehen.
Auch wir hatten beschlossen, den ersten Versuch nicht allzusehr
auszudehnen und auf ergangene Aufforderung an die 8. Classi
der Volksschule und an die Fortbildungsschülerinnen haben sich
50 Mädchen gemeldet, die nun einmal in der Woche,
Abends von ^2-5 bis '^7 Uhr zusammen kommen und aus-
besserungsbedürftige und reingewaschene Sachen aus ihren Fa-
milien mitbringen. Dank allseitigem Entgegenkommen können
wir mit Freuden constatiren, daß wir mit dem Verlauf des
Unternehmens bis jetzt zufrieden sein dürfen. Die städtische
und die Schulbehörde haben uns bereitwilligst Lokal und Be-
leuchtung zur Verfügung gestellt, ein Freund der Sache gibt die
Mittel zur Anschaffung des Flickmaterials, welches den Mädchen
natürlich unentgeltlich geliefert wird, und bestreitet die Kosten
der Reinigung des Lokals. Doch was das Wichtigste ist, es
fanden sich verschiedene Damen, die sich bereit erklärten, jedes
Mal den Unterricht zu übernehmen, eine Verpflichtung, die des-
halb nöthig ist, da jede Dame stets die gleichen Kinder beauf-
sichtigen soll, indem sie nur dadurch, daß sie dieselben näher
kennen lernt, Einfluß auf sie gewinnen kann, und dadurch Freude
und Segen für die Arbeit entsteht. Noch besonders hervor-
zuheben ist die große Freundlichkeit und Bereitwilligkeit, mit der
die 6 Jndustrielehrerinnen abwechselnd, auf Wunsch der Damen,
mit Rath und That zur Seite stehen.
Folgende Damen betheiligen sich: Fräulein Eisenmenger,
Fräulein Faller, Fräulein Gaß, Frau Heukenius, Frau Kuntz,
Frau Mathes, Fräulein Stark, Fräulein Wollmar, Frau A.
Blum. Bei etwaiger Verhinderung einer dieser Damen haben
sich Frau Strübe und Frau Ammann freundlichst bereit erklärt,
für sie an diesem Tage einzutreten.
Folgende Lehrerinnen kommen abwechselnd: Frau Cromer,
Fräulein Henninger, Fräulein Jrion, Fräulein Ewald, Fräulem
Schultz, Fräulein Stulz.
Damit den Mädchen eine kleine Freude als Belohnungsfur
ihren Fleiß und gutes Betragen geboten werden kann, dürfen
sie jeweils am Schluß des Unterrichts Lieder singen und soll
ihnen später auch vorgelesen werden.
Frau Lauter war so freundlich, uns ein von ihr verfaßtes
Flickschullied zukommen zu lassen, welches Herr Lehrer Klett den
Mädchen der 8. Classe gütigst einstudirt hat.
Was nun die finanzielle Seite betrifft, so werden die Aus-
lagen in Karlsruhe für die Schule von der Frauenvereinscasse
getragen. Wie sich das später bei uns machen wird, muß dw
Zeit lehren. Vorderhand hoffen wir, daß unsere Absicht,
nächsten Winter das Unternehmen fortsetzen zu können, in Er-
füllung gehen möge; es sollen dann diejenigen Mädchen rm
October aufgefordert werden, die bis Ostern confirmirt werden,
indem dadurch ermöglicht wird, daß auch denjenigen Mädchen,
die vor der 8. Classe aus der Schule treten, der Unterricht zu
gute kommt. Der bisherige wird bis Ostern fortgesetzt.
Den Bericht der Abtheilung lll (Krankenpflege und
Frauenheim) trug der Beirath Hr. Stadtpf. Schwarz vor, indem
er hinzusetzte, der evangelische Kirchengemeinderath habe dre
Mittel für 2 Krankenschwestern bewilligt, die unentgeltüche
Dienste leisten sollten. Bei dem großen Bedürfniß nach Kranken-
pflegerinnen wurde diese Vermehrung der Schwestern begrüßt
von der Abtheilung. Ferner bemerkte er, daß der Besuch des
Frauenheims stetig zunehme, so daß das Lokal anfange, zu klem
zu sein.
