B da Balage zur abaun Zaiting.
— ö ö Sanstas, ben 27. Win
1880.
ote-leen.
Horch! — Wie vom Dom die Gloce ſchwingt
Des Tones Wellenkreiſe
In feierlicher Weiſe
Dem Ewigen zum Preiſe! —
Ein majeſtätiſch' Brauſen dringt
Hinauf in Lenzeslüfte,
Hinein in Berg und Klüfte,
Tief nieder in die Grüfte;
Allüberall
Mit Orgelton und Glockenſchall,
Mit Vogellied und Jubelhall
Ruft weckend durch die Knospenflur
Des Weltſyſtemes Wunderuhr: —
„Schläfer erwach'
Zaum Auferſtehungstag“ —
Dhen; Heil Oſtern!
vaingniſ.
Novelle von F. L. Reimar.
Fortſetzung.)
„Sie ſind ſtreng!“ ſagte Edmund mit halbem Lächeln.
Wenn Sie ſo tief mit der Sonde eindringen wollen —
was bleibt dann an allen Dingen in der Welt? Kein
Duft und keine Farbe!“
SSie blieb einen Augenblick lang ſchweigend; dann ſagte
ſie wie aus ſchwerem Gedanken heraus: „Nein,‚ es bleibt
nur die Wahrheit — und ſie freilich müſſen wir hin-
nehmen, wie ſie ſich uns bietet, und raubte ſie auch un-
ſerem eigenen Leben den Duft und die Farbe!“
Er zuckte etwas unmuthig die Achſeln; wenn er ſich
auch ſagen konnte, daß Johanna die letzten Aeußerungen
in vollkommener Ruhe gethan hatte, ohne die Bitterkeit,
welche ſich früher wohl hier und da bei ihr hervorgedrängt
hhatte, ſo war ihm die Wendung des Geſprächs doch wenig
willkommen.
eigenen Erinnerungen hingegeben geweſen, und ihm —
Johanna war offenbar wieder einmal ihren
ihm lag es daran, dieſelben von ihr fern zu halten!
Wollte es ihm aber heute nicht recht gelingen, ſie jenen
Gedanken völlig zu entreißen — Johanna liebte einmal
die haſtigen Uebergänge nicht, und ſo ward es oft ſchwer,
fie aus einer Stimmung in die andere zu verſetzen —:
an anderen Tagen glückte es ihm beſſer, ihren Antheil für
ſich zu gewinnen. War es, daß ſie ſich mehr an Edmunds
Umgang gewöhnte und ihm⸗ damit eine größere Annäherung
geſtattete, oder daß er, ohne ſich deſſen vielleicht ſelbſt erſt
bewußt zu werden, ihr gegenüber die leichteren Seiten
ſeines Weſens mit ſolchen, die ih ö
mehr zuſagen durften,
ö mit eruſteren. wertarſchn: genug aber.
ausrief:
der Ton zwiſchen
ihnen nahm allmälig gröͤßere Sicherheit an, eine Sicher-
heit, die ſich gelegentlich zu einer Art wirtlichen Vertrauens
ſteigern konnte.
Einmal als er zu ihr kam, theilte ſie ihm mit, daß ſie
tiefbewegt ſei durch die ihr zugefloſſene Kunde über den
Prinzen Stephan, indem dieſelbe ſie nicht allein mit Trauer
um ihn, ſondern um die ganze ihr ſo äheute fürſtliche Fa-
milie erfüllt habe.
Sie wies dabei auf eine Zeitung, welche ſie wohl kaum
erſt ſelbſt geleſen hatte, und dieſelbe zur Hand nehmend,
überflog Edmund raſch den von ihr bezeichneten Artikel.
Er beſtand in einer Correſpondenz aus Nizza, und war
wohl geeignet, den Antheil des Leſers hervorzurufen, denn
er brachte die Mittheilung, daß die Aerzte jetzt alle Hoff-
nung auf Erhaltung des Kranken aufgegeben hätten, und
daß das Ende deſſelben in jeder Stunde eintreten könne.
Die hohen Eltern, ſo hieß es weiter, befänden ſich am
Sterbebette des Sohnes, und erwartet würde nur noch,
daß auch die fürſtliche Braut ſich an der traurigen Stätte
einfinden würde, um wenigſtens noch Theil an den letzten
Lebensmomenten des Prinzen zu gewinnen.
