Montag, 16. Januar 1W5. Hrkes Blatt. 47. Zahr-aug. — Rr. 13.
G«st»t ttGHtch, GvswtarB o«SqenoMr«m. P«W mtt JamiIter-'Äättcrn lnoncrtlich M Pftz, irM H«rK gsbrracht, dei -»r ExpMtion LNid d«! Zweigstationen «dg«HM 4<s Psp.
i . Dmcch -« Post bezogen vierteljährlich 1,W Mk. anSschliestlich ZuftellgebüHr.
Urrzet^enpretSl 20 Pfz. sLr die Ifpaktige PeMzeUe oder deren R-ium. Rellamezeile 40 Pfg. Für hiefige GeschäftS« u. PritxrdanMiige» «rmätzigt. — Für die Aufimhme von Anzeigen
«« destiorurten Lagen wird keine BerantwortilchkeÄ übernomuien. — Anschlag der Jnserate auf den PlarattafÄn der Heidelberger Zeitun-g u. den städt. Anschlagstellen. Fernspr. 8L.
WWWW«»»»»»»»^»»»»»»»»»»»»»»«»»»»»»««»«»««^! ,» >» ,,>,>»»«»»»»«««W>»»«»'»n»riMW<»»«>>»>!»«IM>>M»r«ec>>A>xr»>I»'«L»»»«Sr!!»0E -^-1? 7..
Das Deflaner Krieasfterichtsnrteil vor der
Nevisionsinstanz.
Magdeburg, 14. Jan. Das Oberkriegs-
gericht hat das Urteil des K r i e g s g e r i ch t s
Dessau aufgehoben uu'd die beiden Angeklagten
Günther und Voigt wegen tätlichen Angriffs zu 1f/2
Jahren Gefängnis unter Anrechnung von drei
Monaten Untersuchungshaft verurteilt. Der
Uuteroffizier Heine wird zufätzlich der bereits erhal-
tenen Strafe von drei Monaten Gefängnis mit Degr a-
dation wegen Mißbrauchs der Waffe bestraft. Das
Kriegsgericht der 8. Division in Dessau hatte den Gefrei-
ten -Günther und den Musketier Doigt wegen A u f-
ruhrszujeäJahren Zuchihaus verurteilt.
Mefes Urteil hatte die öffentliche Meinung mit Recht fehr
stark erregt urtd eine ganze juristische Literatur über den
Gegriff „Aufrühr" ufw. erzeugt. Militärs, Juristen,
Publizisten aller Art waren auf den Plan getreten. Das
Oberkriegsgericht hat den wirklichen Verhätinissen und
der Lage des Falles insofern Rechnung getragen, als es
Aufruyr nicht angenommen hat. Die Entscheidungs-
gründe des Urteils führen aus:
Nach der Begründung des Dessauer Urteils sei zwar die
Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils geboten gewesen,
weil es fich lediglich auf lückenhaste Zeugcnaussagen und
Zugeständnisse der Angeklagten aufbaue. Das heutige Ur-
teil gründet sich auf die sch-werwiegende Erwägung, datz
die Angeklagten den Tatbestand im Wesentlichen schon in
Dessau richtig dargestellt haben. Notwehr habe nicht (!)
vorgelegen. Somit fei die Entwaffnung des Unteroffiziers
ein tatsächlicher Angriff gewesen. Kür Aufruhr hätten
Anzeichen vorgelegen. Da aber, wie jetzt erwiesen sei,
keine Zufammenrottung und Derabredung bei der Ber-
folgung Heines stattgefunden, habe das Gerickst nur eine»
tätlichen Angrifi angenommen.
Günther und Voigt melden Revision beim
Reichsmilitärgericht an. Da der Unteroffizier seine
Waffe mißbraucht hat, so rft es feltsam, datz das
Oberkriegsgericht keine Notwehr angenommen hat. Hof-
ientlich kommen den Angeklagten in der oberften Jnstanz
noch besser davon wie in der zweiten.
Sieg oder Niederlafte des Ministeriums
Combes?
P a r i s, 14. Fan. Heute hat der französtschle Mi-
nisterprästdent C o mbes seine Poütik nochmals aus-
iührlich verteidigt. Die Kanrmer ivar sehr nervös. Die
Rechte ist auf das Ministerium bitterbös und Vielen von
der Linken regiert es schon zu lange. Schon feit Mo-
naten sragen sie stch, ob es noch nicht bald stirbt, damit sie
es beerben können.
Trotzdem hat Combes noch einmal eine Nlehrheit er-
zielt, aber sie war sehr klein.
