4
Zeit, und wie allenthalben am Rhein nach der Mitte des 13. Jahrhunderts die neuen Bauformen in Auf-
nahme kamen, welche bei dem angeregten Wanderverkehr aus dem fränkischen Westen rasch überführt
wurden, so beschloss man auch in der Reichsstadt Oppenheim einen Neubau an der Stelle der alten
Katharinen-Kirche.
Obwohl die Nachricht von der in das Jahr 1262 versetzten Grundsteinlegung urkundlich nicht
weiter verbürgt ist, so stimmt die Anlage der ältesten Theile des Neubaues, sowie dessen Architektur-
formen ganz wohl mit dem angegebenen Zeitpunkte und bestätigen insofern wenigstens im allgemeinen
den Beginn des Unternehmens. Der Neubau wurde als geräumige Kreuzkirche geplant, die im Westen
an die einstweilen zu erhaltenden Thürme sich anschliessen und mit dem Chore im Osten gegen das
dorten rasch abfallende Gelände vortreten sollte. Die Lage war äusserst glücklich gewählt. Nach der
Stadt zu bot der Bau seine Südseite in der vollen Längenansicht; gegen Osten hob der Chor frei und
hoch sich über die Tiefe. Innerhalb des städtischen Berings thronte der schmuckvolle Kirchenbau über
der Stadt, die auf dem südostwärts sich senkenden Vorlande hingestreckt lag. Weithin beherrschte die
herrliche Baugruppe die gesegneten Niederungen und die Uferlande des Rheins.
Wie bei den meisten Bauten jener Zeit ist auch hier der Name des Baumeisters uns nicht über-
liefert. Ausser dem allgemein geschichtlichen Interesse hätte die Kenntniss seines Namens und mehr noch
seiner Herkunft und Ausbildung einen besonderen Werth, weil darin Anhaltspunkte zur Beurtheilung seines
Werkes in Oppenheim sich würden ergeben haben. So sind wir lediglich auf den Bau selber angewiesen
und auf jene Sprache, welche zwar nicht in Worten, aber darum nicht weniger verständlich aus der
Gesammt-Anlage und den Formen im Einzelnen spricht.
Treten wir darum an das Bauwerk heran, so erfahren wir sogleich, dass das Unternehmen
nicht ohne Unterbrechung in einem Anlaufe, sondern in verschiedenen Absätzen zur Ausführung kam, dass
zwar der erste Meister den Bau in seinen Umrissen im Ganzen umschrieb, spätere Hände dagegen dem
Werke eine veränderte Gestaltung gaben. Ob der Tod den ersten Meister bei seinem Werke überraschte,
ob ihn die wechselnden Fehden vertrieben, wissen wir nicht. So viel aber muss als sicher gelten, dass
der erste Erbauer von den verschiedenen Strömungen gleichmässig berührt war, welche damals die rheinische
Architektur beherrschten; mag er immerhin ein Deutscher und Rheinländer gewesen sein, so stand er doch
theilweise unter dem Einfluss der französischen Architekturschule, wenn er auch anderseits wieder mit
Selbstständigkeit die deutsche Richtung vertrat.
Den ältesten Theil des gothischen Neubaues haben wir in dem östlichen Chorhaupte und in
dem Querschiffe vor uns. Diese Theile sind bis zur Gesimshöhe offenbar in ziemlich raschem Betrieb
gleichzeitig oder doch in engem Anschluss fertig gestellt worden. Die Kreuzform ist im Grundriss wie
im Aufbaue entschieden ausgeprägt. Eine gewisse Schlichtheit des Ganzen deutet darauf hin, dass man
hier mehr an deutschen Anschauungen sich hielt. Die Fenster sind auf ein beschränktes Mass zurückge-
führt und lassen im Chor, wie namentlich in den Kreuzarmen, beträchtliche Wandflächen ihnen zur Seite
übrig. Die Fenstergeläufe des Chores und die Strebepfeiler sind schmucklos. Gliederungen und Ornamente
Zeit, und wie allenthalben am Rhein nach der Mitte des 13. Jahrhunderts die neuen Bauformen in Auf-
nahme kamen, welche bei dem angeregten Wanderverkehr aus dem fränkischen Westen rasch überführt
wurden, so beschloss man auch in der Reichsstadt Oppenheim einen Neubau an der Stelle der alten
Katharinen-Kirche.