Hieran knüpfte Dr. Blum den Bericht über die Entwicklung
der Krankenpflege im Krieg. Diese sei in Baden aus verschie-
denen Ursachen zurückgeblieben, z. B. gegenüber Bayern. I. K.H-
die Großherzogin habe deßhalb die Sache vor eine Frauen-
vereinsversammlung in Baden gebracht. Herr Oberst Stiefbold
habe dort einen Vortrag gehalten und die Angelegenheit in A
Hand genommen. Durch die Kriegssanitätsordnung von 1878 -
rst dre freiwillige Arbeit der Frauen- und Männer-Vereine für
das rothe Kreuz organisch verbunden und durch den Organisations-
plan vom 5. September 1887 ist der freiwilligen Krankenpflege
eme wesentliche Mitwirkung im Kriege eingeräumt. In dem- ,
selben sind 3 Zonen anzunehmen. Im Bezirk der Feldarmee tritt
nur militärische Hilfe ein. Schlachtenbummler sind ausgeschlossen, i
Im Etappenbezirk wird neben der militärischen Sanitätspflege ß
eine rege Thätigkeit der freiwilligen Krankenpflege gewünscht- s
Im 3. Bezirk im Jnlande mit der Reservearmee wird die Mit-Z
Wirkung der freiwilligen Krankenpflege erwartet. Zu letzterer 1
gehören vor Allem die Angehörigen des rothen Kreuzes. Baden i
habe vor Allem für seine Armeekorps zu sorgen, dafür seien 1
4400 Lagerstätten mit 440 Krankenpflegern und Pflegerinnen Z
nöthig. Soviel ausgebildetes Personal haben wir nicht. Wir
müßten also für Krankenpflegerinnen sorgen. Hierzu ist zu be-
merken, daß im ganzen Unterland für neue Lazarethe wegen der Z
Krankenversicherung gearbeitet wird. Im Kreis Heidelberg Z
(sreis. Ver.) weist darauf hin, daß trotz des Abstrichs gegenüber
dem vorigen Jahre zwei Millionen Mark mehr bewilligt würden.
Das Haus nimmt darauf den Commissionsantrag an.
Beim Capitel „Garnisonverwaltung" erklärt Ministerialdirektor
Perels: Die Tuchlieferung auf dem Wege der allgemeinen
Submission habe sich nicht bewährt. Seit 1891 sei die Lieferung
zwei Firmen übertragen, der Vertrag jedoch jetzt gekündigt worden.
Auf Grund einer neuen beschränkten Submission würden vom
Jahre 1896 ab neun Firmen an der Tuchlieferung theilnehmen.
Das Capitel wird bewilligt.
Nachdem mehrere Capitel gemäß den Commissionsanträgen
genehmigt worden sind, entsteht eine längere Verhandlung über
das Capitel „Instandhaltung der Flotte, Werftanlagen". Abg.
Legi en (Soc.) beklagt die zahlreichen Arbeiterentlassungen auf
den Werften, welchen durch Verkürzung der Arbeitszeit vorzubeugen
gewesen sei. Staatssekretär Hollmann erwidert, die Marine-
verwaltung habe durchaus ein Interesse daran, sich einen festen
Arbeiterstand zu erhalten, befinde sich aber in einer Nothlage,
weil in den Wintermonaten die Arbeit wegen der Reparaturen
der Manöverflotte sich gehäuft hätte. Bei einer Nachfrage hätten
die älteren Arbeiter gegen und nur die jüngeren für eine Ver-
kürzung der Arbeitszeit gestimmt. Die Abgg. v. Kardorff
(Reichsp.) und Dr. Hammacher (nat.-lib.) heben hervor, falls
die Socialdemokraten die neuen Schiffsbauten bewilligten, würden
die Arbeiterentlassungen überflüssig. Abg. Legi en (Soc.) be-
streitet, daß die älteren Arbeiter einer Verkürzung der Arbeitszeit
abgeneigt seien. Staatssekretär Hollmann hält seine darauf
bezüglichen Angaben aufrecht. Abg. v. Kardorff (Reichsp.)
meint, wenn die Arbeiter nur Leute ins Parlament schicken, die
keine Schiffe und kein Heer wollten, so müßten sie die Folgen
der Arbeiterentlassungen tragen. Abg. Bebel (Soc.) verwahrt
sich, daß die Socialisten keine Schiffe und kein Heer wollten,
und nennt den Standpunkt des Abgeordn. v. Kardorff lächerlich.