Edmund hatte wohl beim Leſen bedauernd das Haupt
geneigt, doch ſuchte er Johanna jetzt zu tröſten, indem er
auf die Unzuverläſſigkeit derartiger Zeitungsberichte hinwies
und es hervorhob, daß die Correſpondenten, im gleichen
Maße, wie ſie nur zu häufig der Taktloſigkeit in Bezug
auf Schonung der betreffenden Perſonen oder ihrer An-
gehörigen verfielen, ſich auch von dem Eifer, Senſationelles
zu liefern, zu unwahren oder doch übertriebenen Angaben
hinreißen ließen.
Die Vorſtellung wollte indeſſen in dieſem Fall keine
Wirkung thun; Johanna erklärte, daß ſie ſich, wie ſie auch
immerhin über die vorliegende Rückſichtsloſigkeit der Ver-
öffentlichung denken möge, von der Wahrheit der That-
ſachen dennoch überzeugt halte. Es habe, fügte ſie hinzu,
ſtets eine Ahnung, eine Vorausſicht in ihr geleger, daß das
Ende des Prinzen ein frühes ſein würde. — — —
Wie das Geſpräch ſich durch jene traurige Veranlaſſung
auf die M. ſche Fürſtenfamilie, die Verhältniſſe an ihrem
Hofe gewandt hatte, ſo konnte es heute während der gan-
zen Dauer von Edmunds Beſuch kaum einen anderen Bo-
den gewinnen, und um ſo weniger ſuchte letzterer daſſelbe
abzulenken, als ihm ja bewußt war, wie Johanna ihre
Erinnerungen hielt und wie gern ſie ſich in ihnen bewegte.
Zugleich aber zog es ihn ſelbſt an, ſich von ihr dieſe oder
jene Perſönlichkeit, die ſie zu irgend einer Zeit in den er-
wähnten Kreiſen kennen gelernt, ſchildern zu laſſen, da ſich
ihm dabei der richtige Takt verrieth, mit welchem ſie die
beſtimmenden Eigenthümlichkeiten und Cbarattereigenſchaften
derſelben aufgefaßt hatte.
So war von ihm denn ſchon eine Erkundigung an.
verſchiedene der zufällig von ihr erwähnten Namen geknüpft
worden, und ſie hatte dieſelbe beantwortet, als er plötzlich
„Es iſt faſt ſeltſam, Johanna, daß ich noch nie
mit Ihnen von einem Manne ſprach, der mein beſter,
eigentlich mein einziger Freund iſt, und deſſen Erwähnung
außerdem ſo nahe lag, weil er Ihnen kaum fremd geblie-
— ö ö Sanstas, ben 27. Win
1880.
ote-leen.
Horch! — Wie vom Dom die Gloce ſchwingt
Des Tones Wellenkreiſe
In feierlicher Weiſe
Dem Ewigen zum Preiſe! —
Ein majeſtätiſch' Brauſen dringt
Hinauf in Lenzeslüfte,
Hinein in Berg und Klüfte,
Tief nieder in die Grüfte;
Allüberall
Mit Orgelton und Glockenſchall,
Mit Vogellied und Jubelhall
Ruft weckend durch die Knospenflur
Des Weltſyſtemes Wunderuhr: —
„Schläfer erwach'
Zaum Auferſtehungstag“ —
Dhen; Heil Oſtern!
vaingniſ.
Novelle von F. L. Reimar.
Fortſetzung.)
„Sie ſind ſtreng!“ ſagte Edmund mit halbem Lächeln.
Wenn Sie ſo tief mit der Sonde eindringen wollen —
was bleibt dann an allen Dingen in der Welt? Kein
Duft und keine Farbe!“
SSie blieb einen Augenblick lang ſchweigend; dann ſagte
ſie wie aus ſchwerem Gedanken heraus: „Nein,‚ es bleibt
nur die Wahrheit — und ſie freilich müſſen wir hin-
nehmen, wie ſie ſich uns bietet, und raubte ſie auch un-
ſerem eigenen Leben den Duft und die Farbe!“
Er zuckte etwas unmuthig die Achſeln; wenn er ſich
auch ſagen konnte, daß Johanna die letzten Aeußerungen
in vollkommener Ruhe gethan hatte, ohne die Bitterkeit,
welche ſich früher wohl hier und da bei ihr hervorgedrängt
hhatte, ſo war ihm die Wendung des Geſprächs doch wenig
willkommen.
eigenen Erinnerungen hingegeben geweſen, und ihm —
Johanna war offenbar wieder einmal ihren
ihm lag es daran, dieſelben von ihr fern zu halten!
