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Heidelberger Zeitung — 1895 (Januar bis Juni)

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Nr. 27-50 (1. Februar - 28. Februar)
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T>levhon°Anschlnst Nr. 82.

Mag,' dm 1. Februar

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Telephon-Anschluß Nr. 82

1895.

Auf die
„.Heidelberger Zeitung"
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und März, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfgmit
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Erwerbs- und Wirtklchasrsgenvssenscbaften.
Der dem Bundesrath zur Beschlußnahme vorliegende
Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung des
Gesetzes über dieErwerbs-undWirth s chaftsgenossen-
sch asten vom 1. Mai 1889, hat folgenden Wortlaut:
Artikel 1. Der Absatz 4 des § 8 des Gesetzes, betr.
die Erwerbs- und Wirthschastsgenossenschasten vom 1. Mai
1889 (Reichsgesetzblatt Seite 55), erhält folgende Fas-
sung: Konsumvereine (Z 1 Ziffer 5) dürfen im regel-
mäßigen Geschäftsverkehr Maaren nur an ihre Mitglieder
oder deren Vertreter verkaufen.
Artikel 2. Hinter § 30 und § 45 werden folgende
Bestimmungen eingeschaltet: H 30 a. Für Konsumver-
eine, welche einen offenen Laden haben, hat der Vorstand
um die Beobachtung der Bestimmung des Z 8 Absatz 4
zu sichern, Anweisung darüber zu erlassen, auf welche
Weise sich die Vereinsmitglieder oder deren Vertreter den
Waarenverkäufern gegenüber zu legitimiren haben. Ab-
schrift der Anweisung hat er der höheren Verwaltungs-
behörde, in deren Bezirk die Genossenschaft ihren Sitz hat,
unverzüglich einzureichen. Die höhere Verwaltungsbehörde
ist befugt, die Mitglieder des Vorstandes zur Einreichung
und nötigenfalls zur Abänderung oder Ergänzung der
Anweisung durch Geldstrafen bis zum Betrage von je 300
Mark anzuhalten. Gegen die Anordnungen und Straf-
festsetzungen der höheren Verwaltungsbehörde findet binnen
zwei Wochen die Beschwerde an die Landescentralbehörde
statt, ß 145 a. Personen, welche für einen Konsumver-
ein den Waarenverkauf bewirken, werden, wenn sie der
Vorschrift des H 8 Absatz 4 zuwider wissentlich oder ohne
Beobachtung der nach 8 30a. von dem Vorstand erlassenen
Anweisung Maaren an andere Personen als an Mitglie-
der oder deren Vertreter verkaufen, mit Geldstrafe bis zu
150 Mark bestraft. Gleiche Strafe trifft das Mitglied,
welches seine zum Waarenkauf in einem Konsumverein be-
rechtigende Legitimation einem Dritten zum Zweck unbe-
fugter Waarenentnahme überläpt, sowie den Dritten, wel-
cher zu demselben Zweck von der für ein Mitglied ausge-
stellten Legitimation Gebrauch macht.
Artikel 3. Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 1895 in
Kraft. _
Deutsches Reich.
Berlin, 31. Jan. Der Kaiser erhielt auf das
Beileidstelegramm an die Familie des verstorbenen Mar-
schall Canrobert folgende Antwort: „Paris. Seiner
Majestät dem Kaiser Wilhelm, Berlin. Der Marschall
Canrobert hätte die hochherzige Gesinnung gewiß empfun-
den, die Eure Majestät zugleich im Namen des Garde-
corps ausdrückten. In ihrem Schmerze sendet die Familie
des Marschalls die ehrerbietigste Versicherung ihrer Dank-
barkeit. "
— Der Reichsanzeiger veröffentlicht eine Zuschrift des
Rektors Professor Pfleiderer vom 28. Jan., welche
den Satz in der Reichstagsrede des Herrn v. Stumm