(Oho! rechts.)
Der Rest der dauernden Ausgaben des Ordinariums wird
nach unerheblicher Verhandlung genehmigt.
Bei den einmaligen Ausgaben des Ordinariums theilt der
Berichterstatter Abg. Dr. Lieber (Centr.) mit, nach den Er-
klärungen in der Commission beabsichtige die Regierung nicht,
die Hochseepanzer über 14 zu vermehren. Bis zum Ende des
Jahrhunderts seien nur zwei Panzer-Ersatzbauten zu erwarten.
Alles andere sei private Zukunftsmusik. Bezüglich der Kreuzer
zweiter Klasse sei nicht beabsichtigt, über den Rahmen der Denk-
schrift des Jahres 1889/90, in der sieben Kreuzer in Aussicht
genommen waren, hinauszugehen. Bezüglich der Kreuzer erster
Klasse sei zunächst nur „Ersatz Leipzig" in Aussicht genommen.
Die Regierungen behielten sich jedoch betreffs dieser Klasse für
die spätere Zukunft freie Hand vor.
Hierauf wurde die Weiterberathung auf morgen vertagt.
Außerdem steht zur Berathung der Militäretat.
Baden. Der Straßb. Post schreibt man aus Karls-
ruhe: Die Zurruhesetzung des Oberkirchenrathspräsidenten
Dr. Franz Ludwig v. Stösser, der auf 1. April
Wohnung in Freiburg gemiethet hat, wird für die nächste
Zeit erwartet. Als Nachfolger des Präsidenten des Ver-
waltungsgerichtshofs Dr. Friedrich Wiel andt, welcher
mit der Leitung des evangelischen Oberkirchenraths betraut
werden wird, nennt man den Ministerialdirektor Dr. Karl
Schenkel vom Ministerium des Innern, und als
Ministerialrath bei diesem Ministerium soll Ministerial-
direktor Dr. Richard Reinhard in Aussicht genommen
fein. Ministerialdirektor Dr: Schenkel hat sich als Schrift-
steller auf dem Gebiete des Verwaltungsrechts durch seine
Commentare über die Gewerbeordnung, das badische Jagd-
recht und das badische Wasserrecht einen Namen gemacht,
ist auch als Vorsitzender des Landesversicherungsamts und
Lehrer der Rechtswissenschaft an der technischen Hochschule
hier seit 1875 thätig, also zum Präsidenten des obersten
Verwaltungsgerichts vorzüglich befähigt. Ministerialrath
Dr. Reinhard, dessen bevorstehende Ernennung zum
Ministerialdirektor nur mit allem Vorbehalt hier ange-
kündigt sei, war von 1877 bis 1890 Amtsvorstand des
Amtsbezirks Kehl und später in Baden-Baden; er gehört
erst seit 1893 dem Ministerium des Innern ckls Ministerial-
rath an.
— In ihrer soeben ausgegebenen zweiten Nummer
schreibt die Badische Nationalliberale Korre-
spondenz in Erwiderung auf die von der Karlsr. Ztg.
wegen den Conservativen gemachten Ausstellung:
Wir können die gemäßigt-conservativen Elemente, deren sich
die Karlsr. Zeitung so warm annimmt, in der conservativen
Presse und der conservativen Agitation nicht entdecken. Mit be-
sonnenen, denkenden, vorurtheilsfreien Conservativen haben wir
uns früher verständigt, insbesondere in nationalen Fragen; eine
Verständigung mit diesen wird uns auch in Zukunft willkommen
sein. Diese Elemente kommen aber in der Parteipreffe und der
Agitation gar nicht zum Worte. Die gegenwärtigen Wortführer
der conservativen Partei und deren Sache zu unterstützen, das
müssen wir unbedingt und weit abweisen. Das wird nicht ge-
schehen, selbst wenn ein noch stärkerer Druck ausgeübt würde,
als es die Karlsr. Zeitung vermag. Ueberhaupt ist es nicht
unsere Sache, die conservativen Elemente zu stärken, das mögen
die Conservativen thun. Die Partei des Liberalismus glaubt,
den staatserhaltenden Interessen — und conservativ heißt doch
erhaltend — am besten zu dienen, wenn sie nach ihren eigenen
Grundsätzen wirkt, wie sie es seit so langer Zeit gethan hat.
