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Manuscripte deutschen Ursprunges. XVI. — XIX. Jahrh.
der romantischen Schule; kommen sehr selten vor u. stehen hoch im
Preise; diese Sammlung ist daher, um so mehr als sie viele ungedruckte
Stücke enthält, ein Unikum ersten Ranges.
23 Schulze, Ernst Konr. Fr., Dichter des Epos „Cäcilie“ und der
„Bezauberten Rose“ (geb. 1789 in Celle, gest. daselbst 1817),
Sammlung von 85 eigenhändigen Briefen an Adelheid
Tychsen, die ältere Schwester der 1812 im Alter von 18 Jahren
verstorbenen und von ihm heißgeliebten Cäcilie, geschrieben in
der Zeit vom 7/VI 1813 bis 26/V 1816 aus Göttingen, Celle,
Altenwerder, Buxtehude, Moorburg, Harburg und Holm, davon
39 aus der Zeit vom 22/III bis 15/IX 1814 noch unveröffentlicht
und nirgends abgedruckt. — Ferner 9 noch ungedruckte eigen-
händige Briefe des Dichters an Adelheids Mutter, die Hofräthin
Tychsen in Göttingen, geschrieben vom 22/III bis 19/VIII 1814 aus
Celle, Buxtehude und Moorburg. Im Ganzen 94 Briefe auf 87
Bogen in 8°. . 2450.—
Obige sehr wertvolle und hochinteressante Sammlung von Original-
briefen des vielgefeierten Dichters (s. No. 22) stammt aus dem Nach-
lasse der Adressatin, Frau Adelheid von Berlepsch geb. Tychsen und
gelangte durch ihre Enkelin in meinen Besitz.
Diese Briefe des Dichters an Adelheid, auf die er nach dem früh-
zeitigen Tode ihrer jüngeren Schwester Cäcilie seine ganze Neigung
übertrug, ohne Erwiderung zu finden, sind von ihrem künstlerischen,
wie von ihrem literarischen Werte ganz abgesehen, Dokumente von so
ungemeiner Wahrheit, so großem psychologischen Interesse, wie wir
ihrer in unserer Literatur nicht viele haben. Wir sehen aus ihnen, wie
der Dichter trotz der entschiedenen Zurückweisung, die ihm auf seine
Werbung ein halbes Jahr nach Cäciliens Tode von Adelheid zuteil wird,
nicht mehr von ihr lassen kann, sondern sich noch drei Jahre lang in
der schwärmerischsten und hingebungsvollsten Weise um ihre Gegen-
liebe bemüht; denn wie eine fixe Idee beherrscht ihn der Gedanke seiner
Doppelliebe; er darf nur um ein Weib auf Erden werben, die Schwester
der Toten, weil nur dies ihm nicht als Untreue gegen die Tote erscheint,
weil er nur so in der Lebenden auch die Tote immer besitzen zu können
glaubt. Als Ersatz für ihre Gegenliebe, die sie ihm nicht schenken kann,
nimmt er dankbar ihre Freundschaft hin, die sie ihm mitleidig gewährt,
und lohnt ihr diese in rückhaltloser Offenheit durch Schilderung seiner
bisherigen Lebensschicksale, seine zahlreichen früheren Liebesaffären nicht
ausgenommen.
Die 85 Briefe an Adelheid, die — ebenso wie die 9 Briefe an ihre
Mutter, die Hofrätin Tychsen — niemals aus den Händen der Familie
gegeben wurden, repräsentieren deshalb einen außerordentlich hohen
Wert, weil erst 46 von ihnen im Druck veröffentlicht worden sind, sei
es in der Biographie des Dichters von H. Marggraff 1855, sei es von
K. E. Franzos im 16. Bande der „Deutschen Dichtung“ 1894. Dieser Ab-
druck erfolgte auf Grund von Abschriften der Briefe, die sich in dem
vom 8/IX 1811 bis 17/VII 1816 reichenden Tagebuche Ernst Schulzes
Karl W. Hiersemann in Leipzig, Königsstrasse 3. Katalog 330.
