ßMcint tälilich
' ansgeuommen.
reis
^amilienblättern
"S-ichMPf
"i«'s H«»s gebracht.
! Vmch di- V b-S°g-u
j «,Mli-b«ch ZuMgckmhr.
»-»»aM-MtchUii! Nr. 12.
jejdklbnHer Zeitung
JnsertionSgebüürr
15 Pf. für die IspalÜW
Penrzeile od. deren RauM,
Für hiesige Geschäfts- AM-
Prwalanzeigen bedeuterck
Gratts-AusÄlaa
der Inserate am oen BlakBs
tafeln der Heidelv. ZeitMH
und den Plakatsäulen-
Tkicuaau-A Nchlutz Nr. c 2.
>n. !.
Auf i>ie
„Heidelberger Zeitung"
»«Mil Kal- und KrMvrrkMizMgsdlatt für Ken Arris
KeiLellirrz
Mistwoch, drn 2. Januar
18W.
werden Bestellungen für das I. Quartal 1895,
E- Januar, Februar, März -MU
> i Mm Postanstalten, den Briefträgern, den Agenten, bei
den Trägern in der Stadt, sowie in der Expedition, Untere
NeckÄraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Bsg., frei in's Haus
krackt, durch die Post bezogen Mk. 1.25 vierteljährlich,
M Zustellgebühr Mk. 1.65.
^^^^^^Politische Umschau.
Heidelberg, 2. Januar.
Nun ist das neue Jahr da! Bei dem Läuten der
Neujahrsglocken haben ihm viel Taufend Menschenherzen
entgegengejubelt. Mit mehr oder minder gewandten Reden,
M Gläserklang und Prositrufen hat man ihm die Rolle
eines Segen- und Glückspenders aufzuschmeicheln gesucht
und am Ende wird man enttäuscht finden, daß es nicht
besser war wie die anderen. Wie sollen auch die Jahre
sich bessern, wenn die Menschen nicht besser werden! Alle
Reform muß von innen kommen und so nicht am wenigsten
die Reform im Streben nach Glück. Wer im neuen Jahr
seinen Egoismus, wo nicht gänzlich überwunden, so doch
stärker gezügelt haben wird, als im vorigen Jahre, wer
höflicher, hilfsbereiter und gerechter gewesen sein wird,
wer seine Lebensgewohnheiten mehr nach den Gesetzen der
Natur gerichtet, wer dem rohen Materialismus zu Gunsten
des Geistes- und Gemüthslebens mehr als bisher entsagt
haben wird, der wird am Ende des Jahres finden, daß
er glücklicher wie vorher gewesen ist. Dies lag dann aber
nicht an dem Jahre, sondern an ihm selbst. Gerade in
diesem Sinne bewährt sich das Sprichwort: Ein Jeder
ist seines Glückes Schmied. Was aber für den Einzelnen
gilt, hat auch für das ganze Volk Geltung.
Ueber die näheren Umstände, unter denen. sich der
Rücktritt des bisherigen Landeshauptmannes von
Kaiser Wilhelmsland, Herrn G. Schmiele, voll-
zogen hat, werden der Franks. Ztg. von deren Sydneyer
Correspondenten auf Grund von Angaben einer mit den
Verhältnissen des Schutzgebietes durchaus vertrauten Per-
sönlichkeit Einzelheiten mitgetheilt, die so sonderbar find,
daß das Blatt von deren Wiedergabe vorerst Abstand
nehmen muß. Es theilt zunächst nur mit, daß nicht Ge-
sundheitsrücksichten, sondern ein Konflikt mit dem früheren
Stations-Vorsteher von Herbertshöhe, Herrn Kolbe, Anlaß
zum Rücktritt des Herrn Schmiele gegeben hat und daß
die Einzelheiten dieses Zusammenstoßes auch höheren Ortes
zur Kenntniß gebracht worden sind. Nachdem einmal diese An-
deutungen gemacht find, wird hoffentlich die weitere Auf-
klärung nicht ausbleiben. Hoffentlich bekommt man da
nichts zu hören, was an den Fall Leist erinnert oder
demselben in irgend einem Betracht an die Seite zu
setzen ist.
Die ungarische Minifterkrisis hat sich in das
neue Jahr hineingezogen. Der König von Ungarn, Kaiser
Franz Joseph, hat mehrere Tage in Pest geweilt und eine
Anzahl hervorragender Politiker zu seiner Information
empfangen. Dann ist er auf einige Tage nach München
M seiner Tochter auf Besuch gereist. Nach seiner Rückkehr
von da ist die Ernennung eines neuen Ministeriums zu
erwarten. Aus verschiedenen Anzeichen ist zu schließen,
daß der König den bisherigen Banns von Kroatien,
Grafen Khuen-Hedervary, mit der Kabinetsbildung beauf-
tragen will. Der König und Kaiser würde damit in
nicht mißzuverstchender Weise betonen, daß er die völlige
Trennung Ungarns von Oesterreich, wie sie von einem
Theil der liberalen Partei erstrebt wird, nicht billigt.