Wir meinen, mit der Erfahrung dieser Zeit könnte auch die
Karlsr. Zeitung zufrieden sein. Eine Unterstützung ist uns hoch
erfreulich, ob sie von Männern kommt, die in einzelnen Fragen
etwas nach rechts oder nach links gehen. Extreme Richtungen
aber können wir nicht als ftaatserhaltend betrachten, mögen sie
sich nun conservativ oder demokratisch nennen.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— (Zurruhesetzung.) Seine Königliche Hoheit der
Großherzog haben den Professor Dr. Julius Bier-
baum an der Höheren Mädchenschule in Karlsruhe auf sein
Ansuchen bis zur Wiederherstellung seiner Gesundheit in den
Ruhestand versetzt.
— Mit Entschließung Großh. Generaldirektion der Staats-
Elsenbahnen vom 23. Februar d. I. wurden Expeditions-
Mststent Adolf Franz beim Stationsamt in Freiburg zum
Betirebsasststenten daselbst ernannt und Expeditionsassistent
Friedrich Stephan bei der Güterverwaltung Waldshut
zum Statwnsamt Emmendingen versetzt.
. ? s? tz e s- und Verordnungsblatt für
das Großherzogthum Baden Nr.5enthält: Bekannt-
machungen und Verordnung des Ministeriums des Innern:
Len Vollzug des Gesetzes vom 5. Oktober 1863 über die
Orgamsatlon der inneren Verwaltung betreffend; Satzungen
über Aufnahme von Kranken in das Landesbad zu Baden;
die für Verpflegung von Kranken im Landesbad zu Baden zu
entrichtenden Vergütungen betreffend.
Karlsruhe, 28. Febr. Der Großherzog em-
pfing heute den Bezirkspräsidenten für Lothringen, Frei-
herrn von Hammerstein in Metz. Abends findet eine
größere Hoftafel statt, zu welcher der Bezirkspräsident
Freiherr von Hammerstein, sowie verschiedene andere
Personen geladen sind. Der Erbgroßherzog traf
gestern Abend mit dem Orientexpreßzug mit großer Ver-
spätung hier ein. Derselbe ist heute Nachmittag 4 Uhr
nach Freiburg weiter gereist.
Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 27. Febr. Das Fremden-
blatt erfährt, es sei als sicher anzunehmen, daß Oesterreich
einer etwaigen Einladung zur Theilnahme an einer
Währungskonferenz zustimmen werde.
Wien, 28. Febr. Der deutsche Kaiser ernannte
den Kaiser Franz Joseph zum preuß. General-
feldmarschall. Die Insignien, bestehend aus zwei
goldgestickten Miniaturmarschallstäben als Epaulettenschmuck,
wurden gestern dem Kaiser überreicht.
Graz, 28. Febr. Der hiesige Bismarckausschuß
erhielt aus Preußisch-Schlesien die Aufforderung, die Steirer
möchten sich der Fahrt der Schlesier nach Friedrichsruh
im Mai anschließen.
Italien. Rom, 28. Februar. Heute Vormittag um
11 Uhr erschien Giolitti infolge einer ihm zugegangenen
Vorladung vor dem Untersuchungsrichter, um über die
gegen ihn von der Frau Crispi erhobenen Anklagen ver-
nommen zu werden.
Rußland. Kaiser Nikolaus hat den bisherigen Bot-
schafter in Wien, Fürsten Lobanow, zum Nachfolger
des Herrn v. Giers als Minister der Auswärtigen
Angelegenheiten ernannt (also nicht den Botschafter
v. Staal in London). Er hat damit die Ernennung des
Fürsten zum Nachfolger des Grafen Schuwalow als Bot-
schafter in Berlin rückgängig gemacht. Bisher lauteten
die Nachrichten dahin, das; Fürst Lobanow, der in diesen
Tagen in Wien sein Abberufungsschreiben übergeben sollte,
zunächst den Berliner Botschafterposten übernehmen und
voraussichtlich erst im Herbst nach Petersburg als Minister
des Auswärtigen berufen werden würde. Seine Ernennung
nach Petersburg ist jetzt vom Kaiser Nikolaus beschleunigt
worden. Schon seit einer Reihe von Jahren galt Fürst
Lobanow als voraussichtlicher Nachfolger des Ministers
v. Giers. Er ist zweifellos der Begabteste und Kenntniß-
reichste unter den russischen Diplomaten und seine lang-
jährige diplomatische Laufbahn hat ihn namentlich mit den
Verhältnissen im Orient, in England und in Oesterreich-
Ungarn genau vertraut gemacht.