Stadttheater.
Heidelberg, 31. Januar.
„Der Kaufmann von Venedig". Dr. Pohl als Gast.
Auch an diesem Abend hat der Gast den Ruf, dessen er sich
als hervorragender Charakterdarsteller erfreut, bewährt. Der
Shylock bietet einerseits weniger Schwierigkeiten, als manche
andere Shakespeare'sche Rolle, andererseits gehört sie zu den
schwierigsten, die der Dichter dem Schauspieler entgegenbringt.
Was die Darstellung erleichtert, ist, daß ein gewisses Schema
der Shylockgestaltung durch die Bühnenpraxis fixirt ist, so daß
sich der bequeme Künstler ziemlich mühelos an ein Dutzend
Vorbilder halten kann. Will aber der Schauspieler den Juden
aus sich heraus, ganz individuell gestalten, so hat er mit großen
Schwierigkeiten zu kämpfen.
Shylock ist eine Persönlichkeit ohne Lichtseiten, ohne ernen
versöhnenden Zug. Wenn man die Summe seines Denkens
und Handelns zieht, ist er ein Unmensch mit steinernem Herzen.
Und doch soll man durchfühlen, daß dieser Charakter nur das
Produkt der äußeren Verhältnisse, die auf die Rasse und das
Individuum eingewirkt, ist, daß Rachsucht und Hartherzigkeit im
Grund nur ein Gegenstoß gegen tausend empfangene Stöße sind.
Shylock ist aber auch eine Lustspielfigur. Darum geschieht
schon zu viel, wenn er uns fürchterlich erscheint.
Ein denkender Künstler wird die ganze wilde Rachsucht
schnaubend und flammensprübend zu geben und doch die Grenze
Zu vermeiden suchen, jenseits derer das Scheusal steht.
Jenes nöthige Ausgleichen hat der vornehme Gast zu be-
werkstelligen gewußt. Er hat den ganzen Rachedurst, den Jahr-
hunderte in der Kette von Ahnen bis auf Shylock herab ge-
züchtet haben, wild und mächtig auflodern lassen, hat der Gier nach
oem Feindesblut einen lüsternen, heißeren Schrei verliehen. Und