Manuscripte deutschen Ursprunges. XVI. — XIX. Jahrh.
der romantischen Schule; kommen sehr selten vor u. stehen hoch im
Preise; diese Sammlung ist daher, um so mehr als sie viele ungedruckte
Stücke enthält, ein Unikum ersten Ranges.
23 Schulze, Ernst Konr. Fr., Dichter des Epos „Cäcilie“ und der
„Bezauberten Rose“ (geb. 1789 in Celle, gest. daselbst 1817),
Sammlung von 85 eigenhändigen Briefen an Adelheid
Tychsen, die ältere Schwester der 1812 im Alter von 18 Jahren
verstorbenen und von ihm heißgeliebten Cäcilie, geschrieben in
der Zeit vom 7/VI 1813 bis 26/V 1816 aus Göttingen, Celle,
Altenwerder, Buxtehude, Moorburg, Harburg und Holm, davon
39 aus der Zeit vom 22/III bis 15/IX 1814 noch unveröffentlicht
und nirgends abgedruckt. — Ferner 9 noch ungedruckte eigen-
händige Briefe des Dichters an Adelheids Mutter, die Hofräthin
Tychsen in Göttingen, geschrieben vom 22/III bis 19/VIII 1814 aus
Celle, Buxtehude und Moorburg. Im Ganzen 94 Briefe auf 87
Bogen in 8°. . 2450.—
Obige sehr wertvolle und hochinteressante Sammlung von Original-
briefen des vielgefeierten Dichters (s. No. 22) stammt aus dem Nach-
lasse der Adressatin, Frau Adelheid von Berlepsch geb. Tychsen und
gelangte durch ihre Enkelin in meinen Besitz.
Diese Briefe des Dichters an Adelheid, auf die er nach dem früh-
zeitigen Tode ihrer jüngeren Schwester Cäcilie seine ganze Neigung
übertrug, ohne Erwiderung zu finden, sind von ihrem künstlerischen,
wie von ihrem literarischen Werte ganz abgesehen, Dokumente von so
ungemeiner Wahrheit, so großem psychologischen Interesse, wie wir
ihrer in unserer Literatur nicht viele haben. Wir sehen aus ihnen, wie
der Dichter trotz der entschiedenen Zurückweisung, die ihm auf seine
Werbung ein halbes Jahr nach Cäciliens Tode von Adelheid zuteil wird,
nicht mehr von ihr lassen kann, sondern sich noch drei Jahre lang in
der schwärmerischsten und hingebungsvollsten Weise um ihre Gegen-
liebe bemüht; denn wie eine fixe Idee beherrscht ihn der Gedanke seiner
Doppelliebe; er darf nur um ein Weib auf Erden werben, die Schwester
der Toten, weil nur dies ihm nicht als Untreue gegen die Tote erscheint,
weil er nur so in der Lebenden auch die Tote immer besitzen zu können
glaubt. Als Ersatz für ihre Gegenliebe, die sie ihm nicht schenken kann,
nimmt er dankbar ihre Freundschaft hin, die sie ihm mitleidig gewährt,
und lohnt ihr diese in rückhaltloser Offenheit durch Schilderung seiner
bisherigen Lebensschicksale, seine zahlreichen früheren Liebesaffären nicht
ausgenommen.
Die 85 Briefe an Adelheid, die — ebenso wie die 9 Briefe an ihre
Mutter, die Hofrätin Tychsen — niemals aus den Händen der Familie
gegeben wurden, repräsentieren deshalb einen außerordentlich hohen
Wert, weil erst 46 von ihnen im Druck veröffentlicht worden sind, sei
es in der Biographie des Dichters von H. Marggraff 1855, sei es von
K. E. Franzos im 16. Bande der „Deutschen Dichtung“ 1894. Dieser Ab-
druck erfolgte auf Grund von Abschriften der Briefe, die sich in dem
vom 8/IX 1811 bis 17/VII 1816 reichenden Tagebuche Ernst Schulzes
Karl W. Hiersemann in Leipzig, Königsstrasse 3. Katalog 330.