Graf Khuen gehört zu den ungarischen Politikern, die ein-
sehen, daß der Großstaat Oesterreich-Ungarn, der jetzt
doch wenigstens nach außen hin eine geschlossene Einheit
bildet, zusammenbrechen und in zwei einflußlose Mittel-
staaten zerfallen würde, wenn Ungarn sich z. B. in
militärischer Beziehung vollständig von Oesterreich trennen
sollte. Dementsprechend würde ein Kabiuet Khuen
darauf ansgehen, den noch bestehenden, leider schon recht
losen Zusammenhang Ungarns mit Oesterreich zu pflegen.
Es ist jedoch recht zweifelhaft, ob eine solche Politik heute
schon in Ungarn auf Verständniß oder gar auf Billigung
stoßen würde; deßhalb bleibt abzuwarten, ob Graf Khuen
die Kabinetsbildung thatsächlich übernimmt. Er hat nach
seinen Audienzen beim König jeweils lange Konferenzen
im liberalen Klub mit hervorragenden Parteimitgliedern
gehabt, doch verlautet noch nichts über das Ergebniß
dieser Besprechungen.
In der Kölm Ztg ist schon mehrere Male betont
worden, daß der neue Zar das Verhältniß zu Frank-
reich zum mindesten ebenfalls so sehr, ja wahrscheinlich
aber noch mehr pflegen werde, wie sein Vater. Kein Zar
könne die politischen Vortheile, die ihm das von den Fran-
zosen so enthusiastisch kultivirte Freundschaftsverhältniß
bringe, verkennen. * Wenn nun der autokratische Kaiser
Alexander III. sich soweit überwunden habe, daß er
Frankreich zu Liebe die Marseillaise spielen ließ, so wird
sein freier denkender Nachfolger sich viel weniger geniren,
Frankreich allerlei kleine Avancen zu machen. Zur Bestä-
tigung dieser Ansicht wird neuerdings in einem Peters-
burger Briefe der Köln. Ztg. hervorgehoben, daß die
panslavistische Presse jetzt Frankreich viel weiter entgegen-
komme wie ehedem. Früher, so schreibt der Korrespondent,
wurden der russischen Presse wenigstens insoweit Zügel
angelegt, daß sie das Verhältniß nur immer als eine Be-
festigung des europäischen Friedens besprechen durfte. Jetzt
sieht sich die Sache schon ganz anders an; die pansla-
vistische Presse fühlt, ^daß sie weiter gehen darf als früher
und nimmt sich nun kein Blatt mehr vor den Mund.
Höchst bezeichnend in dieser Beziehung ist eine Aeußerung
des Swjet, des Hauptblattes der panslavistischen Kriegs-
partei, das die Stimmung des Offiziercorps, namentlich
des Generalstabs, wiedergibt. Es wird dort der begeisterte
Empfang des Generals Tschertkow in Paris geschildert,
im Gegensatz zu dem steifen und amtlichen Empfang,
den die Verkünder der Thronbesteigung an den andern
europäischen Höfen gefunden. Dann heißt .es: „Schade,
daß sowohl Rußland als auch Frankreich so wenig die
Macht benutzen, die aus ihrem Freundschaftsbündniß er-
wächst. Mit ihrer Benutzung hätte Rußland längst seine
Angelegenheiten auf der Balkanhalbinsel, am Bosporus
und den Dardanellen erledigen können; Frankreich aber,
wenn nicht am Rhein, doch wenigstens in Aegypten.
Kräftiges Handeln würde das Bündniß verstärkt haben.
Untätigkeit wird rs früher oder später schwächen." Da
derartige „Angelegenheiten" sich doch nur mit dem Schwert
in der Hand erledigen lassen, so ist die Forderung des
Swjet recht bezeichnend für die friedliche Gesinnung seiner
Partei. __
Deutsches Reich.
— Der Kaiser stattete am Nachmittage des Sylvester-
tages dem Reichskanzler Fürsten Hohenlohe in Berlin
einen längeren Besuch ab.
— Wegen der Meldung von der Bewilligung
einer Funktionszulage an den Reichskanzler Fürsten
Hohenlohe, einer Thatsache, die durch anonyme Briefe
bekannt wurde, sollte, wie ein Leipziger Blatt behauptete,
die politische Polizei beauftragt worden sein, den Verfasser
jener Briefe zu ermitteln. Die Staatsbürger Zeitung stellt
das in Abrede. An den Stellen, denen gegenüber die
Indiskretion geübt wurde, sei man über ihren Urheber
vom ersten Augenblick an nicht im Zweifel gewesen. (Das
klingt doch nicht sehr glaubwürdig, denn wenn man wüßte,
wer solche bösen Streiche macht, dann würde man doch
mit der Verfolgung des Uebelthäters nicht zögern Oder
will die Staatsbürger Ztg. vielleicht andeuten, daß die
betreffende Persönlichkeit nicht wohl verfolgt werden kann?)
Lübeck, 31. Dec. Der heute erschienene Handels-
kamm erbe richt sagt, daß die bescheidenen Hoffnungen
für das verflossene Jahr erfüllt sind; die gesammte Han-
delsziffer stehe über dem Durchschnitt der letzten fünf
Jahre. Der Abschluß des deuts ch - russis chen Han-
delsvertrags habe auf den hiesigen Verkehr einen
günstigen Einfluß ausgeübt; durch die Aufhebung des
Identitätsnachweises seien die ostpreußischen Häfen gegen-
über Lübeck im Getreidehandel bevorzugt. Der Bericht
hofft auf eine Steigerung des Verkehrs mit Rußland.