Die von der Regierung verworsene einfache Tages-
ordnung wird mit 291 gegen 277 Sfimmen abge -
lehnt. Die Regierung hatte also vierzehn Stimmen
Mehrheit. Die Linke fatzte darauf srischen Mut und ver-
langte den Borrang für die Tagesordnung Menvenu-
Martin, welche lautet:
Tie Kammer billigt die Erklärungen und das Pro-
gramm der Regierung und weist jede Obstruktion zurück.
Während der Deputierte Klotz die Priorität für die
Tagesordnug Bienvenu-Martin bekämpft, schwingt der
Monarchist Baudry dÄsson eiuen Kochtops über seinem
Haupt und stürzt damit Plötzlich auf den Platz des Mini-
sterprästdenten Combes in der Mitte des Saales zu. (Man
bezeichnet im Französischen mit dem Wort „casserole"
bekanntlich einen Polizeispitzel). Baudry d'Asson scheint
seinen Topf auf den Kopf des Ministerpräsidenten stülpen
zu wollen, jedoch erreicht er sein Ziel nicht; die Huissiers,
gefolgt von hundert Adgeovdneten der Linken, .eilen her-
bei und drängen Baudry dÄsson nach der rechten Seite.
Die Kammer nimmt mit 289 gegen 281 Stim'men die
Priorität für die Tagesordnung Bienvenu-Martin
an. Der erste Satz dieser Tagesordnung wurde dann
mit einer Mehrheit von nur 6 Stimmen genehmigt, bei
dem zweiten, der das Progranun billigt, enthielt sich das
Zentrnm der Abstimmung, sodaß stch eine Mehrtze.lt von
380 gegen 36 Stimmen ergab, die ganze TageFofidnung
wurde mit einer solchen von 10 Stimmen angenommen.
Angesichts dieser schr geringen Mehrheit soll Combes
entschlossen fein, zu demissioniercn und Brisson als Nach-
folger vorzuschlagen. Dagegen drängt Brisson daranf,
daß Combes bleibt. Jmmerhin hat das Programm der
jetzigen Regierung gesiegt und wenn wirklich ein Minister-
wechsel eintreten sollte, müßte das neue Mbinett es iort-
setzen, zumal geraüe das Programm der Regierung eine
so große Mbhrheit fand.
Deutscher NeichStag.
B e r l i n, 14. Jan.
Zum ersten Punkt der Tagesordnung Znterpellation
Auer und Genossen betreffend den B e r g a r b e i t e r-
au 8 stand im Ruhrkohlenrevier erklärt Staatssekretär
Dr. Gras v. P o s a d o w s k y: Der Reichskanzler ist be-
reit, die Jnterpcllation zu beantworten, soweit es sich
um die Ausführung von Reichsgesetzen handelt. Die Be-
antwortung wird durch den Staatsminister Moeller er°
folgen, da dieser aber 'durch die Verhandlungen im Preu-
tzischen Landtag dort gefesselt ist, kann dis Beantwortung
erst in der nächstcn Woche erfolgen.
Das Haüs berät den I u st i z e t a t weiter.
?lbg. Stadthagen (Soz.) polemisiert gegen Lenzmann
und führt aus, das Oldenburger Urteil habe daS Rechtsgefühl
des Volkcs schwer erschüttert. Das Verhalten des Ministers
Ruhstrat gegen Frau Biermann sei ehrlos gewesen. Gegen die
Klassenjustiz, gegen die Vereitelung des Koalifionsrechts durch
die Pofizei müsse dcr Rcichskanzler Front machcn.
Staatssekrctär Dr. Nieberding: Er könne nach Ein-
sicht der Oldenburger Atten vcrsichern, datz dort bei Ler Be-
handlung von Gefangenen ntchts vorgekoinrncn sci, was dcm
Strafgesetzbuch uud dcr Vereinbarung der Bundesregierungen
widerspreche. Gegenteilige Behcmptungcn seicn unwahr und
übcrtriebcn. Der Rcichskangler duld« keineSwegs, datz entgegcn
dem Geist des Gesetzes unid dem Wortlaut der vereinbarten Be-
stimmungen cingelne Gefangene schlechter behandelt würden,
als die anderen.
Abg. Bargmann (frey. Vp.): Die Behandlung des Sie-
dakteurs Schweynert im Gefängnis sei nach der öffentlichcn
Diskussion schon besser geworden. Man sollte beim Strafvoll-
zug den allgcmeinen Bildungsgrad und die sonisfige TLtigkcit
bcrücksichtigen. Nützlich wäre eine Revision dcr Strafanstalten
durch einen Reichskommissär.
Abg. Burlage (Ztr.) erklärt, cr habe nur generell« An-
griffe gegen die Oldcnburger Richter, sciue Kollegen, zurückge-
wiesen, die nach Pflicht und Gcwissen handelten.
