Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Karl W. Hiersemann
Katalog (Nr. 500): Orientalische Manuskripte: arabische, syrische, griechische, armenische, persische Handschriften des 7.-18. Jahrhunderts : meist theologischen, vorzüglich kirchen- u. liturgiegeschichtlichen Inhalts von hohen Bedeutung, z. gr. Tl. Inedita und Unica — Leipzig: Karl W. Hiersemann, 1922

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.60752#0004
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
deutung. Die Nr. 3. 200. 210. Nrn. 6. 27. 28. 37. 41 und 42 stellen mehr
oder minder ausgesprochene Belege eines von dem gemein-melkitischen
abweichenden liturgischen Types dar, in welchem nur der vorbyzan-
tinische des frühchristlichen Antiocheias scheint erblickt werden zu
können, der seit dem 6. Jahrh. bisher so gut als völlig verschollen war.
Die liturgiegeschichtliche Forschung steht hier einem völlig
neuen Stoffe von allergrößtem Interesse gegenüber.
Nicht minder liturgisch Neues und teilweise Neuartiges bringen die
rein griechische Nr. 4 und die beiden griechisch-arabischen Nrn. 45, 46.
Die letzteren würden für eine wissenschaftliche Behandlung* der griechi-
schen Totenliturgie eine geradezu fundamentale Bedeutung haben.
Die christlich-arabischen Nrn. bereichern demgegenüber unsere
Kenntnis christlicher Literatur in arabischer Sprache, zu deren ältesten
Überlieferungszeugen einzelne derselben gehören dürften. In den Nrn.
16, Bl. 65°r/94°v. und 39 werden für Hiob und Psalter völlig-
neue arabische Texte biblischen Schrifttums bekannt. Bisher
Unbekanntes von literarischem Charakter im engeren Sinne des
Wortes liegt Nr. 14, i0/ 50. 70.9°/n°. i3°/i6°. 20°. 210. 230. Nr. 16. Bl. i°r/23°r
und 25 vor, wobei besonders auf die Übersetzung im syrischen Origi-
nale nicht erhaltener Dichtungen Jäqöb(h)s von Serüg(h) in Nr. 14. 90
und die arabischen Texte aus der apokryphen Apostelgeschichten-
Literatur in den Nrn. 14. 70, 16 Bl. iür/2 3°r zu verweisen ist. Die
Handschrift Nr. 14 ist vermöge ihrer absolut unanfechtbaren
Zeitstellung schon allein eine Urkunde allerersten Ranges
für die Geschichte des Buchwesens, die bisher mit so alten
Baumwollpapier-Handschriften nicht zu rechnen gewohnt war.
Die Nrn. 3 (teilweise), 20 und 42 sind Palimpseste, die eine Wieder-
gewinnung der -— bei Nr. 42 armenischen — unteren Schrift ent-
schieden als im Bereiche der Möglichkeit liegend erscheinen lassen.
Eine solche würde dabei in dem Falle von Nr. 20 unschätzbar für
die Geschichte der Medizin bei den Syrern sein.
Außer Nr. 3. 130 ist von allen diesen Schätzen noch nichts von
der wissenschaftlichen Arbeit verwertet worden. Unter diesen
Umständen müssen im Verhältnis zur Entwertung des deutschen Gel-
des die von Herrn K. W. Hiersemann geforderten Preise noch als
durchaus mäßige bezeichnet werden. Ich habe während meiner Be-
schäftigung mit der ganz einzigartigen Sammlung mehrfach und sehr
nachdrücklich sogar Ansetzung wesentlich höherer Preise beantragt
und kann vom Standpunkte des wissenschaftlichen Interesses nur aufs
lebhafteste wünschen, daß ein hochherziger Käufer dieselbe vor einer
Zersplitterung bewahrt und als Ganzes erwirbt. Er erwirbt in ihr ein
Unikum, das in den hinter uns liegenden glänzenden Zeiten Deutsch-
lands unbedingt von der damals Königl. Bibliothek in Berlin hätte
erworben werden müssen und das selbst den beiden wertvollsten
europäischen Großbeständen syrischer Handschriften im British Museum
und in der Vatikana zu höchster Zierde gereichen würde.
BONN, Beethovenstr. 44, 17. Januar lf)22.
gez. DR. A. BAUMSTARK
Ordenti. Honorarprofessor an der Universität.
 
Annotationen