Jahresversammlung des Heidelberger Frauenvereins.
0 Heidelberg, 1. März.
Wie schon kurz erwähnt, fand am 27. Februar die diesjährige
Jahresversammlung des hiesigen Frauen-Vereins statt.
Der Vorsitzende, Dr. Blum, eröffnete die Versammlung und
erwähnte zuerst den plötzlichen Tod der langjährigen Vorsitzenden,
Frau Geh. Regierungsrath v. Scherer, bei welcher Gelegenheit
ein Kranz mit weißem Bande und der Aufschrift: „Der Heidel-
berger Frauenverein" zum Sarg gestiftet wurde. Die beiden
Kinder der Verblichenen haben dafür an den Vorstand ein herz-
liches Dankschreiben gesandt. Sodann trug der Vorsitzende den
gedruckten Einleitungsbericht vor. Darnach ging im Jahre 1894,
dem 24. Vereinsjahr, die Thätigkeit des Vereins unvermindert
wie bisher fort. Zwölf von der Großherzogin übersandte
Exemplare der Schrift „Mit Gott" wurden an geeignete abgehende
Schülerinnen vertheilt. Die Ausstellung von selbstgefertigten
Handarbeiten der Großherzogin erfreute sich eines sehr großen
Besuchs; 730 Loose wurden abgesetzt, gegen 25 Gewinne fielen
auf unsere Stadt.
Der Bericht macht sodann Mittheilung über die Verleihung
von Ehrenkreuzen, die Ueberreichung eines Bildes der Groß-
herzogin in deren Auftrag an Frl. Krings, den Besuch der beiden
Jahresversammlungen des bad. Frauenvereins Seitens der Ver-
tretung des hiesigen Vereins, den neu eingerichteten Flickkurs,
die Uebernahme der Aufsicht über die Armenkinderpflege in den
Gemeinden des Kreises Heidelberg durch die betr. Fraueuvereine.
Die Erbschaft der Fräul. Munk ist in diesem Jahre ganz in
den Besitz des Vereins gekommen und nach dem Testament
zwischen der III. Abtheilung und der Vereinskasse gleichheitlich
getheilt worden.
Die Einnahme aus den verkauften 37 Beileidskarten betrug
74 und wurde an die Abtheilungen III, IV, V und VI für
arme Kranke vertheilt.
Die Vorträge von Dozenten der Universität zu Gunsten des
Vereins hatten im Winter 1893/94 die Summe von 1261 Mark
eingebracht, von der 281 Mark für Auslagen abgingen. Die
Reineinnahme wurde zu gleichen Theilen an die 6 Abtheilungen
und die Hauptkasse vertheilt.
Am Schluffe des Jahres betrug die Mitgliederzahl 283. Sehr
Wünschenswerth und erfreulich für das Gedeihen des Vereins
würde eine Zunahme von Mitgliedern sein.
Der Vorstand des Heidelberger Frauenvereins besteht z. Zt.