Zlbg. Schrader (sreis. Ver.): Jn diesem Jahre merkte
man vccht wenig von dcr Tätigkeit Les Rcichsjustizamtes.
Staatssekretär Dr. Niebcrding weist diesen Vorwurf
zurück. Es werde an einer Reform der Zivilprozetzordnung nnd
einer Neugestaltung des Strafgesetzbuches gearbeitet. Sind
das Arbeitcn, die in kurzer Zcit zu crlcdigen sind? Preutzen
habe in den letzten Jahren viele Millioncn fur die Vcrbesserung
dcs Gefängniswcsens ausgegebcn. Wegcn des Gotkeslästerungs--
patagraphen kann ich eine Vorlage nicht in Aussicht stellen.
Abg. Schrader (sreis. Ver.): Ueber den grötzeren Ar-
beiten seien die notwendigcn klcinen Schädcn vcrnachlässigt
worden.
Nach -Bemerkungen dcr Abgg. Stockmann, Iessen un>
Bruns erinnert dcr Abg. Prinz Schocnaich - Caro-
l a t h an die Rcsolution wegen der Autoinobilunfälle.
Staatssekretär Dr. Nicberding: Wir suchcn unousge-
setzt nach einem sicheren Wege zur Whikfe. Die Zahl der Nn-
> fälle hat sehr zugenommen. -
Hierauf wird die Fortsehung der Verhandlnng auf Monta«
vcrtagt. .
Deutsches Reich.
- Im preuß. ^bgeordnetenhause erklärte öer
Reichskanzler am Samstay:
Mit Oestcrreich - Ungarn find die Vertrags-
v e r h a n d l u n ge n sawcit gefördewt worden, datz es sich in
den aIlcrnächsten Tagen entscheiden mutz, vb wir
auch mit diesem Lande zu dem erwünschten Aüschluh kommen
wcrdcn. Wenri wir die sechs srrfiggestellten Handelsverträgc
dem Reichstag vorlegten, bevor die Situation mit Oesterreich-
Ungarn in der einen oder anderen Richtung vollständig geklärt
worden ist, so würden wir die Verhandlungen mit diesem Lande
in hohcm Grade erschweren. Jch glaubc, dah doch nicniand in
diesem Hause bestreitet, datz der Abschluh der Hnndelsverträge,
die sür lange Zeit hinaus die feste Grundlage für unsere wirt-
schaftliche und auch für unsere politische Stellung bilden sollen,
cin Werk von der «llergrötzten- Bedeutung ist. Wenn ich die
Vollendung dicscs Werkes im lehten Augcnbkick lediglich aus
dem Grundc gcfährdet hätkc, um dic parlamcntarischen Ver-
handlungen der Handelsverträge um 8 oder 14 Tagc früher er-
möglichcn zu könncn, so wäre das unverantwortlich gewesen.
Der erhöhtc Schutz sür die Landwirtschaft solle die Signiatur
der neuen Vertreter sein. Man solle Bertrauen haben und ietzt
nicht weiter drängen und Einzelheiten erörtevn.
Ferner erklärte der Reichs'kanzler:
Die Bewegung im Ruhrgebiet sei ernst und Pflicht
dcr Rcgieriung sei es, die Ruhe und Ordnung aufrecht zu er-
hiilten und zu vermitteln. Jn dieser Beziehung seien die Be-
hörden angewiesen worden, ihr Möglichstes zu tun, und er hoffe
auf Erfolg. Er ermahne die Arbeiter, sich in dem Rahmen dek
Gesetzes gu halten und die Arbeitgeber, den Wünschen und Be-
schwerden der Arbeitgeber mit Wohlwollen nnd Verständnis.
entgegenzukommen.
Boden.
Karlsruhe, 14. Jau. Der Großherz o g, Ler
seit 8 Tagen infolge heftiger Erkältung das Bett hütete,
ist wiederhergestellt.
Kleine ZeitnNg.
— Hochschulnachrichten. Für die o. Professur der patholo-
gischen Anatomie an dcr Universität Bonn, dic durch Proi.
Koesters Tod erlcdigt ift, ist der Deutschen niediz. Wochcnschrift
zufolgc an erfter Stelle Prof. Dr. Hugo Ribbert inGöt-
tingen vorgeschlagen worden; autzerdem stehen Prof. L.
Aschoff in Marburg unb Prof. Dtax Borst in Köln aus der
Vorschlagsliste.
— Äönigsberg, 14. Iän. 'Graf Ärtur E u l e n b u r g
hat Selbstmord in G e i ft e s st ö ru n g verübt.