von einem nothwendig gewordenen Eintreten des Rektors
gegen Professoren als jeder Begründung entbehrend
bezeichnet.
Deutscher Reichstag. Berlin, 31. Januar. Der
Reichstag setzte die Berathung der Anträge Auer und
Colbus auf Aufhebung des Diktaturparagraphen
in Elsaß-Lothringen fort.
Preiß (fraktionslos. Elsässer) bekämpft die gestrigen Aus-
führungen des Staatssekretärs v. Puttkamer und charakterisirt
den elsaß-lothringischen Landesausschuß als eine von der
Regierung mehr oder weniger abhängige.Beamtenkategorie.
Das Schlimmste sei, daß die Regierung keine sachlichen und
stichhaltigen Gründe für oie Nothwendigkeit des Diktatur-
paragraphen angeben könne.
Minister v. Köller: Wenn die Verhältnisse wirklich
so wären, ich würde von meiner Heimath nicht so von der
Tribüne sprechen. (Oho! lebhafter Widerspruch und Unruhe.)
Gott sei Dank sind aber die Verhältnisse ganz andere. (Den
wiederholten Zwischenrufen setzt der Minister wiederholt
entgegen: Ick warte so lange, bis Sie ruhig sind). Aeuße-
rungen wie: Der Geist der Diktatur durchdringt die Beamten,
könne nur denen impomren, die nichts von den Verhältnissen
dort verstehen. Elsaß-Lothringen ist das bestverwaltete
Land. (Oho! Lachen.) Nun ich habe freilich den Diktatur-
paragraphen niemals durchgelesen. (Große Heiterkeit > Erst
als es galt, ein schändliches Blatt, die Elsässische Volkszeitung,
todtzuschlagen, da habe ich ihn vorgenommen und mich ge-
freut, in ihm ein Mittel zu besitzen, jenes Blatt zu be-
seitigen. Als fünf <Jghre im Amte befindlicher Unterstaats-
sekretär halte ich mich verpflichtet zu sagen, ich kenne keine
Vertretung, welche so sachlich und gut arbeite, wie die
elsaß-lothringische. (Ruf: Ja für die Regierung!) Die Leute
in Elsaß Lothringen fühlen sich in der Mehrzahl jetzt glück-
lich, viele sogar sehr glücklich. (Heiterkeit.) Dies ist mir
sehr oft ausgesprochen worden. Das Land verwünscht die
Hetzerei bei den Wahlen. Abg. Preiß kann doch nutzt sagen,
sein Wahlkreis sei hinter ihm. Er scheint nicht zu wissen,
daß er nur mit 42 Stimmen Majorität gewählt sei. Die
Wahl Bebels in Straßburg mit 6000 Stimmen bedeutet
keineswegs, daß dort 6000 Sozialdemokraten seien. Da
stecken alle Unzufriedenen mit darin Wenn Sie die Be-
seitigung des Diktaturparagraphen ernstlich wünschen, dann
kommen Sie nicht hierher, um solche Reden zu halten, welche
dort hetzerisch wirken, während es der Regierung bisher ge-
lungen ist, bei der Bevölkerung Glück, Ruhe und Zufrieden-
heit zu pflegen. (Beifall und Widerspruch.)
Abg. Prinz zu Hohenlohe widerspricht einer Aeuße-
rung Guerbers, nach der man annehmen könne, als habe er
(Redner) sich für die Aufhebung des Diktaturparagraphen
ausgesprochen. Er habe nur die Ueberleitung der Gesetze
von Elsaß-Lothringen in normale Bahnen in absehbarer
Zeit für wünschenswerth erklärt.
Abg. Lenzmann bespricht die Ausführungen des
Staatssekretärs Puttkamer. Ex hält es für nothwendig, aus-
drücklich zu betonen, daß Freiherr v. Stauffenberg, von dessen
Aeußerungen Puttkamer ausgegangen sei, keineswegs ein
Freund des Diktaturparagrapheu, vielmehr der Ansicht
gewesen sei, daß man über Ausnahmegesetze so schnell wie
möglich Hinwegkommen müsse. Die Regierung habe nichts
beigebracht, um die Fortdauer des Diktaturzustandes in
Elsaß-Lothringen zu rechtfertigen. Redner erblickt in dem
Diklaturparagraphen das absolutistische Preußen, das erst
durch die Revolution beseitigt werden mußte. Es wäre doch
sehr zu wünschen, daß der Diktaturparagraph aus friedlichem
Wege beseitigt würde. Das sei ein Akt der Klugheit und
Gerechtigkeit.
Abg. Pöhlmann (Kreisdirektor in Elsaß-Lothringen,
Hospitant der Reichspartei) polemisirt gegen die Aus-
führungen des ersten Redners; die Verhältnisse in Elsaß-
Lothringen hätten sich wesentlich gebessert. Man beginne
sich dort auszusöhnen und gewinne Vertrauen zur Regierung
und ihren Maßnahmen.
An der weiteren Debatte betheiligen sich die Abgg. von
Kardorff, Barth, Marguardsen und Bebel. Eine Kommis-
sionsberathung des Antrags ist nicht beantragt. Die zweite
Lesung im Plenum wird später folgen.
Berlin, 31. Jan. Die Zolltarifkommission
des Reichstags nahm der Vorlage entsprechend die neuen
Zollsätze für Aether, Chloroform, Kollodium rc., Celluloid
Bijouteriewaaren und Parfümerieen an. Der Zoll auf
Wabenhonig wurde mit 20 Mark angenommen, die bean-
tragte Zollerhöhung für anderen und künstlichen Honig
mit Stimmengleichheit abgelehnt. — Die Budgetkom-
mission erledigte das Ordinarium des Postetats; sie