aus folgenden 17 Mitgliedern: Frau Geh. Reg.-Rath Pfister,
Vorsitzende des Vereins. Herrn Dr. W. Blum, Vorsitzender Bei-
rath. Frau Oberbürgermeister Dr. Wilckens, Stellvertreterin der
Vorsitzenoen. Frau Anna Blum, Schriftführerin. Herrn Alt-
oberbürgermeister Bilabel, Rechner des Vereins. Frau Hofrath
Holtzmann, Vorsitzende der Abtheilung I (Arbeitsschule). Beirath:
Herr Altoberbürgermeister Bilabel. Frau Hofrath Stark, Vor-
sitzende der Abtheilung II (Nähverein, Flickschule). Beirath: Herr
Stadtrath Hoffmann. Frau Prof. Kayser, Vorsitzende der Ab-
theilung UI (Krankenpflege, Frauenheim). Beirath: Herr Stadt-
pfarrer Schwarz. Fräul. Marie Koopmann, Vorsitzende der
Abtheilung IV (Wohlthätigkeitsverein, Suppenanstalt und Volks-
küche). Beirath: Herr Stadtpfarrer Schück. Frau Dr. Lobstein,
Vorsitzende der Abtheilung V (Herberge, Dienstvermittlung, Schule
für werbl. Dienstboten). Beiräthe: Herren Med.-Rath Mittermaier
und Stadtpfarrer Schmitthenner. Frau Kirchenrath Holsten, Vor-
sitzende der Abtheilung VI (Kinderaufsicht, Mädchenfürsorqe)
Beirath: Herr Bürgermeister Dr. Walz. ' '
An die Verlesung des Berichtes knüpfte der Vorsitzende die
Bemerkung, daß dem Frauenverein für seine wachsenden Auf-
gaben es an Geld fehle. Zwar nehme derselbe jährlich etwa
32000 Mark ein, allein dieser Betrag sei auch im abgelaufenen
Jahre rein aufgebraucht und er glaube, 100000 Mark jährlich
könnten ganz gut verbraucht werden für sehr nützliche Zwecke.
Die Hauptkasse nahm im Jahre 1894 rund 4000 Mk. ein, wovon
sie wesentlich nur 200 Mk. verbrauchte für Bedienung und Jah-
resbericht; den Rest vertheilte sie an die Abtheilungen, in wel-
chen die Thätigkeit des Frauenvereins sich ausprägt. Diese
Thätigkeit zerfällt im Wesentlichen in Unterricht, Armen- und
Krankenpflege. 5 verschiedene Sammlungen helfen die Mittel
beizubringen. Wir erfahren gelegentlich, daß die Heidelberger
sich aufhalten über die verschiedenen Sammlungen, allein wer den
Zweck will, muß auch die Mittel dazu wollen. Außerdem er-
halten wir Beiträge vom Staat und von der Gemeinde. Seit-
dem die Herren Professoren sich entschlossen haben, Vorträge zu
halten, deren Erträgniß dem Frauenverein zu Gute kommt, haben
wir etwa 1000 Mk. mehr jährlich zur Verfügung. Allein auch
dies hilft der Noth nicht ab. Obgleich mit Ausnahme der we-
nigen angestellten Frauen und Dienerinnen alle Damen ihre
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Dienste unentgeltlich leisten, so ist darüber in den unteren Klassen
eine sonderbare Auffassung verbreitet, wie sich aus der Aeuße-
rung einer Arbeitersfrau zu einer Vorstandsdame ergibt, die ihr
sagte, nun, wenn Sie zurücktreten, so kommt einer andern Frau
der Vortheil aus der Vorstandsstelle zu gut. Ich kann nur sagen,
wie mir bekannt ist, daß sämmtliche Vorstandsdamen außer
Opferung ihrer Zeit noch allerhand kleine Ausgaben auf ihre
Privatkasse übernehmen.
Hierauf folgte der Bericht der ersten Abtheilung von
Altbürgermeister Bilabel über die Frauenarbeitsschule. Das
vergangene Jahr brachte darnach für die Anstalt keine besonderen
Ereignisse. In gewohnter Weise wurde fleißig gelehrt und ge-
lernt und der Unterricht ertheilt von unsern drei Fachlehrerinnen.
Handnähen von Frl. Waldschütz, Maschinennähen, Zuschneiden,
Musterzeichnen, Weiß und Buntsticken, sowie geometrisches und
Freihandzeichnen von Frl. Menges und Kleidermachen mit Muster-
schnitt von Frl. Derudinger. Während eines längeren Unwohl-
seins von Frl. Menges half Frl. Hagenmeyer von Ziegelhausen
freundlich aus. Die Schule wurde besucht von 102 Schülerin-
nen. Davon waren Jahresschülerinnen 61, Kursusschülerinnen
17, Monatsschülerinnen 16, Freischülerinnen 8, zusammen 102.