Graf Eulenburg hatte nachts mfi seiner ganzen Familie
an einer Ballfsstfichkeit teilgenommen. Heute früh begab
er stch an den Pregel, kroch auf den Knieen bis auf den
Rand des Eifes und tötete sich durch einen Schuß in den
Kopf. Zu Haufe fand man einen Brief, worin er die
Befürckfiung äutzert, geisteskrank zu werden. Die Leiche
ist noch nicht gefuNdcn. Der Selbftmord wurde gerade
am 51. 'Geburtstage des Unglücklichen verübt.
Jemi, 14. Iän. Professor E r n st A b b e, der
hervorragende PhyMer und geniale Schöpfer der grotzen
optischen Werkstätte Karl Zeiß in Jena ist heute Nacht
3 Uhr nach langem sckMerem Nervenleiden gestorben.
— Sieben chinefische Ofsiziere, die demnächst fii das
dentsche Heer eintrcten werden, stafieten dieser Tage der
»Zstadt Münster einen Besuch ab und legten einen Kranz
am Ketteler-D-enknial nieder.
— Totgeglaubt. Vor nngefähr zivei Jahren wurde
im Walde bei Oybin die Leiche eines Mannes gesimden
und als die des ehemaligen Sägewerksbesitzers Buttrig
beerdigt. Montag nun ist der totgeglaubte Buttrig plötz-
lich wieder aufgetauchts er hat stch inzwifchen die Welt
angesehen, wobei es ihm gar nicht schlecht gegangen sein
soll. Wer der damals aufgesiindene Lote gewesen sit,
weiß nun niemand.
— Nachklängc zur Sturmflnt. Ein überaus scheutz-
licher Anblick bietet 'sich den Schiffern auf ihrer Fahrt aus
den nordschleswigfchen und dänischen Gewässern nach
Kiel. Zu Hunderten treiben enthäutete tote Tiere im
Fahrwasser. Es waren die in der Apenrader Quaran-
täne durch die S y l v e st e r st u r m f l u t umgekomme-
uen R i n d e r, von denen ? twa 800 nach der Enthäu-
tung von Dampfern fortgeschasst und auf hoher See der-
senkt worden 'wnren. Man nahm an, datz die Tierleichen
auf den MeeresgrunL gehen und den Fischen zur Nahrung
dienen würden. Das ist eine schlimme Täuschung gewe-
sen. Die toten Tiere tauchten wieder empor und fieiben
an den Kiisten der deutschen und dänisck-en Eilande an.
— Ruhestörende Damen. Ans SProckhövel bei
Hattingen wird der „Rhein- und Ruhrztg>" geschrieben:
Eins Neujahrs-Ueberraschung ist einigen
'hiesigen jnngen Damen zuteil geworden. Nach der Weih-
nachtsfeier des Kirchenchors brachten sie eine Anverwandte
nach Hanse, und als man den Gatten fiotz allen Klopfens
nicht wach bekoinmen konnte, machte man den Dorschlag,
ihn durch ein Ständchen zu wecken. Gesagt, getau. Aber
o Weh! Das Ohr des Gesetzes hörte den Eesang, und
die jungen Damen stnd wegen ruhestören'den Lärms nnt
einer Strafe von 6 Mark bedacht worden. 'Ein solcher
Fall, daß junge Damen und dazu die Angehörigen eineS
Kirchenchors wegen ruhestörenden Lärms in Sfiafe ge-
nomtnen werden, dürste doch wohl selten sein.
- Typhus in der Kasernc. Jni 18. Jnfanterieregi-
ment in Landau in der Pfalz nehmen die Typhusfälle zu.
Zurzeit sind 19 Typhusfälle und 21 verdächtige Fälle
konftafiert. Es wird angenommen, datz die Seiiche durch
Urlauber oder durch zugesandte Lebensmittel eingefchleppt
worden ist.
Wenig genug. A.: „Der Schulz, der arm« Kerl, hat bet
dem Bankerofi seinen Verftemd vcrlorerr" — B.: „Mehr:
nicht?"
Jhre Anstcht. „Wenn ich noch jünger und rüsfiger wäre,
möchte ich Jhnen mein Herz und mein Vermögen zu Füßen
legen." - Na, zn letzterem sinid Sie doch noch rüsfig genugfi"
Literarisches.
—- Deutsch« Revue. Herausgegeben von Richard Fleischer
(Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt). Die bekannte in ihrer
Art in Deutschland einzig dastehende Monatschrift eröffnet ihren
80. Jahrgang nut einem iehr rcichbaltlgen Heft, in dem die ><nt
iangcr Zcit mit sictS ".'achsendcm Erfolg gepslcgte T'gcnart ter
Zeilschrift sich 'wicdcrum sckmrf ausprägt. Wic in dca. o»r..e-
genden ersicn Hcftc, so befinden sich auch untcr den Verfafler»
der für di« Forisetznng des neuen Jahrganges (erscheinend in
12 Hefien. vicriefiährlich 6 Mark) angekündigten Beiträge d«
glänzcndsten pnblizistifck^n Namen des Jn- und AuSlandeR.