Obwohl die Nachricht von der in das Jahr 1262 versetzten Grundsteinlegung urkundlich nicht
weiter verbürgt ist, so stimmt die Anlage der ältesten Theile des Neubaues, sowie dessen Architektur-
formen ganz wohl mit dem angegebenen Zeitpunkte und bestätigen insofern wenigstens im allgemeinen
den Beginn des Unternehmens. Der Neubau wurde als geräumige Kreuzkirche geplant, die im Westen
an die einstweilen zu erhaltenden Thürme sich anschliessen und mit dem Chore im Osten gegen das
dorten rasch abfallende Gelände vortreten sollte. Die Lage war äusserst glücklich gewählt. Nach der
Stadt zu bot der Bau seine Südseite in der vollen Längenansicht; gegen Osten hob der Chor frei und
hoch sich über die Tiefe. Innerhalb des städtischen Berings thronte der schmuckvolle Kirchenbau über
der Stadt, die auf dem südostwärts sich senkenden Vorlande hingestreckt lag. Weithin beherrschte die
herrliche Baugruppe die gesegneten Niederungen und die Uferlande des Rheins.
Wie bei den meisten Bauten jener Zeit ist auch hier der Name des Baumeisters uns nicht über-
liefert. Ausser dem allgemein geschichtlichen Interesse hätte die Kenntniss seines Namens und mehr noch
seiner Herkunft und Ausbildung einen besonderen Werth, weil darin Anhaltspunkte zur Beurtheilung seines
Werkes in Oppenheim sich würden ergeben haben. So sind wir lediglich auf den Bau selber angewiesen
und auf jene Sprache, welche zwar nicht in Worten, aber darum nicht weniger verständlich aus der
Gesammt-Anlage und den Formen im Einzelnen spricht.
Treten wir darum an das Bauwerk heran, so erfahren wir sogleich, dass das Unternehmen
nicht ohne Unterbrechung in einem Anlaufe, sondern in verschiedenen Absätzen zur Ausführung kam, dass
zwar der erste Meister den Bau in seinen Umrissen im Ganzen umschrieb, spätere Hände dagegen dem
Werke eine veränderte Gestaltung gaben. Ob der Tod den ersten Meister bei seinem Werke überraschte,
ob ihn die wechselnden Fehden vertrieben, wissen wir nicht. So viel aber muss als sicher gelten, dass
der erste Erbauer von den verschiedenen Strömungen gleichmässig berührt war, welche damals die rheinische
Architektur beherrschten; mag er immerhin ein Deutscher und Rheinländer gewesen sein, so stand er doch
theilweise unter dem Einfluss der französischen Architekturschule, wenn er auch anderseits wieder mit
Selbstständigkeit die deutsche Richtung vertrat.
Den ältesten Theil des gothischen Neubaues haben wir in dem östlichen Chorhaupte und in
dem Querschiffe vor uns. Diese Theile sind bis zur Gesimshöhe offenbar in ziemlich raschem Betrieb
gleichzeitig oder doch in engem Anschluss fertig gestellt worden. Die Kreuzform ist im Grundriss wie
im Aufbaue entschieden ausgeprägt. Eine gewisse Schlichtheit des Ganzen deutet darauf hin, dass man
hier mehr an deutschen Anschauungen sich hielt. Die Fenster sind auf ein beschränktes Mass zurückge-
führt und lassen im Chor, wie namentlich in den Kreuzarmen, beträchtliche Wandflächen ihnen zur Seite
übrig. Die Fenstergeläufe des Chores und die Strebepfeiler sind schmucklos. Gliederungen und Ornamente