genehmigte das Dienstaltersstufensystem, nahm aber eine
Resolution an, daß im nächsten Etat die Gehälter jener
Beamtenklassen erhöht werden sollen, welche durch die Ein-
führung des neuen Systems geschädigt sind. Ferner wurde
die Erhöhung des Etats für Landbriefträger um 150 000
Mark angenommen.
Baden. (Amtlich.) Seine Königliche Hoheit der Groß-
herz o g haben die auf Geheimrath Professor Dr. Leo Königs-
berger gefallene Wahl zum Prorektor der Universität Heidel-
berg für das Studienjahr 1895/96 bestätigt.
— Das Verordnungsblatt Nr. 4 der Generaldirektion der
großh. bad. Staatseisenbahnen enthält: Ver-
schleppungsübereinkommen. Erhebung und Verrechnung der
Nebengebühren. Gebühren der Bahnmeister für Bahnbegehungen.
Abhaltung der Assistentenprüfung im Jahr 1895. Druck von
Frachtbriefen. Einstellung von Privatwagen in den badischen
Wagenpark. Rechnungsstellung im süddeutschen Güterverkehr.
Karlsruhe, 31. Jan. Der Groß Herzog hat
heute Nachmittag 30 Minuten nach 1 Uhr die Rückreise
von Berlin nach Karlsruhe angetreten und gedenkt morgen
früh 2 Uhr hier einzutreffen.
§ Karlsruhe, 31. Jan. Einige Details aus der
Rede, die gestern Abend der sozialdemokratische Landtags-
abgeordnete Dr. Rüdt hier gehalten, sind auch für weitere
Kreise von Interesse. Rüdt bot seinem Antipoden Drees-
bach die Friedenshand, indem er äußerte, es wäre
vielleicht ganz gut, wenn die UmstlMp^rlage angenommen
würde, denn es würden dann d«k Streitigkeiten in der
Partei aufhören. Vielleicht hat man es hier aber auch
nur mit einem taktischen Zug des;Dr. Rüdt zu thun, der
bezweckt, Dreesbach, der sich ja eigentlich durch die
Friedrichsfelder Beschlüsse als unversöhnlicher Gegner
Rüdt's bekundet hat, noch mehr als bisher als den un-
nachgiebigen persönlichen Gegner Rüdt's erscheinen zu
lassen. Ferner ist hervorzuyeben. daß Rüdt unter dem
Beifall der Versammlung, die ihm überhaupt — schon bei
seinem Erscheinen — frenetisch applaudirte, die „Kuh-
handelspolitik" des Centrums geißelte, das die Umsturz-
vorlage bewilligen würde, wenn es die Jesuiten bekomme.
Im Gänzen hielt Rüdt eine echt demagogische Rede, welche
seine eigene Behauptung Lügen strafte, daß in Deutschland
zu wenig politische Freiheit sei. Was er z. B. über den
angeblichen Eid- und Treubruch des Königs Friedrich
Wilhelm IV. von Preußen erzählte, war sehr starker
Tabak und mußte jeden Unbefangenen und Kundigen davon
überzeugen, daß in Deutschland eine höchst weit-
bemessene Freiheit des Wortes besteht. Die Demagogie
feierte gestern wahre Triumphe und es machte einen wahr-
haft betrübenden Eindruck, wenn man mit ansehen und
mit anhören mußte, wie Hunderte von Menschen in ein
„Sehr richtig!" ausbrachen, als z. B. Rüdt erklärte, daß
ein Mädchen, das in der Töchterschule Schillerns Bürgschaft
deklamiren würde, unter der Herrschaft der Umsturzvorlage
vom Staatsanwalt wegen „Anpreisung von Verbrechen"
am Kragen genommen werden würde. Die so gut wie
ausschließlich aus Sozialdemokraten bestehende Versammlung
nahm eine Resolution gegen die Vorlage an. Dr. Rüdt
wurde seitens des hiesigen Sozialistenführers Kalnbach den
Versammelten unter demonstrativem Beifall als „unser
Parteigenosse" vorgeführt.
Ausland.
Frankreich. Der neue französische Kriegs-
minister, General Zurlinden, der sympathisch be-
grüßt wird, war im Jahre 1870 Gefangener in Wies-
baden, genoß dort volle Freiheit der Bewegung, erklärte
aber eines Tages dem kommandirenden deutschen General
v. Saigner, er werde entfliehen. Er wurde in Folge
dessen nach Spandau überführt. Von hier entfloh
er trotz strenger Bewachung und stellte sich wieder in den
Dienst der nationalen Verteidigung.
— Im Hause des neuen Präsidenten der Republik
herrscht bräutliche Wonne, Fräulein Lucie Faure, die