Die Einfuhr und Ausfuhr weisen im Ganzen einen Zu-
wachs auf. Der Raumgehalt der hiesigen Schifffahrt hat
sich um 10 Procent gehoben, auch der Eisenbahnverkehr
weist eine Zunahme auf.
— Die Münch. N. Nachr. melden aus Friedrichsruh,
daß Fürst Bismarck sich guter Gesundheit erfreut und
der Reichskanzler Fürst Hohenlohe in den nächsten
Tagen dort zum Besuche erwartet wird.
Baden. (Amtlich.) Se. Königl. Hoheit der Großherzog
haben den Prälaten v. Karl Wilhelm Doll auf sein Ansuchen
und unter Anerkennung seiner langjährigen ausgezeichneten und
erfolgreichen Dienste wegen leidender Gesundheit in den Ruhe-
stand versetzt, dem Oberkirchenrath Friedrich Wilhelm Schmidt
die Würde eines Prälaten nebst den damit verbunden Vorrechts
und Bezügen übertragen, den Stadtpfarrer Friedrich OehlH
von Pforzheim unter Verleihung des Titels Oberkirchenrath Zum
Mitglied des Evangelischen Oberkirchenraths ernannt, den Pro-
fessor Dr. Maximilian Zöller am Gymnasium in Mannheim
zum Direktor des Realgymnasiums daselbst ernannt und den
Professor an der Realschule in Mannheim, Friedrich Wittmann
in Mannheim, in gleicher Eigenschaft an das Gymnasium daselbst
versetzt. Sodann haben Se. Kgl. Hoh. der Gaoßherzog mit
Wirkung vom 1. Januar 1895 dem zur Ruhe gesetzten Ministerial-
rath Albert Edwin Spreng er unter Wiederanstellung im aktiven
Dienst und unter Belassung des Titels Ministerialrath die etat-
mäßige Stelle des Vorsitzenden des Vorstandes der badischen
landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft übertragen; ferner
ernannt: zu Regierungsbaumeistern: die Bahningenieure Paul
Wagner, Eduard Lang, Otto Hardung, Franz Grund,
Hermann von Stetten, Richard Tegeler, Karl Weyer,
Otto Hanger, Walther Schwarzmann, Karl Rümmele,
Christian Lehmann, Emil Schnabel, Johann Riegger,
Otto Ruch; die Maschineningenieure Wilhelm Seith, Johann
Gugler, Friedrich Zimmermann, Alfred Bach, Rudolf
Näher, Hermann Zutt, Hermann Poppen, Alexander
Courtin; zu Eisenbahningenieuren: die Bahningenieure Oskar
Brentano, Franz Michaelis, Wilhelm Feßler, den
Maschineningenieur Franz Ignaz Klute; zu Eisenbahnarchitekten:
die Bahnarchitekten Ludwig Herr, Johann Lutz, Christian
Feßler, Felizian Fromhold; zum Betriebskontroleur: den
Stationskontroleur Adalbert Deisler; verliehen: den nach-
benannten Vorständen von Wasser- und Straßenbauinspektionen,
Bezirksingenieuren Eduard Schuster in Ueberlingen, Hermann
Frey in Donaueschingen, Georg Wieser in Rastatt, Karl
Friederich in Bruchsal, Max Keller in Waldshut, Heinrich
Kayser in Lahr, Julius Steinhäuser in Bonndorf den
Titel „Wasser- und Straßenbauinspektor"; den nachbenannten
Vorständen von Rheinbauinspektionen, Bezirksingenieuren Wilhelm
Caroli in Freiburg, Karl Kupferschmid in Offenburg den
Titel „Wasserbauiuspektor"; übertragen: dem Baumeister
Karl Ritter, sowie den Baupraktikanten Emil Lang von Emden
und Friedrich Baumann von Mannheim unter Verleihung des
. 1)
Wer war es?
Von Walter Bernhard.
(Nachdruck verboten.)
Erstes Kapitel. Ein unwillkommener Antrag.
»Ah! Sie brauchen sich gar nicht umzusehen, weiter
kommen Sie doch nicht. Diesmal hab' ich Sie richtig ge-
MeN' Fräulein Käthe, und Sie müssen ruhig anhören, was
^hnen zu sagen habe —"
„Käthe Hahlweg blickte die mit Moosen und Farren-
rrautern überwachsene Klippe hinauf, ob sie nicht einen Fuß-
pfad entdecken könnte, der nach oben führte, aber die Fels-
wand stieg so steil empor, daß nicht einmal ein gewandter
Murner sie hätte erklimmen können. Und hinter ihr war
per Endpunkt des schmalen Pfades, den sie bisher gegangen
em vorspringender, steil abfallender Felsblock ließ sich
fucht umgehen —, zu ihrer Rechten aber senkte sich die Fels-
wand ebenso steil zum Meere herab — eine jäh abfallende,
M hundert Fuß hohe Klippe, unten umspült von den tief-
olauen Wellen des Meeres, welche sich in den Einbuchtungen
w ruhigen dunklen Flächen dehnten und an den Vor-
iprungen, zu silberhellem Schaum zerstäubend, im Scheine
oer Sonne leuchtend aufglänzten und dann mit zartem
^Hunmer versprühten.
