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Karl W. Hiersemann
Katalog (Nr. 412): Alte Architekturwerke des 15.-18. Jahrhunderts: Gartenarchitektur, Ornamentstiche/Ornamentwerke für Architektur, Dekoration und Kunstgewerbe, Buchornamentik des 13.-18. Jahrhunderts, Kalligraphie, Festlichkeiten, Kirchenfeste, Trauerfeiern, Festbauten — Leipzig: Karl W. Hiersemann, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.59769#0076
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74

Anhang.

Leo von Klenze’s künstlerischer Nachlaß.

Leo v. Klenze.
Leo v. Klenze (geb. 1784 in Hildesheim, f 1864 in München) ist für
München und Bayern etwa das gewesen, was Schinkel für Norddeutschland,
speziell für Berlin: der Erneuerer eines streng klassischen Baustiles. Es genügt,
die Münchener Propyläen, die Glyptothek, die Walhalla bei Regensburg zu
nennen, um seine überragende Bedeutung in der Architektur des letzten Jahr-
hunderts kenntlich zu machen. Die Eremitage in Petersburg, die bayerische
Ruhmeshalle bei der Bavaria, die Befreiungshalle in Kelheim schließen sich den
genannten Bauten würdig an. Doch wie Schinkel sich daneben in gotischen
Bauwerken erfolgreich versuchte, so hat auch Klenze außerhalb des antikisierenden
Gebietes reiche Lorbeeren errungen; und zwar weniger im Kirchenbau, wo seine
Kraft nur für die Allerheiligen-Hofkirche Münchens in Anspruch genommen
wurde, als in Profanbauten, die sich an italienische Vorbilder der Renaissance
anschlossen. Außer einigen Werken seiner ersten Periode kommen hier der
Königsbau und Festsaalbau der königl. Residenz in Betracht, das Odeon und
das Palais des Herzogs Max, vor allem die Pinakothek, heute die Alte Pinakothek
genannt, welche als seine ausgezeichnetste Leistung auf diesem Gebiete gilt.
Allerdings geschah es mehr und mehr auf den besonderen Antrieb seines hohen
Gönners und Bauherrn König Ludwigs I., wenn anderen Stilen vor dem antiken
der Vorzug gegeben wurde. Klenze’s ohnehin stark ausgeprägte Vorliebe für
den griechischen Stil war durch eine Reise nach Griechenland bis zu einem Grade
gesteigert, wo ihm, wie sein umfangreiches Buch und verschiedene kleinere
Publikationen erkennen lassen, für den Wert aller andern Kunstepochen und
ihre historischen und praktischen Beziehungen zur Gegenwart, das Verständnis
völlig abhanden zu kommen drohte. — Der Nachlaß indessen, welchen wir
hiermit dem Publikum vorlegen, verrät von dieser Einseitigkeit insofern wenig,
als Studien nach antiken Monumenten darin fast gar nicht mehr vorkommen
(bis auf wenige Blätter). Es sind teils Baupläne und Entwürfe, teils — dies
überwiegend — Dekorationen. In diesen ist natürlich manches von Pompejanischen
Vorbildern inspiriert. Anderes bekundet jene Auffassung dekorativer Aufgaben,
wie sie durch den Empirestil vorgezeichnet war, den sjch der Künstler in jüngeren
Jahren bei seinen Studien in Paris angeeignet hatte. Daneben jedoch entfaltet
hier das Klenze’sche Talent sein Gestaltungsvermögen in einer solchen Fülle
neuer ornamentaler Gedanken und Verbindungen, daß man es nur bedauern kann,
dieselben nicht durch eine Publikation der Künstlerwelt zugänglich gemacht zu
sehen, um so mehr, als so vieles von diesen sorgfältig gezeichneten Entwürfen
gar nicht zur Anwendung gekommen. Es kann dies gewiß von einem guten Teil
der vorliegenden Wand- und Plafonddekorationen gelten; ganz besonders aber
von zahlreichen kleineren Ornamentpartien, Teil stücken, Details und einzelnen
oder combinierten Motiven. Diese Zeichnungen größeren oder kleineren Maßstabs
erscheinen bald einzeln, bald in geringerer oder größerer Anzahl auf ein Blatt
verteilt, viele geradezu systematisch wie auf einer Foliotafel angeordnet, als sollten
sie zu Lehrzwecken dienen. Alles in der peinlich sauberen, oft zierlichen Aus-
führung in Blei- oder Federzeichnung, welche auch die zusammenhängenden
Darstellungen und Entwürfe auszeichnet (von den groß in Kreide gezeichneten
Vorlagen für den Dekorateur ist hier nicht die Rede; es sind ihrer nicht viele).
Wahrscheinlich — unsere Zusammenstellung und Anordnung der einschlägigen
Blätter in Serie A, B, C des reinen Ornamentes läßt dies deutlich erkennen —
bestand die Absicht, eine Art Syntax der höheren Ornamentik zu schaffen.
Wohlverstanden handelt es sich hier nicht wie in Klenze’s Abbildungen*) um
*} Abbildungen der schönsten Überbleibsel griechischer Ornamentik, der Glyptik, der Plastik
und Malerei. S Hefte.

Karl W. Hiersemann in Leipzig, Königstrasse 29. Katalog 412.
 
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