T>a8 Januarhcft kann std« Buchhandlung zur Ansicht vorligen.
G«st»t ttGHtch, GvswtarB o«SqenoMr«m. P«W mtt JamiIter-'Äättcrn lnoncrtlich M Pftz, irM H«rK gsbrracht, dei -»r ExpMtion LNid d«! Zweigstationen «dg«HM 4<s Psp.
i . Dmcch -« Post bezogen vierteljährlich 1,W Mk. anSschliestlich ZuftellgebüHr.
Urrzet^enpretSl 20 Pfz. sLr die Ifpaktige PeMzeUe oder deren R-ium. Rellamezeile 40 Pfg. Für hiefige GeschäftS« u. PritxrdanMiige» «rmätzigt. — Für die Aufimhme von Anzeigen
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Das Deflaner Krieasfterichtsnrteil vor der
Nevisionsinstanz.
Magdeburg, 14. Jan. Das Oberkriegs-
gericht hat das Urteil des K r i e g s g e r i ch t s
Dessau aufgehoben uu'd die beiden Angeklagten
Günther und Voigt wegen tätlichen Angriffs zu 1f/2
Jahren Gefängnis unter Anrechnung von drei
Monaten Untersuchungshaft verurteilt. Der
Uuteroffizier Heine wird zufätzlich der bereits erhal-
tenen Strafe von drei Monaten Gefängnis mit Degr a-
dation wegen Mißbrauchs der Waffe bestraft. Das
Kriegsgericht der 8. Division in Dessau hatte den Gefrei-
ten -Günther und den Musketier Doigt wegen A u f-
ruhrszujeäJahren Zuchihaus verurteilt.
Mefes Urteil hatte die öffentliche Meinung mit Recht fehr
stark erregt urtd eine ganze juristische Literatur über den
Gegriff „Aufrühr" ufw. erzeugt. Militärs, Juristen,
Publizisten aller Art waren auf den Plan getreten. Das
Oberkriegsgericht hat den wirklichen Verhätinissen und
der Lage des Falles insofern Rechnung getragen, als es
Aufruyr nicht angenommen hat. Die Entscheidungs-
gründe des Urteils führen aus:
Nach der Begründung des Dessauer Urteils sei zwar die
Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils geboten gewesen,
weil es fich lediglich auf lückenhaste Zeugcnaussagen und
Zugeständnisse der Angeklagten aufbaue. Das heutige Ur-
teil gründet sich auf die sch-werwiegende Erwägung, datz
die Angeklagten den Tatbestand im Wesentlichen schon in
Dessau richtig dargestellt haben. Notwehr habe nicht (!)
vorgelegen. Somit fei die Entwaffnung des Unteroffiziers
ein tatsächlicher Angriff gewesen. Kür Aufruhr hätten
Anzeichen vorgelegen. Da aber, wie jetzt erwiesen sei,
keine Zufammenrottung und Derabredung bei der Ber-
folgung Heines stattgefunden, habe das Gerickst nur eine»
tätlichen Angrifi angenommen.
Günther und Voigt melden Revision beim
Reichsmilitärgericht an. Da der Unteroffizier seine
Waffe mißbraucht hat, so rft es feltsam, datz das
Oberkriegsgericht keine Notwehr angenommen hat. Hof-
ientlich kommen den Angeklagten in der oberften Jnstanz
noch besser davon wie in der zweiten.
Sieg oder Niederlafte des Ministeriums
Combes?
P a r i s, 14. Fan. Heute hat der französtschle Mi-
nisterprästdent C o mbes seine Poütik nochmals aus-
iührlich verteidigt. Die Kanrmer ivar sehr nervös. Die
Rechte ist auf das Ministerium bitterbös und Vielen von
der Linken regiert es schon zu lange. Schon feit Mo-
naten sragen sie stch, ob es noch nicht bald stirbt, damit sie
es beerben können.
Trotzdem hat Combes noch einmal eine Nlehrheit er-
zielt, aber sie war sehr klein.
Die von der Regierung verworsene einfache Tages-
ordnung wird mit 291 gegen 277 Sfimmen abge -
lehnt. Die Regierung hatte also vierzehn Stimmen
Mehrheit. Die Linke fatzte darauf srischen Mut und ver-
langte den Borrang für die Tagesordnung Menvenu-
Martin, welche lautet:
Tie Kammer billigt die Erklärungen und das Pro-
gramm der Regierung und weist jede Obstruktion zurück.