i /opr ihr aber stand Herr Julius Meister, nach der Ansicht
ver einfachen Bewohner von Regnitz ein reicher, vornehmer
Mr, der sich an diesem stillen entlegenen Ort vor wenigen
Aren angekauft, um inmitten der herrlichen Naturschön-
Nr < . desselben seine Renten in Ruhe zu verzehren — in
Wahrheit aber ein ehemaliger Geschäftsmann jener Klasse,
Zuweilen mit dem Strafrichter in unliebsame Berührungen
t. Er hatte sich noch rechtzeitig mit dem bedeutenden
^rrrage oder Raube aus einigen besonders „glücklichen
^veculatwnen" von dem unruhigen Getriebe der Hauptstadt,
roo man ihn nur zu genau kannte und möglicherweise, wenn
er seine Geschäfte fortsetzte, doch noch gefaßt hätte, in die
Einsamkeit von Regnitz zurückgezogen, wo er völlig unbe-
kannt war und von den Zinsen seines jetzt in sicheren Staats-
papieren angelegten Geldes als vornehmer Herr leben konnte.
Hier hatte er sich ein geräumiges, in einer Einbuchtung der
Uferklippe romantisch gelegenes Häuschen gekauft, es voll-
ständig neu hergerichtet und elegant möblirt, und dazu noch
ein schönes Segelboot angeschafft, in dem er sich bei völlig
ruhigem Wetter auf oas Meer hinaussahren ließ. Und
wurde ihm dies Stillleben zu langweilig, nun, so lag die
nächste Eisenbahnstation nur eine Stunde Weges entfernt.
Aber in letzter Zeit, seit er sich ernstlich um Fräulein Käthe
bemühte, hatte er keine solche Spritzfahrten mehr gemacht,
sondern seine ganze Zeit der Eroberung der jungen Dame
gewidmet. Freilich nur, soweit dies bei einem durch und
durch selbstsüchtigen Menschen überhaupt möglich, und so
war es denn ganz erklärlich, daß es ihm bis jetzt völlig
verborgen geblieben, wie noch Jemand anders das gleiche
Ziel mit ihm erstrebte.
In Regnitz lebte nämlich auch ein Arzt, Herr Dr. Behrend.
Seine Praxis war weil ausgedehnt, sowohl in den die Küste
entlang liegenden Fischerdörfern, als auch unter den weit
landeinwärts ansässigen Gutsbesitzern, aber nicht besonders
einträglich. Sein Vater und Großvater und Urgroßvater
hatten eines der Regnitz am nächsten gelegenen Güter be-
sessen, das er ober verkaufte, um sich ganz seinem Berufe
widmen zu können. Seine Ehe war kinderlos geblieben,
und so hatte er denn mit Zustimmung seiner Gattin den
verwaisten und mittellosen Sohn einer Cousine, Gerhard
Werner, adoptirt, der kürzlich sein Doktorexamen gemacht
und in den wenigen Monaten, die er jetzt bei seinem Onkel
als dessen Gehülfe gelebt, zu der Ueberzeugung gelangt war,
daß Käthe Hahlweg, die Tochter eines der Patienten seines
Onkels, ihm, nämlich Di. Gerhard Werner, als Lebens-
gefährtin schlechthin unentbehrlich sei, und daß der reiche
Herr Julius Meister diese seine Ueberzeugung vollständig
theile. Ost genug hatte er Käthe gesehen und mit ihr ge-
plaudert - freilich ber Weitem nicht so ost, als ee es
wünschte — aber bis jetzt noch nicht den Muth gefunden,
ihr seine Liebe zu gestehen.
Herr Julius Meister hingegen, dem jugendliche Schüchtern-
heit völlig fremd war. hatte der jungen Dame schon mehr
als einmal seine Liebe gestanden, und jetzt, wo er ihr auf
dem Fußpfade der Uferklippe so keck uud unverfroren feine
Gesellschaft aufgezwungen, war er fest entschlossen, ihr sein
Herz und seine Hand endgültig anzutragen.
„Wirklich, Herr Meister, dies ist ein höchst seltsames und
unpassendes Benehmen," erwiderte die hübsche Käthe ent-
rüstet, und in gerechtem Zorn blitzten ihre klaren grauen
Augen und rötheten sich ihre zartgerundeteu Wangen. Sie
war durchaus keine romantische Heldin, sondern ein einfaches
natürliches, junges Mädchen, frei von aller Coquetterie oder
Affectation, und in diesem Augenblicke völlig von dem gar
nicht damenhaften Gedanken erfüllt, daß ihr nichts auf der
weiten Erde eine größere Freude gewähren würde, als wenn
sie diesem unverschämten Herrn Julius Meister eine tüchtige
Ohrfeige verabreichen könnte.
„Unpassend? Oh, durchaus nicht, meine Liebe," lachte
jener, „in der Liebe wie im Kriege gelten alle Vortheile,
und wenn so ein junges Mädchen immer die Spröde spielt,
und dabei Alles thut, was sie kann, um einen an sich zu
locken, und einen dann wieder ärgert und plagt, nun, da
muß sie eben die Folgen tragen."