Privatunternehmungen verschiedener Art, die fortwährend neu
auftauchen und dem Kurs Konkurrenz machen, wirken natür-
lich nicht fördernd auf unsern Schulbesuch. Doch ist die
Anstalt fest gegründet als ein nothwendiges Glied in der Reihe
der Mädchenschulen und von den Leistungen derselben geben die
Ausstellungen der Arbeiten der Schülerinnen am Schluß des
Sommerkurses alljährlich den erfreulichsten Beweis.
Der Bericht der zweitenAbtheilung wurde von Stadt-
rath Hoffmann vorgetragen. Er betrifft den Nähverein.
Darnach waren in hergebrachter Weise im Jahre 1894 die Damen
der zweiten Abtheilung an Mittwochnachmittagen versammelt,
um für bedürftige Arme und Kinder zu nähen. Es wurden an
37 Arbeitstagen angefertigt: au Bettwäsche 146 Stück, an Leib-
wäsche 52 Stück und an Kinderwäsche 268 Stück, zusammen
466 Stück. Frau Hofrath Stark unterzog sich freundlich der
Mühe der Austheiluug und es wurden 256 Stück Wäsche abge-
geben. Herr Hoffmann schloß daran den Wunsch, daß sich noch
mehr Mädchen und Frauen an den Näharbeiten der Abtheilung
betheiligen möchten. Diese Abtheilung arbeite in der Stills in-
dem sie anderen Abtheilungen ihre Arbeiten zur Verwendung
übergebe. Schließlich wurde noch des Rücktritts der langjähri-
gen verdienten Stellvertreterin der Vorsitzenden, Frl. Ehrmann,
gedacht.
Hieran knüpfte Dr. Blum den Bericht über die Flick-
schule, da sie der II. Abtheilung eingereiht wurde.
Seit Mitte Januar hat die neugegründete Flickschule ihren An-
fang genommen. Die erste Anregung dazu kam uns von Frau
Lauter in Karlsruhe, Wittwe des verstorbenen Oberbürgermeisters
daselbst, die vor etlichen Jahren im Frauenverein eine solche im
kleinen Umfang gründete, die aber jetzt solchen Zuspruch findet,
daß an 300 Mädchen, vertheilt auf 4 Abende in der Woche,
Unterricht ertheilt wird. Die Flickschulen haben den Zweck,
junge Mädchen im Flicken und Ausbessern von Weißzeug und
Kleidungsstücken zu unterweisen und dadurch zu Fleiß, Ordnung
und Sparsamkeit zu erziehen.
Auch wir hatten beschlossen, den ersten Versuch nicht allzusehr
auszudehnen und auf ergangene Aufforderung an die 8. Classi
der Volksschule und an die Fortbildungsschülerinnen haben sich
50 Mädchen gemeldet, die nun einmal in der Woche,
Abends von ^2-5 bis '^7 Uhr zusammen kommen und aus-
besserungsbedürftige und reingewaschene Sachen aus ihren Fa-
milien mitbringen. Dank allseitigem Entgegenkommen können
wir mit Freuden constatiren, daß wir mit dem Verlauf des
Unternehmens bis jetzt zufrieden sein dürfen. Die städtische
und die Schulbehörde haben uns bereitwilligst Lokal und Be-
leuchtung zur Verfügung gestellt, ein Freund der Sache gibt die
Mittel zur Anschaffung des Flickmaterials, welches den Mädchen
natürlich unentgeltlich geliefert wird, und bestreitet die Kosten
der Reinigung des Lokals. Doch was das Wichtigste ist, es
fanden sich verschiedene Damen, die sich bereit erklärten, jedes
Mal den Unterricht zu übernehmen, eine Verpflichtung, die des-
halb nöthig ist, da jede Dame stets die gleichen Kinder beauf-
sichtigen soll, indem sie nur dadurch, daß sie dieselben näher
kennen lernt, Einfluß auf sie gewinnen kann, und dadurch Freude
und Segen für die Arbeit entsteht. Noch besonders hervor-
zuheben ist die große Freundlichkeit und Bereitwilligkeit, mit der
die 6 Jndustrielehrerinnen abwechselnd, auf Wunsch der Damen,
mit Rath und That zur Seite stehen.
Folgende Damen betheiligen sich: Fräulein Eisenmenger,
Fräulein Faller, Fräulein Gaß, Frau Heukenius, Frau Kuntz,
Frau Mathes, Fräulein Stark, Fräulein Wollmar, Frau A.