Während der Deputierte Klotz die Priorität für die
Tagesordnug Bienvenu-Martin bekämpft, schwingt der
Monarchist Baudry dÄsson eiuen Kochtops über seinem
Haupt und stürzt damit Plötzlich auf den Platz des Mini-
sterprästdenten Combes in der Mitte des Saales zu. (Man
bezeichnet im Französischen mit dem Wort „casserole"
bekanntlich einen Polizeispitzel). Baudry d'Asson scheint
seinen Topf auf den Kopf des Ministerpräsidenten stülpen
zu wollen, jedoch erreicht er sein Ziel nicht; die Huissiers,
gefolgt von hundert Adgeovdneten der Linken, .eilen her-
bei und drängen Baudry dÄsson nach der rechten Seite.
Die Kammer nimmt mit 289 gegen 281 Stim'men die
Priorität für die Tagesordnung Bienvenu-Martin
an. Der erste Satz dieser Tagesordnung wurde dann
mit einer Mehrheit von nur 6 Stimmen genehmigt, bei
dem zweiten, der das Progranun billigt, enthielt sich das
Zentrnm der Abstimmung, sodaß stch eine Mehrtze.lt von
380 gegen 36 Stimmen ergab, die ganze TageFofidnung
wurde mit einer solchen von 10 Stimmen angenommen.
Angesichts dieser schr geringen Mehrheit soll Combes
entschlossen fein, zu demissioniercn und Brisson als Nach-
folger vorzuschlagen. Dagegen drängt Brisson daranf,
daß Combes bleibt. Jmmerhin hat das Programm der
jetzigen Regierung gesiegt und wenn wirklich ein Minister-
wechsel eintreten sollte, müßte das neue Mbinett es iort-
setzen, zumal geraüe das Programm der Regierung eine
so große Mbhrheit fand.
Deutscher NeichStag.
B e r l i n, 14. Jan.
Zum ersten Punkt der Tagesordnung Znterpellation
Auer und Genossen betreffend den B e r g a r b e i t e r-
au 8 stand im Ruhrkohlenrevier erklärt Staatssekretär
Dr. Gras v. P o s a d o w s k y: Der Reichskanzler ist be-
reit, die Jnterpcllation zu beantworten, soweit es sich
um die Ausführung von Reichsgesetzen handelt. Die Be-
antwortung wird durch den Staatsminister Moeller er°
folgen, da dieser aber 'durch die Verhandlungen im Preu-
tzischen Landtag dort gefesselt ist, kann dis Beantwortung
erst in der nächstcn Woche erfolgen.
Das Haüs berät den I u st i z e t a t weiter.
?lbg. Stadthagen (Soz.) polemisiert gegen Lenzmann
und führt aus, das Oldenburger Urteil habe daS Rechtsgefühl
des Volkcs schwer erschüttert. Das Verhalten des Ministers
Ruhstrat gegen Frau Biermann sei ehrlos gewesen. Gegen die
Klassenjustiz, gegen die Vereitelung des Koalifionsrechts durch
die Pofizei müsse dcr Rcichskanzler Front machcn.
Staatssekrctär Dr. Nieberding: Er könne nach Ein-
sicht der Oldenburger Atten vcrsichern, datz dort bei Ler Be-
handlung von Gefangenen ntchts vorgekoinrncn sci, was dcm
Strafgesetzbuch uud dcr Vereinbarung der Bundesregierungen
widerspreche. Gegenteilige Behcmptungcn seicn unwahr und
übcrtriebcn. Der Rcichskangler duld« keineSwegs, datz entgegcn
dem Geist des Gesetzes unid dem Wortlaut der vereinbarten Be-
stimmungen cingelne Gefangene schlechter behandelt würden,
als die anderen.
Abg. Bargmann (frey. Vp.): Die Behandlung des Sie-
dakteurs Schweynert im Gefängnis sei nach der öffentlichcn
Diskussion schon besser geworden. Man sollte beim Strafvoll-
zug den allgcmeinen Bildungsgrad und die sonisfige TLtigkcit
bcrücksichtigen. Nützlich wäre eine Revision dcr Strafanstalten
durch einen Reichskommissär.
Abg. Burlage (Ztr.) erklärt, cr habe nur generell« An-
griffe gegen die Oldcnburger Richter, sciue Kollegen, zurückge-
wiesen, die nach Pflicht und Gcwissen handelten.
Zlbg. Schrader (sreis. Ver.): Jn diesem Jahre merkte
man vccht wenig von dcr Tätigkeit Les Rcichsjustizamtes.