„Ich verstehe Sie nicht, mein Herr," erwiderte Käthe, und
die Röthe auf ihren Wangen ward noch intensiver.
„Was, nicht verstehen?" höhnte er. „Bah! Wie gut
Ihnen das Erröthen steht. Sehen Sie noch einmal so hübsch
aus. Es macht mir ordentlich Freude, Sie zum Erröthen
zu bringen."
(Fortsetzung folgt.)
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18W.
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E- Januar, Februar, März -MU
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den Trägern in der Stadt, sowie in der Expedition, Untere
NeckÄraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Bsg., frei in's Haus
krackt, durch die Post bezogen Mk. 1.25 vierteljährlich,
M Zustellgebühr Mk. 1.65.
^^^^^^Politische Umschau.
Heidelberg, 2. Januar.
Nun ist das neue Jahr da! Bei dem Läuten der
Neujahrsglocken haben ihm viel Taufend Menschenherzen
entgegengejubelt. Mit mehr oder minder gewandten Reden,
M Gläserklang und Prositrufen hat man ihm die Rolle
eines Segen- und Glückspenders aufzuschmeicheln gesucht
und am Ende wird man enttäuscht finden, daß es nicht
besser war wie die anderen. Wie sollen auch die Jahre
sich bessern, wenn die Menschen nicht besser werden! Alle
Reform muß von innen kommen und so nicht am wenigsten
die Reform im Streben nach Glück. Wer im neuen Jahr
seinen Egoismus, wo nicht gänzlich überwunden, so doch
stärker gezügelt haben wird, als im vorigen Jahre, wer
höflicher, hilfsbereiter und gerechter gewesen sein wird,
wer seine Lebensgewohnheiten mehr nach den Gesetzen der
Natur gerichtet, wer dem rohen Materialismus zu Gunsten
des Geistes- und Gemüthslebens mehr als bisher entsagt
haben wird, der wird am Ende des Jahres finden, daß
er glücklicher wie vorher gewesen ist. Dies lag dann aber
nicht an dem Jahre, sondern an ihm selbst. Gerade in
diesem Sinne bewährt sich das Sprichwort: Ein Jeder
ist seines Glückes Schmied. Was aber für den Einzelnen
gilt, hat auch für das ganze Volk Geltung.
Ueber die näheren Umstände, unter denen. sich der
Rücktritt des bisherigen Landeshauptmannes von
Kaiser Wilhelmsland, Herrn G. Schmiele, voll-
zogen hat, werden der Franks. Ztg. von deren Sydneyer
Correspondenten auf Grund von Angaben einer mit den
Verhältnissen des Schutzgebietes durchaus vertrauten Per-
sönlichkeit Einzelheiten mitgetheilt, die so sonderbar find,
daß das Blatt von deren Wiedergabe vorerst Abstand
nehmen muß. Es theilt zunächst nur mit, daß nicht Ge-
sundheitsrücksichten, sondern ein Konflikt mit dem früheren
Stations-Vorsteher von Herbertshöhe, Herrn Kolbe, Anlaß
zum Rücktritt des Herrn Schmiele gegeben hat und daß
die Einzelheiten dieses Zusammenstoßes auch höheren Ortes
zur Kenntniß gebracht worden sind. Nachdem einmal diese An-
deutungen gemacht find, wird hoffentlich die weitere Auf-
klärung nicht ausbleiben. Hoffentlich bekommt man da
nichts zu hören, was an den Fall Leist erinnert oder
demselben in irgend einem Betracht an die Seite zu
setzen ist.
Die ungarische Minifterkrisis hat sich in das
neue Jahr hineingezogen. Der König von Ungarn, Kaiser
Franz Joseph, hat mehrere Tage in Pest geweilt und eine
Anzahl hervorragender Politiker zu seiner Information
empfangen. Dann ist er auf einige Tage nach München
M seiner Tochter auf Besuch gereist. Nach seiner Rückkehr
von da ist die Ernennung eines neuen Ministeriums zu
erwarten. Aus verschiedenen Anzeichen ist zu schließen,
daß der König den bisherigen Banns von Kroatien,
Grafen Khuen-Hedervary, mit der Kabinetsbildung beauf-
tragen will. Der König und Kaiser würde damit in
nicht mißzuverstchender Weise betonen, daß er die völlige
Trennung Ungarns von Oesterreich, wie sie von einem
Theil der liberalen Partei erstrebt wird, nicht billigt.
Graf Khuen gehört zu den ungarischen Politikern, die ein-
sehen, daß der Großstaat Oesterreich-Ungarn, der jetzt
doch wenigstens nach außen hin eine geschlossene Einheit
bildet, zusammenbrechen und in zwei einflußlose Mittel-
staaten zerfallen würde, wenn Ungarn sich z. B. in
militärischer Beziehung vollständig von Oesterreich trennen
sollte. Dementsprechend würde ein Kabiuet Khuen
darauf ansgehen, den noch bestehenden, leider schon recht
losen Zusammenhang Ungarns mit Oesterreich zu pflegen.
