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Heidelberger Familienblätter — 1880

DOI Kapitel:
Nr. 44 - Nr. 52 (2. Juni - 30. Juni)
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ich nicht.

*
. 82
2 „ . 5. —

zenetriſtiſhe Beilage zur Heidelberger Zeitun.

*

dusen,

— Ein amerikaniſches Lebensbild von Harry King. *

GSortſetung.t
Der alte Millionär wurde roth und blaß bei der Rede
des Beamten, als enthalte ſie eine Anklage gegen ihn, end-
lich lachte er und fragte: ö

„Wen halten Sie für den Schlimnnſten von den Bowery-

Raufbolden, John?“ *
„Das iſt ſchwer zu ſagen, Sir. Macolm iſt der
ſchlimmſte bei einer Schlägerei, aber wie er ſonſt iſt, weiß
Ich traue keinem von ihnen weiter wie ich ihn
ſehe; ſie ſind zu Allem fähig.“ ö
„Wo wohnt der Burſche, Hanlon 2“ ö
„Irgendwo in der Bawery, nicht weit von der Ecke
von Grand Street.
Ihnen ſagen, wo er zu finden iſt. Wollen Sie ihn
ſprechen?C * ö
„Nun ja.
terhalten, um zu erfahren, wie Leute ſeines Gleichen leben.“

„Dann werden Sie in ihm den rechten Mann finden,

denn er iſt ein geriebener Burſche.t.
V„Ich werde an einem langweiligen Tage zu ihm ſchicken
und ihn rufen laſſen, und dann will ich ein langes Ge-
ſpräch mit ihm haben. Guten Morgen.“
„Guten Morgen, Herr Hardinge,“ und die beide
Männer ſchieden. * ö
V5Ha, ha, ha,“ kicherte Hardinge, „das iſt der Mann,
den ich brauche, und er eilte Grand Street zu. Als er
dieſe Straße erreicht hatte, wandte er ſich nach der Gegend
von Bowery, um einige Bemerkungen in ſein Taſchenbuch

einzutragen. Volle zehn Minuten ſtand er an einer Ecke,

ö die Borbeigehenden zu muſtern, als ſein Auge auf einen
Stiefelputzer fiel, dieſem gab er einen Wink mit ſeinem

Stock, zu ihm heran zu kommen.

„„Soll ich Ihre Stiefel wichſen?“ rief der kleine ſtumpf-
nafige Bube Mr. Hardinge zu.
„Nein, ich habe etwas anderes für Dich zu thun.

Kennſt Du Macolm?ꝰ

„Oarauf können Sie wetten, Si. .
„»Weißt Du, wo er augenblicklich iſt???
„Kann ihn finden, das alte Pferd!“ entgegnete der

kleine Knirps bereitwilliag.

„Geh' und führe ihn in die Reſtauration dort, ich gebe
́ ſprechen, Macolm.“

Dir einen Dollar dafüun.s.

Seinem Verſprechen gemäß ging Macolm nach Marh's ö
früherer Wohnung, bezahlte ihre Rechnung, die ſehr gering. jemu ö Aure
rauchend in der Bowery umherſchlenderte und ſich nach ir-

war, da ſie ſtets eine pünktliche Zahlerin geweſen, und
holte ihre Sachen. Unter denſelben befand ſich eine mittel-

große Holzkiſte, die leicht mit einer Hand getragen werden

konnte, da ſich am Deckel ein meſſingner Griff befand.
hatte de mefſingner Griff befan
weil ſi-

obert Whitney oft hatte ſagen hören: „das iſt

Mittwoch, den 2. Juni
arbeitete Käſtchen nicht zu zerſtören.

Jeder Reſtaurateur in der Nähe kann

Ich möchte mich gern einmal mit ihm un-

den kleinen Kaſten von Baltimore mitgenommen,

der Range ihre Kiſte!“ Was der Inhalt des Käſtchens

ſei und welche Bewandtniß es damit habe, wußte ſie nicht.
Als ſie ſich aber entſchloſſen hatte, davon zu laufen, hielt
ſie es für gut, die Kiſte mitzunehmen. Nach ihrer An-
kunft in Newyork verſuchte ſie vergebens die Kiſte zu öff-
nen, da ſie keinen paſſenden Schlüſſel finden konnte und
das Schloß nicht aufbrechen wollte, um das ſchön ge-

Macolm, der wußte, wie werth Mary den Kaſten hielt,
brachte ihr denſelben perſönlich, während ihr anderes Ge-
päck auf einem Handkarren nachgefahren wurde. Gegen
Mittag war Mary in ihre neue Behauſung wohl eingerichtet,
und am Abend kam Macolm, um ſie zum Eingange eines
Theaters zu begleiten, wo ſie in weniger denn eine Stunde
ihren ganzen Blumenvorrath verkauft hatte. Auf dem
Heimwege fragte er ſie nach dem kleinen Käſtchen von
Roſenholz und ob ſie jemals deſſen Inhalt geſehen.
„Nein, Macolm, ich konnte nie einen paſſenden Schlüſſel

dazu finden. Alles, was ich über das Käſtchen weiß, iſt,

daß es meinem Vater gehört hat.
mein Leben lang bewahren.“
„Ich würde es aufbrechen und ſehen, was drin iſt,“

Deßhalb will ich es

fagte Macolm, dem theure Andenken wenig kümmerten.

„Um Alles in der Welt wärde ich das nicht thun.
Ich werde doch noch einen Schlüſſel finden, der es öffnet.“
„Es gibt keine ſolche Schlöſſer mehr, und Du wirſt
den Schlüſſel nicht finden, Mary.“
„Dann, Macolm, wenn ich ſterben ſollte oder es wider-
führe mir ein Unglück, dann ſollſt Du es haben als An-
denken an mich. Sollten Umſtände mich von hier fort-
führen, dann mußt Du alle meine Sachen an Dich neh-
men und ſie für mich aufheben.“ ö ö
„Wird Dir ſchon nichts geſchehen, Mary, und wenn
der Burſche da Dir noch einmal zu nahe kommt, dann
werde ich ihm ſchon das Tabernakel ventiliren..“
„Was willſt Du?“ ö
„Ihm den Schädel einſchlagen!“
„Willſt Du ihn tödten, Macolm?“
„Natürlich. Das iſt meine Abſicht.“ •2
„O Macolm, thue nur das nicht. Sieh, das würde
mich noch in der Stunde meines Todes beunruhigen. Und
dann würden ſie Dich fangen und Du würdeſt gehenkt.“
„Nun, dann will ich es nicht thun. Ich will ihm nur
den Kopf abſchneiden und ihn von ſelbſt ſterben laſſen.
Das will ich bei — !“ ö
„Still!“ ſagte Mary bittend. Denke an Dein Ver-

Vor der Thür nahmen die beiden Freunde Abſchied;

Mary ſtieg in ihr kleines Dachſtübchen und Macolm ging

in die Schenlfte. ö *
Den nächſten Tag, als er gemüthlich ſeine Cigarre

gend einem alten Bekannten umſah, ward er von einem

kleinen Stiefelputzer angeredet.

„Macolm, man fragt nach Euch!“ ſagte der Kleine.
„Wer ſagt das, Neddy ?“ fragte Macolm nachläſſig.
„Ich, bei Gott! Ein Mann will Euch in Geſchäften
 
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