Staatssekretär Dr. Niebcrding weist diesen Vorwurf
zurück. Es werde an einer Reform der Zivilprozetzordnung nnd
einer Neugestaltung des Strafgesetzbuches gearbeitet. Sind
das Arbeitcn, die in kurzer Zcit zu crlcdigen sind? Preutzen
habe in den letzten Jahren viele Millioncn fur die Vcrbesserung
dcs Gefängniswcsens ausgegebcn. Wegcn des Gotkeslästerungs--
patagraphen kann ich eine Vorlage nicht in Aussicht stellen.
Abg. Schrader (sreis. Ver.): Ueber den grötzeren Ar-
beiten seien die notwendigcn klcinen Schädcn vcrnachlässigt
worden.
Nach -Bemerkungen dcr Abgg. Stockmann, Iessen un>
Bruns erinnert dcr Abg. Prinz Schocnaich - Caro-
l a t h an die Rcsolution wegen der Autoinobilunfälle.
Staatssekretär Dr. Nicberding: Wir suchcn unousge-
setzt nach einem sicheren Wege zur Whikfe. Die Zahl der Nn-
> fälle hat sehr zugenommen. -
Hierauf wird die Fortsehung der Verhandlnng auf Monta«
vcrtagt. .
Deutsches Reich.
- Im preuß. ^bgeordnetenhause erklärte öer
Reichskanzler am Samstay:
Mit Oestcrreich - Ungarn find die Vertrags-
v e r h a n d l u n ge n sawcit gefördewt worden, datz es sich in
den aIlcrnächsten Tagen entscheiden mutz, vb wir
auch mit diesem Lande zu dem erwünschten Aüschluh kommen
wcrdcn. Wenri wir die sechs srrfiggestellten Handelsverträgc
dem Reichstag vorlegten, bevor die Situation mit Oesterreich-
Ungarn in der einen oder anderen Richtung vollständig geklärt
worden ist, so würden wir die Verhandlungen mit diesem Lande
in hohcm Grade erschweren. Jch glaubc, dah doch nicniand in
diesem Hause bestreitet, datz der Abschluh der Hnndelsverträge,
die sür lange Zeit hinaus die feste Grundlage für unsere wirt-
schaftliche und auch für unsere politische Stellung bilden sollen,
cin Werk von der «llergrötzten- Bedeutung ist. Wenn ich die
Vollendung dicscs Werkes im lehten Augcnbkick lediglich aus
dem Grundc gcfährdet hätkc, um dic parlamcntarischen Ver-
handlungen der Handelsverträge um 8 oder 14 Tagc früher er-
möglichcn zu könncn, so wäre das unverantwortlich gewesen.
Der erhöhtc Schutz sür die Landwirtschaft solle die Signiatur
der neuen Vertreter sein. Man solle Bertrauen haben und ietzt
nicht weiter drängen und Einzelheiten erörtevn.
Ferner erklärte der Reichs'kanzler:
Die Bewegung im Ruhrgebiet sei ernst und Pflicht
dcr Rcgieriung sei es, die Ruhe und Ordnung aufrecht zu er-
hiilten und zu vermitteln. Jn dieser Beziehung seien die Be-
hörden angewiesen worden, ihr Möglichstes zu tun, und er hoffe
auf Erfolg. Er ermahne die Arbeiter, sich in dem Rahmen dek
Gesetzes gu halten und die Arbeitgeber, den Wünschen und Be-
schwerden der Arbeitgeber mit Wohlwollen nnd Verständnis.
entgegenzukommen.
Boden.
Karlsruhe, 14. Jau. Der Großherz o g, Ler
seit 8 Tagen infolge heftiger Erkältung das Bett hütete,
ist wiederhergestellt.
Kleine ZeitnNg.
— Hochschulnachrichten. Für die o. Professur der patholo-
gischen Anatomie an dcr Universität Bonn, dic durch Proi.
Koesters Tod erlcdigt ift, ist der Deutschen niediz. Wochcnschrift
zufolgc an erfter Stelle Prof. Dr. Hugo Ribbert inGöt-
tingen vorgeschlagen worden; autzerdem stehen Prof. L.
Aschoff in Marburg unb Prof. Dtax Borst in Köln aus der
Vorschlagsliste.
— Äönigsberg, 14. Iän. 'Graf Ärtur E u l e n b u r g
hat Selbstmord in G e i ft e s st ö ru n g verübt.
Graf Eulenburg hatte nachts mfi seiner ganzen Familie
an einer Ballfsstfichkeit teilgenommen. Heute früh begab
er stch an den Pregel, kroch auf den Knieen bis auf den
Rand des Eifes und tötete sich durch einen Schuß in den
Kopf. Zu Haufe fand man einen Brief, worin er die
Befürckfiung äutzert, geisteskrank zu werden. Die Leiche
ist noch nicht gefuNdcn. Der Selbftmord wurde gerade
am 51. 'Geburtstage des Unglücklichen verübt.