Es ist jedoch recht zweifelhaft, ob eine solche Politik heute
schon in Ungarn auf Verständniß oder gar auf Billigung
stoßen würde; deßhalb bleibt abzuwarten, ob Graf Khuen
die Kabinetsbildung thatsächlich übernimmt. Er hat nach
seinen Audienzen beim König jeweils lange Konferenzen
im liberalen Klub mit hervorragenden Parteimitgliedern
gehabt, doch verlautet noch nichts über das Ergebniß
dieser Besprechungen.
In der Kölm Ztg ist schon mehrere Male betont
worden, daß der neue Zar das Verhältniß zu Frank-
reich zum mindesten ebenfalls so sehr, ja wahrscheinlich
aber noch mehr pflegen werde, wie sein Vater. Kein Zar
könne die politischen Vortheile, die ihm das von den Fran-
zosen so enthusiastisch kultivirte Freundschaftsverhältniß
bringe, verkennen. * Wenn nun der autokratische Kaiser
Alexander III. sich soweit überwunden habe, daß er
Frankreich zu Liebe die Marseillaise spielen ließ, so wird
sein freier denkender Nachfolger sich viel weniger geniren,
Frankreich allerlei kleine Avancen zu machen. Zur Bestä-
tigung dieser Ansicht wird neuerdings in einem Peters-
burger Briefe der Köln. Ztg. hervorgehoben, daß die
panslavistische Presse jetzt Frankreich viel weiter entgegen-
komme wie ehedem. Früher, so schreibt der Korrespondent,
wurden der russischen Presse wenigstens insoweit Zügel
angelegt, daß sie das Verhältniß nur immer als eine Be-
festigung des europäischen Friedens besprechen durfte. Jetzt
sieht sich die Sache schon ganz anders an; die pansla-
vistische Presse fühlt, ^daß sie weiter gehen darf als früher
und nimmt sich nun kein Blatt mehr vor den Mund.
Höchst bezeichnend in dieser Beziehung ist eine Aeußerung
des Swjet, des Hauptblattes der panslavistischen Kriegs-
partei, das die Stimmung des Offiziercorps, namentlich
des Generalstabs, wiedergibt. Es wird dort der begeisterte
Empfang des Generals Tschertkow in Paris geschildert,
im Gegensatz zu dem steifen und amtlichen Empfang,
den die Verkünder der Thronbesteigung an den andern
europäischen Höfen gefunden. Dann heißt .es: „Schade,
daß sowohl Rußland als auch Frankreich so wenig die
Macht benutzen, die aus ihrem Freundschaftsbündniß er-
wächst. Mit ihrer Benutzung hätte Rußland längst seine
Angelegenheiten auf der Balkanhalbinsel, am Bosporus
und den Dardanellen erledigen können; Frankreich aber,
wenn nicht am Rhein, doch wenigstens in Aegypten.
Kräftiges Handeln würde das Bündniß verstärkt haben.
Untätigkeit wird rs früher oder später schwächen." Da
derartige „Angelegenheiten" sich doch nur mit dem Schwert
in der Hand erledigen lassen, so ist die Forderung des
Swjet recht bezeichnend für die friedliche Gesinnung seiner
Partei. __
Deutsches Reich.
— Der Kaiser stattete am Nachmittage des Sylvester-
tages dem Reichskanzler Fürsten Hohenlohe in Berlin
einen längeren Besuch ab.
— Wegen der Meldung von der Bewilligung
einer Funktionszulage an den Reichskanzler Fürsten
Hohenlohe, einer Thatsache, die durch anonyme Briefe
bekannt wurde, sollte, wie ein Leipziger Blatt behauptete,
die politische Polizei beauftragt worden sein, den Verfasser
jener Briefe zu ermitteln. Die Staatsbürger Zeitung stellt
das in Abrede. An den Stellen, denen gegenüber die
Indiskretion geübt wurde, sei man über ihren Urheber
vom ersten Augenblick an nicht im Zweifel gewesen. (Das
klingt doch nicht sehr glaubwürdig, denn wenn man wüßte,
wer solche bösen Streiche macht, dann würde man doch
mit der Verfolgung des Uebelthäters nicht zögern Oder
will die Staatsbürger Ztg. vielleicht andeuten, daß die
betreffende Persönlichkeit nicht wohl verfolgt werden kann?)
Lübeck, 31. Dec. Der heute erschienene Handels-
kamm erbe richt sagt, daß die bescheidenen Hoffnungen
für das verflossene Jahr erfüllt sind; die gesammte Han-
delsziffer stehe über dem Durchschnitt der letzten fünf
Jahre. Der Abschluß des deuts ch - russis chen Han-
delsvertrags habe auf den hiesigen Verkehr einen
günstigen Einfluß ausgeübt; durch die Aufhebung des
Identitätsnachweises seien die ostpreußischen Häfen gegen-
über Lübeck im Getreidehandel bevorzugt. Der Bericht
hofft auf eine Steigerung des Verkehrs mit Rußland.
Die Einfuhr und Ausfuhr weisen im Ganzen einen Zu-
wachs auf. Der Raumgehalt der hiesigen Schifffahrt hat
sich um 10 Procent gehoben, auch der Eisenbahnverkehr
weist eine Zunahme auf.
