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Gewandes sind von derselben Hand gemalt, die die kleinlichen
Formen des Spinetts und der Laute geschaffen hat.
Die zweite Hauptfrage, auf die bei der Besprechung des Kon-
zerts eingegangen' werden muß, ob nämlich Giorgione als Autor
in Betracht komme, beantwortet sich, nachdem einmal die Abhängig-
keit j’on Tizian festgestellt ist, von selbst in verneinendem Sinne.
Bei Giorgione gibt es nicht diese heftige Zurschaustellung und Be-
tonung der Gefühle. Er bleibt auch in dem bewegten späten Stil
der Fondacofresken einfach. Sein Liniengefühl ist ganz anders;
eine Silhouette, wie die des Spinettspielers mit ihren langen, steifen
Geraden wäre für ihn, der bewegliche, in leichten Kurven gespannte
Konturen liebt, undenkbar. Niemals hat er so schwere Massen.
Von der Anmut der giorgionischen Bildgliederung schließlich hat
das Konzert auch nicht den leisesten Hauch1.
1 Die wichtige und, wie mir scheint, durchaus nicht nebenhin abzutuende
Frage, ob Domenico Campagnola das Konzert gemalt habe, möchte ich hier wie
bei der Madonna in Madrid und dem „Parma“ unentschieden lassen. Wirklich
beantwortet kann sie nur werden auf Grund einer zusammenhängenden Dar-
stellung der Kunst Campagnolas.
Nicht beistimmen kann ich der Zuschreibung des Konzerts an Sebastiano
del Pionibo, die neuerdings Friedeberg (Zeitschrift für bildende Kunst XXVIII
S. 169 ff.) vorgenommen hat. Friedeberg geht aus von der Erzählung Vasaris
in der Vita des Sebastiano (VS. 565): „onde fece alcuni ritratti . . . e fra gli
altri quello di Verdelotto Franzese . . . ehe era allora maestro di cappella in San
Marco . . .“ Friedeberg glaubt, in dem Spinettspieler jenen Verdelotto erkennen
zu dürfen, indem er sich unter anderem auf die Tracht stützt, die nicht die eines
Mönches, sondern die der Musiker in San Marco sei., (Er beruft sich dabei auf
Meschiilello, La chiesa ducale di S. Marco.) In dem Stil des Bildes sieht Friedeberg
kein Hindernis für seine Hypothese. Aber gerade der Stil stimmt nicht mit
Sebastiano überein. Es ist wohl richtig, daß Sebastiano Pelzbesatz bevorzugt, aber
diesen gibt es auch bei Tizian (Mosti). Ebenso ist das hervorstechende Weiß
der Augäpfel nicht ausschließlich für Sebastiano charakteristisch; es. sei nur an
den Rochus des Märkusbildes und den Homme au gant erinnert. Die auffallendste
Eigentümlichkeit Sebastianos ist seine nicht immer reine, aber stets wirkungs-
volle Eleganz; er, der die sichere — fast möchte man sagen, für seine .Jugend
allzu sichere — Gruppe der drei Frauen auf dem Crisostomoaltar geschaffen
hat, wäre in der Gruppierung der drei Figuren des Konzerts viel geschickter
gewesen. Dieser Eleganz liegen auch die Härten der Linienführung, wie sie
beim Konzert vorkommen, und das Pathetisch-Sentimentale fern. Sebastianos
Figuren sind geschmeidig, ihre Lineamente gefällig; ich nenne den Rochus des
(Tisostomoaltares, die Heiligen der Orgelflügel in S. Bartolommeo in Rialto, die
Dorothea. Auch findet man im Konzert nicht jenen unangenehmen Ausdruck
der Augen, auf den Justi, als für Sebastiano typisch, sehr treffend hinweist.
(Giorgione I S. 230.)
 
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