doch war es wieder der geschmeidige Jude, der sich demüthig
beugt, sich, da er das Spiel verloren sieht, mit gebücktem Rücken
davonschleicht. Auch das übliche Jargon versieh Pohl seinem
Shylock, aber ohne Uebertreibung, ohne zu viel. Größe und
Mäßigung verbunden machten den Shylock des Gastes zu einer
künstlerisch vollendeten, bis aufs feinste ausgemeißelten Ge-
staltung, der ihm wahrhaft dröhnenden Beifall eintrug.
Bei Shakespeare sind begreiflicher- und verzeihlicherweise un-
sere Schauspieler nicht sonderlich zu Hause, auch bei
den Versen nicht, mit denen sie selten Zusammentreffen.
Um den Sheakspeare'schen Gestalten, namentlich wenn sie
neben einer so mächtig hervorragenden wie Shylock
hergeheu, die wahre Bedeutung zu verleihen, gehört viel Talent,
viel Studium. So erschienen die meisten Mitspielenden neben
dem Gaste herzlich unbedeutend und nicht aus der Stufe des
Könnens, die sie sonst zum Theil einzunehmen pflegen. Eine
recht freundliche, sauber ausgearbeitete Leistung war die des
Frl. Fernau, die ihre Porzia mit weiblicher Liebenswürdigkeit und
in der Gerichtsszene mit männlicher Entschlossenheit spielte.
Das Possenintermezzo Gobbo-Vaterund Sohn (HerrenHuth und
Djaghofer) war von frischer Komik getragen. Dr. 8.

Kleine Zeitung.
— Würzburg, 31. Jan. Der frühere Kommandeur des
2. Armeekorps, Karl v. Orff, General der Infanterie z. D.,
Inhaber des kgl. bayer. 17. Jnf.-Rgts. zu Germersheim, ist so-
eben nach zweitägigem Leiden gestorben.
— München, 31. Jan. Der Generaldirektor der Staats-
bahnen, Schnorr v. Carolsfeld, ist gestorben.

— Magdeburg, 31. Jan. Der Geh. Commerzienrath
Gruson ist in der vergangenen Nacht nach kurzer Krankheit
gestorben.
— Lübeck, 30. Jan. Bei starkem Nordostorkan sind große
Ueberschwemm ungen eingetreten. Die Bewohner der niedrig
gelegenen Stadttheile räumen ihre Wohnungen, aus den Hafen-
speichern werden die Maaren geborgen. Abends 10 Uhr stieg
das Wasser noch ununterbrochen. In der Ostsee herrscht hoher
Seegang, der das Landen der Schiffe unmöglich macht.
— Breslau, 30. Jan. Der Schnellzug Wien-Berlin ist
heute früh an der österreichischen Grenze auf offener Strecke auf
einen liegengebliebenen Güterzug auf gefahren. Vier Guter-
wagen wurden zerstört, einem Schaffner des Güterzuges wurden
beide Beine abgedrückt. Er ist gestorben, sonst sind keine Personen
verunglückt.^, Das Civilgericht sprach auf Ansuchen
des Herzogs von Chartres die Entmündigung seines Sohnes,
des Prinzen Henri von Orleans, aus.
— Bordeaux, 26. Jan. Gestern Nachmittag war auf dem
Wege nach Fort Medoc ein Telegraphenarbeiter mrt Ausbesserung
der Leitung beschäftigt. Hiebei entglitt ihm das Ende eines
Drahtes, fiel auf das elektrische Kabel der Straßenbahn und
dann zur Erde, wodurch eine Stromverbindung zwischen dem
Kabel und der Erde hergestellt wurde. Zunächst stürzten em
Reitpferd und ein Wagenpferd, die den Draht berührten, wie
vom Blitz getroffen todt nieder, dann drer Hunde.. Der Rerter
des ersten Pferdes blieb unversehrt. Drer Karrenpser^ dre sich
etwa 50 m von dem Draht befanden, machten Plötzlich, wahr-
scheinlich in Folge des Gegenstromes, euren gewaltigen Satz,
ohne jedoch weiteren Schaden zu nehmen, ^zn eurem Hause m
der Nähe verbrannte die ganze Fernsprechernrrchtung.
 
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