— Die Münch. N. Nachr. melden aus Friedrichsruh,
daß Fürst Bismarck sich guter Gesundheit erfreut und
der Reichskanzler Fürst Hohenlohe in den nächsten
Tagen dort zum Besuche erwartet wird.
Baden. (Amtlich.) Se. Königl. Hoheit der Großherzog
haben den Prälaten v. Karl Wilhelm Doll auf sein Ansuchen
und unter Anerkennung seiner langjährigen ausgezeichneten und
erfolgreichen Dienste wegen leidender Gesundheit in den Ruhe-
stand versetzt, dem Oberkirchenrath Friedrich Wilhelm Schmidt
die Würde eines Prälaten nebst den damit verbunden Vorrechts
und Bezügen übertragen, den Stadtpfarrer Friedrich OehlH
von Pforzheim unter Verleihung des Titels Oberkirchenrath Zum
Mitglied des Evangelischen Oberkirchenraths ernannt, den Pro-
fessor Dr. Maximilian Zöller am Gymnasium in Mannheim
zum Direktor des Realgymnasiums daselbst ernannt und den
Professor an der Realschule in Mannheim, Friedrich Wittmann
in Mannheim, in gleicher Eigenschaft an das Gymnasium daselbst
versetzt. Sodann haben Se. Kgl. Hoh. der Gaoßherzog mit
Wirkung vom 1. Januar 1895 dem zur Ruhe gesetzten Ministerial-
rath Albert Edwin Spreng er unter Wiederanstellung im aktiven
Dienst und unter Belassung des Titels Ministerialrath die etat-
mäßige Stelle des Vorsitzenden des Vorstandes der badischen
landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft übertragen; ferner
ernannt: zu Regierungsbaumeistern: die Bahningenieure Paul
Wagner, Eduard Lang, Otto Hardung, Franz Grund,
Hermann von Stetten, Richard Tegeler, Karl Weyer,
Otto Hanger, Walther Schwarzmann, Karl Rümmele,
Christian Lehmann, Emil Schnabel, Johann Riegger,
Otto Ruch; die Maschineningenieure Wilhelm Seith, Johann
Gugler, Friedrich Zimmermann, Alfred Bach, Rudolf
Näher, Hermann Zutt, Hermann Poppen, Alexander
Courtin; zu Eisenbahningenieuren: die Bahningenieure Oskar
Brentano, Franz Michaelis, Wilhelm Feßler, den
Maschineningenieur Franz Ignaz Klute; zu Eisenbahnarchitekten:
die Bahnarchitekten Ludwig Herr, Johann Lutz, Christian
Feßler, Felizian Fromhold; zum Betriebskontroleur: den
Stationskontroleur Adalbert Deisler; verliehen: den nach-
benannten Vorständen von Wasser- und Straßenbauinspektionen,
Bezirksingenieuren Eduard Schuster in Ueberlingen, Hermann
Frey in Donaueschingen, Georg Wieser in Rastatt, Karl
Friederich in Bruchsal, Max Keller in Waldshut, Heinrich
Kayser in Lahr, Julius Steinhäuser in Bonndorf den
Titel „Wasser- und Straßenbauinspektor"; den nachbenannten
Vorständen von Rheinbauinspektionen, Bezirksingenieuren Wilhelm
Caroli in Freiburg, Karl Kupferschmid in Offenburg den
Titel „Wasserbauiuspektor"; übertragen: dem Baumeister
Karl Ritter, sowie den Baupraktikanten Emil Lang von Emden
und Friedrich Baumann von Mannheim unter Verleihung des
. 1)
Wer war es?
Von Walter Bernhard.
(Nachdruck verboten.)
Erstes Kapitel. Ein unwillkommener Antrag.
»Ah! Sie brauchen sich gar nicht umzusehen, weiter
kommen Sie doch nicht. Diesmal hab' ich Sie richtig ge-
MeN' Fräulein Käthe, und Sie müssen ruhig anhören, was
^hnen zu sagen habe —"
„Käthe Hahlweg blickte die mit Moosen und Farren-
rrautern überwachsene Klippe hinauf, ob sie nicht einen Fuß-
pfad entdecken könnte, der nach oben führte, aber die Fels-
wand stieg so steil empor, daß nicht einmal ein gewandter
Murner sie hätte erklimmen können. Und hinter ihr war
per Endpunkt des schmalen Pfades, den sie bisher gegangen
em vorspringender, steil abfallender Felsblock ließ sich
fucht umgehen —, zu ihrer Rechten aber senkte sich die Fels-
wand ebenso steil zum Meere herab — eine jäh abfallende,
M hundert Fuß hohe Klippe, unten umspült von den tief-
olauen Wellen des Meeres, welche sich in den Einbuchtungen
w ruhigen dunklen Flächen dehnten und an den Vor-
iprungen, zu silberhellem Schaum zerstäubend, im Scheine
oer Sonne leuchtend aufglänzten und dann mit zartem
^Hunmer versprühten.
i /opr ihr aber stand Herr Julius Meister, nach der Ansicht
ver einfachen Bewohner von Regnitz ein reicher, vornehmer
Mr, der sich an diesem stillen entlegenen Ort vor wenigen
Aren angekauft, um inmitten der herrlichen Naturschön-
Nr < . desselben seine Renten in Ruhe zu verzehren — in
Wahrheit aber ein ehemaliger Geschäftsmann jener Klasse,
Zuweilen mit dem Strafrichter in unliebsame Berührungen
t. Er hatte sich noch rechtzeitig mit dem bedeutenden
^rrrage oder Raube aus einigen besonders „glücklichen
^veculatwnen" von dem unruhigen Getriebe der Hauptstadt,
roo man ihn nur zu genau kannte und möglicherweise, wenn
er seine Geschäfte fortsetzte, doch noch gefaßt hätte, in die
Einsamkeit von Regnitz zurückgezogen, wo er völlig unbe-
kannt war und von den Zinsen seines jetzt in sicheren Staats-
papieren angelegten Geldes als vornehmer Herr leben konnte.