Blum. Bei etwaiger Verhinderung einer dieser Damen haben
sich Frau Strübe und Frau Ammann freundlichst bereit erklärt,
für sie an diesem Tage einzutreten.
Folgende Lehrerinnen kommen abwechselnd: Frau Cromer,
Fräulein Henninger, Fräulein Jrion, Fräulein Ewald, Fräulem
Schultz, Fräulein Stulz.
Damit den Mädchen eine kleine Freude als Belohnungsfur
ihren Fleiß und gutes Betragen geboten werden kann, dürfen
sie jeweils am Schluß des Unterrichts Lieder singen und soll
ihnen später auch vorgelesen werden.
Frau Lauter war so freundlich, uns ein von ihr verfaßtes
Flickschullied zukommen zu lassen, welches Herr Lehrer Klett den
Mädchen der 8. Classe gütigst einstudirt hat.
Was nun die finanzielle Seite betrifft, so werden die Aus-
lagen in Karlsruhe für die Schule von der Frauenvereinscasse
getragen. Wie sich das später bei uns machen wird, muß dw
Zeit lehren. Vorderhand hoffen wir, daß unsere Absicht,
nächsten Winter das Unternehmen fortsetzen zu können, in Er-
füllung gehen möge; es sollen dann diejenigen Mädchen rm
October aufgefordert werden, die bis Ostern confirmirt werden,
indem dadurch ermöglicht wird, daß auch denjenigen Mädchen,
die vor der 8. Classe aus der Schule treten, der Unterricht zu
gute kommt. Der bisherige wird bis Ostern fortgesetzt.
Den Bericht der Abtheilung lll (Krankenpflege und
Frauenheim) trug der Beirath Hr. Stadtpf. Schwarz vor, indem
er hinzusetzte, der evangelische Kirchengemeinderath habe dre
Mittel für 2 Krankenschwestern bewilligt, die unentgeltüche
Dienste leisten sollten. Bei dem großen Bedürfniß nach Kranken-
pflegerinnen wurde diese Vermehrung der Schwestern begrüßt
von der Abtheilung. Ferner bemerkte er, daß der Besuch des
Frauenheims stetig zunehme, so daß das Lokal anfange, zu klem
zu sein.
Hieran knüpfte Dr. Blum den Bericht über die Entwicklung
der Krankenpflege im Krieg. Diese sei in Baden aus verschie-
denen Ursachen zurückgeblieben, z. B. gegenüber Bayern. I. K.H-
die Großherzogin habe deßhalb die Sache vor eine Frauen-
vereinsversammlung in Baden gebracht. Herr Oberst Stiefbold
habe dort einen Vortrag gehalten und die Angelegenheit in A
Hand genommen. Durch die Kriegssanitätsordnung von 1878 -
rst dre freiwillige Arbeit der Frauen- und Männer-Vereine für
das rothe Kreuz organisch verbunden und durch den Organisations-
plan vom 5. September 1887 ist der freiwilligen Krankenpflege
eme wesentliche Mitwirkung im Kriege eingeräumt. In dem- ,
selben sind 3 Zonen anzunehmen. Im Bezirk der Feldarmee tritt
nur militärische Hilfe ein. Schlachtenbummler sind ausgeschlossen, i
Im Etappenbezirk wird neben der militärischen Sanitätspflege ß
eine rege Thätigkeit der freiwilligen Krankenpflege gewünscht- s
Im 3. Bezirk im Jnlande mit der Reservearmee wird die Mit-Z
Wirkung der freiwilligen Krankenpflege erwartet. Zu letzterer 1
gehören vor Allem die Angehörigen des rothen Kreuzes. Baden i
habe vor Allem für seine Armeekorps zu sorgen, dafür seien 1
4400 Lagerstätten mit 440 Krankenpflegern und Pflegerinnen Z
nöthig. Soviel ausgebildetes Personal haben wir nicht. Wir
müßten also für Krankenpflegerinnen sorgen. Hierzu ist zu be-
merken, daß im ganzen Unterland für neue Lazarethe wegen der Z
Krankenversicherung gearbeitet wird. Im Kreis Heidelberg Z