Wollte es ihm aber heute nicht recht gelingen, ſie jenen
Gedanken völlig zu entreißen — Johanna liebte einmal
die haſtigen Uebergänge nicht, und ſo ward es oft ſchwer,
fie aus einer Stimmung in die andere zu verſetzen —:
an anderen Tagen glückte es ihm beſſer, ihren Antheil für
ſich zu gewinnen. War es, daß ſie ſich mehr an Edmunds
Umgang gewöhnte und ihm⸗ damit eine größere Annäherung
geſtattete, oder daß er, ohne ſich deſſen vielleicht ſelbſt erſt
bewußt zu werden, ihr gegenüber die leichteren Seiten
ſeines Weſens mit ſolchen, die ih ö
mehr zuſagen durften,
ö mit eruſteren. wertarſchn: genug aber.
ausrief:
der Ton zwiſchen
ihnen nahm allmälig gröͤßere Sicherheit an, eine Sicher-
heit, die ſich gelegentlich zu einer Art wirtlichen Vertrauens
ſteigern konnte.
Einmal als er zu ihr kam, theilte ſie ihm mit, daß ſie
tiefbewegt ſei durch die ihr zugefloſſene Kunde über den
Prinzen Stephan, indem dieſelbe ſie nicht allein mit Trauer
um ihn, ſondern um die ganze ihr ſo äheute fürſtliche Fa-
milie erfüllt habe.
Sie wies dabei auf eine Zeitung, welche ſie wohl kaum
erſt ſelbſt geleſen hatte, und dieſelbe zur Hand nehmend,
überflog Edmund raſch den von ihr bezeichneten Artikel.
Er beſtand in einer Correſpondenz aus Nizza, und war
wohl geeignet, den Antheil des Leſers hervorzurufen, denn
er brachte die Mittheilung, daß die Aerzte jetzt alle Hoff-
nung auf Erhaltung des Kranken aufgegeben hätten, und
daß das Ende deſſelben in jeder Stunde eintreten könne.
Die hohen Eltern, ſo hieß es weiter, befänden ſich am
Sterbebette des Sohnes, und erwartet würde nur noch,
daß auch die fürſtliche Braut ſich an der traurigen Stätte
einfinden würde, um wenigſtens noch Theil an den letzten
Lebensmomenten des Prinzen zu gewinnen.
Edmund hatte wohl beim Leſen bedauernd das Haupt
geneigt, doch ſuchte er Johanna jetzt zu tröſten, indem er
auf die Unzuverläſſigkeit derartiger Zeitungsberichte hinwies
und es hervorhob, daß die Correſpondenten, im gleichen
Maße, wie ſie nur zu häufig der Taktloſigkeit in Bezug
auf Schonung der betreffenden Perſonen oder ihrer An-
gehörigen verfielen, ſich auch von dem Eifer, Senſationelles
zu liefern, zu unwahren oder doch übertriebenen Angaben
hinreißen ließen.
Die Vorſtellung wollte indeſſen in dieſem Fall keine
Wirkung thun; Johanna erklärte, daß ſie ſich, wie ſie auch
immerhin über die vorliegende Rückſichtsloſigkeit der Ver-
öffentlichung denken möge, von der Wahrheit der That-
ſachen dennoch überzeugt halte. Es habe, fügte ſie hinzu,
ſtets eine Ahnung, eine Vorausſicht in ihr geleger, daß das
Ende des Prinzen ein frühes ſein würde. — — —
Wie das Geſpräch ſich durch jene traurige Veranlaſſung
auf die M. ſche Fürſtenfamilie, die Verhältniſſe an ihrem
Hofe gewandt hatte, ſo konnte es heute während der gan-
zen Dauer von Edmunds Beſuch kaum einen anderen Bo-
den gewinnen, und um ſo weniger ſuchte letzterer daſſelbe
abzulenken, als ihm ja bewußt war, wie Johanna ihre
Erinnerungen hielt und wie gern ſie ſich in ihnen bewegte.
Zugleich aber zog es ihn ſelbſt an, ſich von ihr dieſe oder
jene Perſönlichkeit, die ſie zu irgend einer Zeit in den er-
wähnten Kreiſen kennen gelernt, ſchildern zu laſſen, da ſich
ihm dabei der richtige Takt verrieth, mit welchem ſie die
beſtimmenden Eigenthümlichkeiten und Cbarattereigenſchaften
derſelben aufgefaßt hatte.
So war von ihm denn ſchon eine Erkundigung an.
verſchiedene der zufällig von ihr erwähnten Namen geknüpft
worden, und ſie hatte dieſelbe beantwortet, als er plötzlich
„Es iſt faſt ſeltſam, Johanna, daß ich noch nie
mit Ihnen von einem Manne ſprach, der mein beſter,
eigentlich mein einziger Freund iſt, und deſſen Erwähnung
außerdem ſo nahe lag, weil er Ihnen kaum fremd geblie-