Hier hatte er sich ein geräumiges, in einer Einbuchtung der
Uferklippe romantisch gelegenes Häuschen gekauft, es voll-
ständig neu hergerichtet und elegant möblirt, und dazu noch
ein schönes Segelboot angeschafft, in dem er sich bei völlig
ruhigem Wetter auf oas Meer hinaussahren ließ. Und
wurde ihm dies Stillleben zu langweilig, nun, so lag die
nächste Eisenbahnstation nur eine Stunde Weges entfernt.
Aber in letzter Zeit, seit er sich ernstlich um Fräulein Käthe
bemühte, hatte er keine solche Spritzfahrten mehr gemacht,
sondern seine ganze Zeit der Eroberung der jungen Dame
gewidmet. Freilich nur, soweit dies bei einem durch und
durch selbstsüchtigen Menschen überhaupt möglich, und so
war es denn ganz erklärlich, daß es ihm bis jetzt völlig
verborgen geblieben, wie noch Jemand anders das gleiche
Ziel mit ihm erstrebte.
In Regnitz lebte nämlich auch ein Arzt, Herr Dr. Behrend.
Seine Praxis war weil ausgedehnt, sowohl in den die Küste
entlang liegenden Fischerdörfern, als auch unter den weit
landeinwärts ansässigen Gutsbesitzern, aber nicht besonders
einträglich. Sein Vater und Großvater und Urgroßvater
hatten eines der Regnitz am nächsten gelegenen Güter be-
sessen, das er ober verkaufte, um sich ganz seinem Berufe
widmen zu können. Seine Ehe war kinderlos geblieben,
und so hatte er denn mit Zustimmung seiner Gattin den
verwaisten und mittellosen Sohn einer Cousine, Gerhard
Werner, adoptirt, der kürzlich sein Doktorexamen gemacht
und in den wenigen Monaten, die er jetzt bei seinem Onkel
als dessen Gehülfe gelebt, zu der Ueberzeugung gelangt war,
daß Käthe Hahlweg, die Tochter eines der Patienten seines
Onkels, ihm, nämlich Di. Gerhard Werner, als Lebens-
gefährtin schlechthin unentbehrlich sei, und daß der reiche
Herr Julius Meister diese seine Ueberzeugung vollständig
theile. Ost genug hatte er Käthe gesehen und mit ihr ge-
plaudert - freilich ber Weitem nicht so ost, als ee es
wünschte — aber bis jetzt noch nicht den Muth gefunden,
ihr seine Liebe zu gestehen.
Herr Julius Meister hingegen, dem jugendliche Schüchtern-
heit völlig fremd war. hatte der jungen Dame schon mehr
als einmal seine Liebe gestanden, und jetzt, wo er ihr auf
dem Fußpfade der Uferklippe so keck uud unverfroren feine
Gesellschaft aufgezwungen, war er fest entschlossen, ihr sein
Herz und seine Hand endgültig anzutragen.
„Wirklich, Herr Meister, dies ist ein höchst seltsames und
unpassendes Benehmen," erwiderte die hübsche Käthe ent-
rüstet, und in gerechtem Zorn blitzten ihre klaren grauen
Augen und rötheten sich ihre zartgerundeteu Wangen. Sie
war durchaus keine romantische Heldin, sondern ein einfaches
natürliches, junges Mädchen, frei von aller Coquetterie oder
Affectation, und in diesem Augenblicke völlig von dem gar
nicht damenhaften Gedanken erfüllt, daß ihr nichts auf der
weiten Erde eine größere Freude gewähren würde, als wenn
sie diesem unverschämten Herrn Julius Meister eine tüchtige
Ohrfeige verabreichen könnte.
„Unpassend? Oh, durchaus nicht, meine Liebe," lachte
jener, „in der Liebe wie im Kriege gelten alle Vortheile,
und wenn so ein junges Mädchen immer die Spröde spielt,
und dabei Alles thut, was sie kann, um einen an sich zu
locken, und einen dann wieder ärgert und plagt, nun, da
muß sie eben die Folgen tragen."
„Ich verstehe Sie nicht, mein Herr," erwiderte Käthe, und
die Röthe auf ihren Wangen ward noch intensiver.
„Was, nicht verstehen?" höhnte er. „Bah! Wie gut
Ihnen das Erröthen steht. Sehen Sie noch einmal so hübsch
aus. Es macht mir ordentlich Freude, Sie zum Erröthen
zu bringen."
(Fortsetzung folgt.)