Jemi, 14. Iän. Professor E r n st A b b e, der
hervorragende PhyMer und geniale Schöpfer der grotzen
optischen Werkstätte Karl Zeiß in Jena ist heute Nacht
3 Uhr nach langem sckMerem Nervenleiden gestorben.
— Sieben chinefische Ofsiziere, die demnächst fii das
dentsche Heer eintrcten werden, stafieten dieser Tage der
»Zstadt Münster einen Besuch ab und legten einen Kranz
am Ketteler-D-enknial nieder.
— Totgeglaubt. Vor nngefähr zivei Jahren wurde
im Walde bei Oybin die Leiche eines Mannes gesimden
und als die des ehemaligen Sägewerksbesitzers Buttrig
beerdigt. Montag nun ist der totgeglaubte Buttrig plötz-
lich wieder aufgetauchts er hat stch inzwifchen die Welt
angesehen, wobei es ihm gar nicht schlecht gegangen sein
soll. Wer der damals aufgesiindene Lote gewesen sit,
weiß nun niemand.
— Nachklängc zur Sturmflnt. Ein überaus scheutz-
licher Anblick bietet 'sich den Schiffern auf ihrer Fahrt aus
den nordschleswigfchen und dänischen Gewässern nach
Kiel. Zu Hunderten treiben enthäutete tote Tiere im
Fahrwasser. Es waren die in der Apenrader Quaran-
täne durch die S y l v e st e r st u r m f l u t umgekomme-
uen R i n d e r, von denen ? twa 800 nach der Enthäu-
tung von Dampfern fortgeschasst und auf hoher See der-
senkt worden 'wnren. Man nahm an, datz die Tierleichen
auf den MeeresgrunL gehen und den Fischen zur Nahrung
dienen würden. Das ist eine schlimme Täuschung gewe-
sen. Die toten Tiere tauchten wieder empor und fieiben
an den Kiisten der deutschen und dänisck-en Eilande an.
— Ruhestörende Damen. Ans SProckhövel bei
Hattingen wird der „Rhein- und Ruhrztg>" geschrieben:
Eins Neujahrs-Ueberraschung ist einigen
'hiesigen jnngen Damen zuteil geworden. Nach der Weih-
nachtsfeier des Kirchenchors brachten sie eine Anverwandte
nach Hanse, und als man den Gatten fiotz allen Klopfens
nicht wach bekoinmen konnte, machte man den Dorschlag,
ihn durch ein Ständchen zu wecken. Gesagt, getau. Aber
o Weh! Das Ohr des Gesetzes hörte den Eesang, und
die jungen Damen stnd wegen ruhestören'den Lärms nnt
einer Strafe von 6 Mark bedacht worden. 'Ein solcher
Fall, daß junge Damen und dazu die Angehörigen eineS
Kirchenchors wegen ruhestörenden Lärms in Sfiafe ge-
nomtnen werden, dürste doch wohl selten sein.
- Typhus in der Kasernc. Jni 18. Jnfanterieregi-
ment in Landau in der Pfalz nehmen die Typhusfälle zu.
Zurzeit sind 19 Typhusfälle und 21 verdächtige Fälle
konftafiert. Es wird angenommen, datz die Seiiche durch
Urlauber oder durch zugesandte Lebensmittel eingefchleppt
worden ist.
Wenig genug. A.: „Der Schulz, der arm« Kerl, hat bet
dem Bankerofi seinen Verftemd vcrlorerr" — B.: „Mehr:
nicht?"
Jhre Anstcht. „Wenn ich noch jünger und rüsfiger wäre,
möchte ich Jhnen mein Herz und mein Vermögen zu Füßen
legen." - Na, zn letzterem sinid Sie doch noch rüsfig genugfi"
Literarisches.
—- Deutsch« Revue. Herausgegeben von Richard Fleischer
(Stuttgart, Deutsche Verlags-Anstalt). Die bekannte in ihrer
Art in Deutschland einzig dastehende Monatschrift eröffnet ihren
80. Jahrgang nut einem iehr rcichbaltlgen Heft, in dem die ><nt
iangcr Zcit mit sictS ".'achsendcm Erfolg gepslcgte T'gcnart ter
Zeilschrift sich 'wicdcrum sckmrf ausprägt. Wic in dca. o»r..e-
genden ersicn Hcftc, so befinden sich auch untcr den Verfafler»
der für di« Forisetznng des neuen Jahrganges (erscheinend in
12 Hefien. vicriefiährlich 6 Mark) angekündigten Beiträge d«
glänzcndsten pnblizistifck^n Namen des Jn- und AuSlandeR.
T>a8 Januarhcft kann std« Buchhandlung zur Ansicht vorligen.